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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

steuer & recht I

versicherungsver triebsrichtlinie

Foto: © Fotolia | ra2 studio, JAN RATHKE

E

s soll mal eine Zeit gegeben

haben, in der die Bundes-

politik als berechenbar galt.

Doch das ist vorbei – auch für die

Versicherungswirtschaft, die in

Berlin eigentlich als gut verdrahtet

gilt. Der Ende November 2016

veröffentlichte Referentenentwurf

für die nationale Umsetzung der

EU-Versicherungsvertriebsrichtli-

nie IDD jedenfalls beinhaltete eine

Reihe handfester Überraschungen

für die Branche. Vor allem hatte

wohl niemand damit gerechnet,

dass die Vorschläge des im Ge-

setzgebungsverfahren federführen-

den Bundeswirtschaftsministe-

riums (BMWi) die Wettbewerbs-

fähigkeit der Versicherungsmakler

bedrohen würden. Entsprechend

groß waren die Proteste der Inter-

essenverbände. Einige Punkte

nahm die Regierung im offiziellen

Gesetzentwurf, der am 17. Januar

veröffentlicht wurde, immerhin

zurück.

Freien Vermittlern drohen nach

derzeitigem Stand aber weiterhin

viele Nachteile. Dies zeigt die Analyse von

drei zentralen Punkten: dem Provisionsabga-

beverbot, der Trennung von Maklern und Ver-

sicherungsberatern sowie der Doppelberatung

der Kunden durch Makler und Versicherer.

Eine positive Nachricht für Vermittler gibt es

immerhin: Provisionen werden nicht explizit

verboten – und müssen auch nicht offengelegt

werden, mit Ausnahme der Vergütungen für

Versicherungsanlageprodukte.

Provisionsabgabeverbot

Die größte Überraschung ist, dass die Be-

amten des BMWi das schon tot geglaubte

Provisionsabgabeverbot reanimieren wollen.

Das aus dem Jahr 1934 stammende Verbot,

Courtagen an Kunden durchzureichen, sollte

Ende Juni eigentlich fallen. Dann wird die

aktuell noch geltende Verordnung ungültig.

Zudem hatten sich Richter in der Vergangen-

heit mehrfach klar gegen das Verbot ausge-

sprochen, zuletzt im November das Oberlan-

desgericht (OLG) Köln. Künftig soll das Ver-

bot mit dem Inkrafttreten der IDD im Februar

2018 sogar in das Versicherungsaufsichts-

gesetz (VAG) aufgenommen werden, sodass

die Regelung über eine Verordnung entfällt.

Problematisch ist insbesondere für kleinere

und mittlere Makler, dass Versicherer und ihre

Ausschließlichkeitsvertriebe das Provisions-

abgabeverbot wohl umgehen können. In der

vom Kabinett gebilligten Textfassung heißt es,

das Verbot finde „

keine Anwendung, soweit

die Sondervergütung zur dauerhaften Leis-

tungserhöhung oder Prämienreduzierung des

vermittelten Vertrages verwendet wird

“. „Das

nützt in erster Linie der Ausschließlichkeit“,

meint Rechtsanwalt Norman Wirth. „Der

Durchschnittsmakler kann von sich aus keine

Prämien reduzieren, das ist nur der Versiche-

rungsgesellschaft möglich. Diese kann also

ihren eigenen Agenturen oder beliebig aus-

gesuchten Partnern mit großer Vertriebskraft

günstigere Tarife zur Verfügung stellen.“

Einige Juristen stellen jedoch

die Effektivität des Provisions-

abgabeverbots in Frage. Jürgen

Evers von der Bremer Kanzlei

Blanke Meier Evers verweist dazu

auf die Entscheidung des OLG

Köln. Danach ist ein Provisions-

abgabeverbot mangelhaft, das

nicht gleichzeitig Sorge dafür

trägt, dass das Provisionsabgabe-

versprechen unwirksam ist. „So-

lange der Kunde vom Vermittler

die Provision herausverlangen

kann, ist die Weitergabe von Pro-

visionen nicht einmal abmahn-

fähig. Der Gesetzgeber müsste da-

her nicht das Abgabeversprechen

untersagen, sondern die Abreden

selbst“, so Evers.

Gegen eine Verbotslösung spricht

auch die nachvollziehbar begrün-

dete Prognose des OLG Köln, dass

sich nach den Regeln des freien

Wettbewerbs am Markt langfristig

angemessenere Beträge für Ver-

mittlungsleistungen entwickeln als

durch ein „Provisionsabgabever-

bot“, das in erster Linie die finan-

ziellen Interessen der bereits amMarkt befind-

lichen Versicherungsvermittler absichert.

Strikte Trennung

Die zweite wichtige Neuerung ist die ge-

plante strikte Trennung von Versicherungsver-

mittlern, die über Provisionen der Versicherer

bezahlt werden, und auf Honorarbasis arbei-

tenden Versicherungsberatern. Das Gesetz, mit

dem die Honorarberatung gestärkt werden

soll, schreibt ausdrücklich vor, dass sich eine

Zulassung als Makler und diejenige als Bera-

ter gegenseitig ausschließt. Makler sollen

künftig also keine Honorare mehr von Privat-

kunden annehmen dürfen – gemischte Vergü-

tungsmodelle aus Honoraren und Courtagen

wären verboten. Eine Ausnahme sind Gewer-

bekunden, denen Makler auch künftig gegen

Honorar Policen vermitteln sowie in Rechts-

fragen beratend zur Seite stehen dürfen.

Juristen sehen in dem Vorstoß – wie auch

im Provisionsabgabeverbot – eine Beschnei-

Die europäische IDD-Richtlinie wird derzeit in nationales Gesetz gegossen. Hält

die Regierung an ihren aktuellen Plänen fest, kommt auf Makler einiges zu.

Immer auf die

Kleinen

Makler haben im Wettbewerb mit den Exklusivvertrieben der Versicherer schon heute

einen schweren Stand. Künftig könnte sich die Lage weiter zuspitzen.