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338

www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

zu verdeutlichen, kann ein Zahlenbeispiel die-

nen (siehe Tabelle Seite 336). Angenommen,

ein Anleger hatte am 1. August 2007 100

Fondsanteile zu einem Preis von 100 Euro er-

worben. Am 31. Dezember 2017 haben seine

Altbestände beispielsweise einen Wert von

20.000 Euro.

An diesem Tag nimmt die Depotbank

automatisch einen fiktiven Verkauf und Kauf

der Altbestände vor. Dadurch wird der bis

dato erzielte Kursgewinn automatisch steuer-

frei realisiert. Der neue Anschaffungswert

wird für die Ermittlung eines künftigen –

dann steuerpflichtigen – Veräußerungsge-

winns im System hinterlegt.

Der Muster-Anleger im genannten Beispiel

hat mit dem fiktiven Verkauf also 10.000

Euro erzielt, die er vereinnahmen darf, ohne

dass Abgeltungsteuer fällig wird. Am 31. Ok-

tober 2025 entschließt er sich dazu, diese

Anteile zu veräußern, was ihm 25.000 Euro

einbringt.

Teilfreistellungen für Anleger

Nun geht es darum, die steuerliche Bemes-

sungsgrundlage aus dem Verkauf zu ermitteln.

Dafür werden zunächst die Anschaffungskos-

ten zum 31. Dezember 2017 in Höhe von

20.000 Euro von den 25.000 Euro aus dem

Veräußerungsgewinn abgezogen. Es verbleibt

ein Veräußerungsgewinn von 5.000 Euro.

Nach Abzug der Vorabpauschale in Höhe von

– angenommen – 800 Euro erhält der Anleger

auf die übrigen 4.200 Euro noch eine Teilfrei-

stellung von 30 Prozent, sofern er in einen

Aktienfonds investiert war.

Da nach dem Investmentsteuerreformgesetz

in Deutschland aufgelegte Fonds auf Divi-

denden, die deutsche Unternehmen ausschüt-

ten, sowie auf Mieterträge und Gewinne aus

Immobilienverkäufen, die in Deutschland er-

zielt werden, Steuern in Höhe von 15 Prozent

zahlen müssen, erhalten Anleger als Ausgleich

eine Teilfreistellung. Diese soll eine Doppel-

besteuerung verhindern, die Prozentsätze va-

riieren je nach Art des Fonds (siehe Kasten

unten). Bei Aktienfonds sind es 30 Prozent,

sofern die Aktienquote nie niedriger als 51

Prozent liegt.

Aufgrund der Teilfreistellung hätte der Bei-

spiel-Anleger 2.940 Euro zu versteuern. Aber:

Der Gesetzgeber hat ihm für Veräußerungs-

gewinne aus Altbeständen einen Freibetrag in

Höhe von 100.000 Euro eingeräumt. Sofern

er diesen in den Vorjahren noch nicht ver-

braucht hat, führt er die 2.940 Euro zwar

zunächst ans Finanzamt ab. Über seine Ein-

kommensteuererklärung erhält er die gezahlte

Kapitalertragsteuer aber zurückerstattet.

„Den Freibetrag können Anleger nur nut-

zen, wenn sie ihre alten Fondsanteile vor dem

1. Januar 2018 nicht verkaufen“, erklärt Beys.

Nur dann können steuerpflichtige Ver-

äußerungsgewinne künftig mit dem Freibetrag

für ehemalige Altbestände verrechnet werden.

Ein Verkauf vor diesem Datum kann zu

einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen

Nachteil führen. Denn je nach Abgeltungsteu-

ersatz lassen sich mit dem Freibetrag Steuern

bis zu einer Höhe von 28.000 Euro vermei-

den. Und: Überträgt ein Anleger vor dem 1.

Januar 2018 einen Teil seiner alten Fonds-

anteile etwa auf seine Ehefrau, verdoppelt sich

der Freibetrag. „Dabei sind natürlich Schen-

kungsteuerregelungen zu beachten“, erklärt

Beys. Daher empfiehlt er, einen Steuerberater

hinzuzuziehen.

Neue Vorabpauschale

Eine wichtige Größe bei der Ermittlung des

Veräußerungsgewinns wird künftig die neue

Vorabpauschale sein, die jährlich anfällt. Sie

bemisst sich anhand des Basiszinses, der ein-

mal im Jahr von der Bundesbank ermittelt

wird (siehe Kasten unten). Bei einem Verkauf

von Altbeständen werden die jährlich gezahl-

ten Vorabpauschalen vom Veräußerungs-

gewinn abgezogen. Anschließend wird das

Ergebnis um die Teilfreistellung reduziert.

Das mag alles ein wenig kompliziert klin-

gen, ist aber gar nicht so schlimm ist, wie es

zunächst einmal aussieht. Wie es oft so ist –

mit neuen Gesetzen.

ANDREA MARTENS |

FP

steuer & recht I

investmentsteuerreformgesetz

Foto: © Intuitive Fotografie Köln

Andreas Beys, Sauren: „Ein Verkauf von Altbeständen

vor Anfang 2018 kann wirtschaftliche Nachteile bringen.“

Investmentsteuerreformgesetz: Diese Regeln gelten ab dem 1. Januar 2018

Neue Steuerregeln für Publikumsfonds:

Wer in Pu-

blikumsfonds investiert, wird steuerlich bisher behandelt

wie ein Direktanleger. Steuern fallen auf Ebene des Anle-

gers an, nicht aber auf Fondsebene. Das ändert sich mit

dem Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (In-

vestmentsteuerreformgesetz, InvStRefG). Das Gesetz wurde

am 19. Juli 2016 verabschiedet und tritt am 1. Januar

2018 in Kraft. Künftig müssen in Deutschland aufgelegte

Fonds auf Dividenden, die deutsche Unternehmen aus-

schütten, auf Mieterträge und Gewinne aus Immobilien-

verkäufen, die in der Bundesrepublik erzielt werden, 15

Prozent Steuern zahlen. Der Gesetzgeber will dadurch die

steuerliche Belastung deutscher Fonds an die Regelungen

anpassen, die für ausländische Fonds und ihre in

Deutschland erwirtschafteten Einkünfte gelten.

Vorabpauschale:

Das InvStRefG sieht eine Vorabpau-

schale für thesaurierende Fonds vor. Dafür sind nicht die

innerhalb eines Jahres tatsächlich erzielten laufenden Er-

träge maßgeblich. Stattdessen wird ein Basisertrag ermit-

telt. Stichtag für die Ermittlung ist der erste Werktag nach

Ablauf eines Jahres. Mit der Vorabpauschale will der

Gesetzgeber sicherstellen, dass der Fiskus an einem

Mindestwert aller laufenden Erträge beteiligt wird. Die Vor-

abpauschale gilt auch für ausschüttende Fonds, wenn die

Ausschüttung geringer ist als der ermittelte Basisertrag,

was etwa bei Fonds, die keine oder nur sehr geringe

Dividenden ausschütten, oft der Fall ist.

Berechnung der Vorabpauschale:

Die Vorab-

pauschale berechnet sich anhand des Basiszinses, der

einmal pro Jahr von der Bundesbank ermittelt wird. Er

orientiert sich an deutschen Staatsanleihen mit Restlauf-

zeiten von 15 Jahren. Der Rücknahmepreis des Fonds zu

Beginn des abgelaufenen Jahres wird mit 70 Prozent des

jährlichen Basiszinses multipliziert. Bei einem Rücknah-

mepreis von 100 Euro und einem Basiszins von einem

Prozent würde die Formel also lauten: 100 Euro × (1%

× 70%) = 0,70 Euro.

Teilfreistellungen:

Da künftig bereits auf Fondsebene

Steuern anfallen, sieht das InvStRefG für den Anleger als

Ausgleich Teilfreistellungen vor. Ausschüttungen und Ge-

winne aus dem Verkauf von Fonds werden bei der Abgel-

tungsteuer teilweise freigestellt. Bei Fonds mit einer

Aktienquote von mindestens 51 Prozent bleiben 30 Pro-

zent steuerfrei, bei Mischfonds mit einer Aktienquote von

mindestens 25 Prozent sind es 15 Prozent. Bei offenen

Immobilienfonds bleiben 60 Prozent der Ausschüttungen

und Veräußerungsgewinne abgeltungsteuerfrei, liegt der

Investitionsschwerpunkt im Ausland, sind es 80 Prozent.

Wichtig: Anleger bekommen Teilfreistellungen nur, wenn

die genannten Quoten in den Fondsprospekten eindeutig

festgelegt sind.