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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
steuer & recht I
kosten für research
Foto: © Fotolia | contrastwerkstatt, Allen & Overy
W
enn ein Fondsmanager Aktienanaly-
sen von Brokern oder Investment-
banken einkaufen will, bekommt er
derzeit unglaubliche Summen genannt. So soll
der uneingeschränkte Zugang zu Studien zehn
Millionen Dollar pro Jahr kosten. Ein einziges
Telefonat mit einem Topanalysten schlägt mit
10.000 Dollar zu Buche. Die Research-An-
bieter steigen offenbar mit horrenden Beträ-
gen in Verhandlungen ein, um möglichst hohe
Preise herauszuhandeln. Jede Seite wartet
ab, was die andere für ein Angebot aus
dem Hut zieht – will sich dabei selbst aber
keine Blöße geben. Asset Manager und
Analysehäuser sind in einer Art Sitzkrieg
gefangen, berichten Stimmen aus der
Branche.
Der Grund, warum Fondsgesellschaften
mit Brokern und Investmentbanken über-
haupt über die Gebühren von Research
verhandeln, sind die mit der EU-Finanz-
marktrichtlinie Mifid II anstehenden Ände-
rungen. Die neuen Vorschriften sollen nach
einem Aufschub um ein Jahr nun 2018 in
Kraft treten. Sie bürden der Finanzindustrie
erhebliche Belastungen auf. Schätzungen
der Unternehmensberatung Opimas zufolge
beziffern sich die Umsetzungskosten von
Mifid II auf 2,5 Milliarden Euro (siehe Grafik
unten). Über diese Startaufwendungen hinaus
rechnen die Experten mit Folgekosten von
700 Millionen Euro jährlich bis 2022.
Ein bislang wenig beachteter Aspekt des
Regelwerks, der aber weitreichende Folgen
hat: Fondsanbieter müssen künftig ihren Kun-
den gegenüber genau aufschlüsseln, welches
externe Research sie für ihre Portfoliomanager
einkaufen – und wie viel sie dafür ausgeben.
Was einfach klingt, bringt tatsächlich die ge-
wachsenen Strukturen eines ganzen Bran-
chenzweigs durcheinander.
Denn bislang haben die Fondsanbieter
praktisch nichts für externe Analysen bezahlt.
„Heute ist das Geschäft noch ganz anders
strukturiert. Research wird über Transaktions-
gebühren und Quergeschäfte finanziert“, er-
läutert Stephan Schröter von der Unterneh-
mensberatung RGP. Als Gegenleistung für die
Handelsaufträge eines Fonds überlassen die
Broker den Managern ihre Analysen umsonst.
Diese können die Portfoliolenker dann für ihre
Investmententscheidungen nutzen.
Beträchtliche Summen
Im Detail sind die Verflechtungen noch ver-
worrener. „Bislang gab es im Prinzip zwei
Arten, das Research abzurechnen“, erklärt
Frank Herring, Partner der Kanzlei Allen &
Overy, die gängige Praxis, „einmal gibt der
Broker je Order mit gewisser Höhe Research-
Berichte frei. Bei der zweiten, häufigeren
Variante, überlässt der Broker den Betrag dem
Asset Manager auf einem ‚Commission Sha-
ring‘-Konto. Dieser kann sich dann Research
von Dritten einkaufen, das seine Anforderun-
gen erfüllt.“ Denn naturgemäß bieten die Bro-
ker nicht immer genau für die Themenfelder
Analysen an, in denen die Portfoliomanager
auf externe Expertise angewiesen sind.
Das Thema ist keine Randerscheinung.
„Asset Manager nutzen Research. Viele
verfügen über Expertise im eigenen Haus,
aber augenscheinlich nicht alle in dem be-
nötigten Umfang“, berichtet Herring. Re-
search-Gebühren sind ein großer Posten,
der am Ende an der Wertentwicklung eines
Fonds zehrt. „Hierbei handelt es sich zum
Teil um beträchtliche Summen. Bei 100
Euro Transaktionskosten fließen mitunter
bis zu 60 Euro in Form von Research zu-
rück an den Fondsmanager“, berichtet der
auf Investmentrecht spezialisierte Anwalt.
„Vielen Kunden ist nicht bewusst, dass sie
mit den Transaktionskosten eigentlich das
Research bezahlen.“ Handelsgebühren sind
nicht in den gängigen Kennziffern wie der
Die Finanzmarktrichtlinie Mifid II birgt ein wenig bekanntes Detail: Die Investment-
branche muss Kosten für Research aufschlüsseln. Das bringt Broker in Nöte.
Verzwickte
Rechnung
Komplizierte Gleichung: Bisher bezogen Fondsmanager Research-Expertise von Brokern und Investmentbanken über
Querfinanzierungen. Künftig will der Gesetzgeber die Kosten klar ausgewiesen wissen.
Teure Richtlinie
Mifid II dürfte die Finanzbranche einmalig 2,5 Milliarden Euro kos-
ten, danach kommen laufende Aufwendungen hinzu.
Quelle: Opimas
0
500
1.000
1.500
2.000
Banken:
2.075
Mio. Euro
Asset
Manager:
350
Mio. Euro
Börsen &
Handels-
systeme:
75
Mio. Euro