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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
steuer & recht I
investmentsteuerreformgesetz
Foto: © Fotolia | Thomas Söllner
M
it neuen Gesetzen ist es so eine
Sache: Sie werden entworfen, dis-
kutiert, verändert, irgendwann ver-
abschiedet – und dann vergehen oft viele
Monate, bis sie in Kraft treten. So ist es auch
mit dem Investmentsteuerreformge-
setz (InvStRefG). „Das Gesetz wur-
de am 19. Juli vergangenen Jahres
verabschiedet und tritt am 1. Januar
2018 in Kraft“, sagt Andreas Beys,
Vorstand des Kölner Vermögens-
verwalters Sauren, Steuerexperte
und Mitglied im BVI-Steueraus-
schuss. Dass bis dahin noch etwas
Zeit vergeht, ist notwendig, damit
der Markt sich auf die Verände-
rungen einstellen kann und letzte
Auslegungsfragen vom Gesetzge-
ber beantwortet werden können.
Hoher Beratungsbedarf
„Für Fondsberater und Anleger
ist es nun an der Zeit, sich über die
wesentlichen Eckpunkte und Kon-
sequenzen der neuen Regelungen
klar zu werden“, empfiehlt Beys. Und
der Aufklärungsbedarf bei Finanzberatern
ist bereits sehr hoch, wie Beys in seiner Tele-
fonkonferenz festgestellt hat, an der über 800
Berater teilgenommen haben.
FONDS professionell hat mit dem BVI ei-
ne Broschüre erstellt, die Vermittler und Be-
rater auf die neue Rechtslage vorbereiten soll.
Sie liegt dieser Ausgabe bei. Unsere Leser
können den Leitfaden mit Logo, Foto und
Kontaktdaten personalisiert downloaden
(www.fponline.de/investmentsteuerreform).
Zudem wird die Redaktion von FONDS
professionell bis zum Jahresende immer wie-
der besonders relevante Aspekte des neuen
Gesetzes herausgreifen und erläutern. Den
Auftakt bildet die Frage, welche Regelungen
das neue Gesetz für alte Bestände vorsieht,
also für Fondsanteile, die Anleger vor dem 1.
Januar 2009 erworben haben. Dieser Punkt
beunruhigt viele Privatinvestoren, schließlich
hatte der Gesetzgeber ihnen mit dem Inkraft-
treten der Abgeltungsteuer zu Beginn des Jah-
res 2009 für die Zukunft steuerfreie Veräuße-
rungsgewinne zugesagt. Das Investmentsteu-
erreformgesetz macht mit dieser Steuerfreiheit
Schluss. Berater sollten ihren Kunden aber er-
klären können, dass ihnen dadurch meist kei-
ne Nachteile erwachsen.
„Leider haben manche Fondsberater die
neuen Regelungen falsch verstanden und
Anlegern bereits zum Verkauf der Fonds-Alt-
bestände geraten“, sagt Beys. Sofern aktuelle
Entwicklungen an den Kapitalmärkten nicht
dafür sprächen, kurzfristig unbedingt Kursge-
winne mitzunehmen, sei von einem Verkauf
in der Regel jedoch abzuraten. Der Grund:
Zum einen hat der Gesetzgeber eine
Regelung geschaffen, die festlegt,
dass der nach aktuellem Recht steu-
erfreie Wertzuwachs automatisch
steuerfrei bleibt. Zum anderen bekom-
men sie für steuerpflichtige Veräuße-
rungsgewinne ab dem 1. Januar 2018
einen Freibetrag in Höhe von 100.000
Euro, wenn sie ihre Altfonds nicht
vorher abstoßen.
Steuerfreiheit wird gekappt
Um die aktuelle Sachlage genauer zu be-
leuchten, ist es notwendig, ein wenig in die
Vergangenheit zu blicken. Bis Ende 2008 hat-
ten Anleger die Möglichkeit, beim Verkauf
von Fondsanteilen Kursgewinne steuerfrei zu
vereinnahmen, sofern sie die Anteile während
der zwölfmonatigen Spekulationsfrist gehalten
hatten. Mit Einführung der Abgeltungsteuer-
regelung traten zum 1. Januar 2009 neue Vor-
schriften in Kraft. Anlegern, die vor diesem
Datum Fonds gekauft und bereits ein Jahr
lang gehalten hatten, räumte der Gesetzgeber
jedoch weiterhin Steuerfreiheit für Gewinne
aus der Veräußerung dieser Altbestände ein.
Das Investmentsteuerreformgesetz kappt die
Steuerfreiheit nun aber.
Das hört sich zunächst bedrohlich an, ist bei
genauerer Betrachtung jedoch relativ harmlos.
Was mit Altbeständen zwischen dem 31. De-
zember 2017 und einem späteren Verkauf,
zum Beispiel im Jahr 2025, im Einzelnen
geschieht, kann man sich am besten wie auf
einem Zeitstrahl vorstellen. Um den Ablauf
Anfang 2018 tritt das Investmentsteuerreformgesetz in Kraft. Fondsanleger sollten
ihre Altbestände nicht vorschnell verkaufen, nur weil sie Steuernachteile fürchten.
Alte
Schätze
schützen
Alte Schätze
werden aufbewahrt und nicht
leichtfertig verkauft. Auch Fondsanleger sollten
gut überlegen, bevor sie ihre Altbestände veräußern.
So läuft die Besteuerung beim Verkauf von Altbeständen
Anteile Kurs in Euro Wert in Euro
Fondsbestand im Depot
(bewertet mit Kurs vom 31.12.2017)
100
200
20.000
Anschaffungskosten zum 1.8.2007
100
100
10.000
fiktiver Verkauf/Kauf Anschaffungskosten am 31.12.2017
100
300
20.000
Verkaufserlös am 31.10.2025
100
550
25.000
abzüglich Anschaffungskosten vom 31.12.2017
100
300
20.000
abzüglich Vorabpauschale für 7 Jahre*
800
Veräußerungsgewinn vor Teilfreistellung
4.200
abzüglich 30% Teilfreistellung (Aktienfonds)
1.260
Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn vor Freibetrag
2.940
*Annahme
Quelle: eigene Berechnung