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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
zu verdeutlichen, kann ein Zahlenbeispiel die-
nen (siehe Tabelle Seite 336). Angenommen,
ein Anleger hatte am 1. August 2007 100
Fondsanteile zu einem Preis von 100 Euro er-
worben. Am 31. Dezember 2017 haben seine
Altbestände beispielsweise einen Wert von
20.000 Euro.
An diesem Tag nimmt die Depotbank
automatisch einen fiktiven Verkauf und Kauf
der Altbestände vor. Dadurch wird der bis
dato erzielte Kursgewinn automatisch steuer-
frei realisiert. Der neue Anschaffungswert
wird für die Ermittlung eines künftigen –
dann steuerpflichtigen – Veräußerungsge-
winns im System hinterlegt.
Der Muster-Anleger im genannten Beispiel
hat mit dem fiktiven Verkauf also 10.000
Euro erzielt, die er vereinnahmen darf, ohne
dass Abgeltungsteuer fällig wird. Am 31. Ok-
tober 2025 entschließt er sich dazu, diese
Anteile zu veräußern, was ihm 25.000 Euro
einbringt.
Teilfreistellungen für Anleger
Nun geht es darum, die steuerliche Bemes-
sungsgrundlage aus dem Verkauf zu ermitteln.
Dafür werden zunächst die Anschaffungskos-
ten zum 31. Dezember 2017 in Höhe von
20.000 Euro von den 25.000 Euro aus dem
Veräußerungsgewinn abgezogen. Es verbleibt
ein Veräußerungsgewinn von 5.000 Euro.
Nach Abzug der Vorabpauschale in Höhe von
– angenommen – 800 Euro erhält der Anleger
auf die übrigen 4.200 Euro noch eine Teilfrei-
stellung von 30 Prozent, sofern er in einen
Aktienfonds investiert war.
Da nach dem Investmentsteuerreformgesetz
in Deutschland aufgelegte Fonds auf Divi-
denden, die deutsche Unternehmen ausschüt-
ten, sowie auf Mieterträge und Gewinne aus
Immobilienverkäufen, die in Deutschland er-
zielt werden, Steuern in Höhe von 15 Prozent
zahlen müssen, erhalten Anleger als Ausgleich
eine Teilfreistellung. Diese soll eine Doppel-
besteuerung verhindern, die Prozentsätze va-
riieren je nach Art des Fonds (siehe Kasten
unten). Bei Aktienfonds sind es 30 Prozent,
sofern die Aktienquote nie niedriger als 51
Prozent liegt.
Aufgrund der Teilfreistellung hätte der Bei-
spiel-Anleger 2.940 Euro zu versteuern. Aber:
Der Gesetzgeber hat ihm für Veräußerungs-
gewinne aus Altbeständen einen Freibetrag in
Höhe von 100.000 Euro eingeräumt. Sofern
er diesen in den Vorjahren noch nicht ver-
braucht hat, führt er die 2.940 Euro zwar
zunächst ans Finanzamt ab. Über seine Ein-
kommensteuererklärung erhält er die gezahlte
Kapitalertragsteuer aber zurückerstattet.
„Den Freibetrag können Anleger nur nut-
zen, wenn sie ihre alten Fondsanteile vor dem
1. Januar 2018 nicht verkaufen“, erklärt Beys.
Nur dann können steuerpflichtige Ver-
äußerungsgewinne künftig mit dem Freibetrag
für ehemalige Altbestände verrechnet werden.
Ein Verkauf vor diesem Datum kann zu
einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen
Nachteil führen. Denn je nach Abgeltungsteu-
ersatz lassen sich mit dem Freibetrag Steuern
bis zu einer Höhe von 28.000 Euro vermei-
den. Und: Überträgt ein Anleger vor dem 1.
Januar 2018 einen Teil seiner alten Fonds-
anteile etwa auf seine Ehefrau, verdoppelt sich
der Freibetrag. „Dabei sind natürlich Schen-
kungsteuerregelungen zu beachten“, erklärt
Beys. Daher empfiehlt er, einen Steuerberater
hinzuzuziehen.
Neue Vorabpauschale
Eine wichtige Größe bei der Ermittlung des
Veräußerungsgewinns wird künftig die neue
Vorabpauschale sein, die jährlich anfällt. Sie
bemisst sich anhand des Basiszinses, der ein-
mal im Jahr von der Bundesbank ermittelt
wird (siehe Kasten unten). Bei einem Verkauf
von Altbeständen werden die jährlich gezahl-
ten Vorabpauschalen vom Veräußerungs-
gewinn abgezogen. Anschließend wird das
Ergebnis um die Teilfreistellung reduziert.
Das mag alles ein wenig kompliziert klin-
gen, ist aber gar nicht so schlimm ist, wie es
zunächst einmal aussieht. Wie es oft so ist –
mit neuen Gesetzen.
ANDREA MARTENS |
FP
steuer & recht I
investmentsteuerreformgesetz
Foto: © Intuitive Fotografie Köln
Andreas Beys, Sauren: „Ein Verkauf von Altbeständen
vor Anfang 2018 kann wirtschaftliche Nachteile bringen.“
Investmentsteuerreformgesetz: Diese Regeln gelten ab dem 1. Januar 2018
Neue Steuerregeln für Publikumsfonds:
Wer in Pu-
blikumsfonds investiert, wird steuerlich bisher behandelt
wie ein Direktanleger. Steuern fallen auf Ebene des Anle-
gers an, nicht aber auf Fondsebene. Das ändert sich mit
dem Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (In-
vestmentsteuerreformgesetz, InvStRefG). Das Gesetz wurde
am 19. Juli 2016 verabschiedet und tritt am 1. Januar
2018 in Kraft. Künftig müssen in Deutschland aufgelegte
Fonds auf Dividenden, die deutsche Unternehmen aus-
schütten, auf Mieterträge und Gewinne aus Immobilien-
verkäufen, die in der Bundesrepublik erzielt werden, 15
Prozent Steuern zahlen. Der Gesetzgeber will dadurch die
steuerliche Belastung deutscher Fonds an die Regelungen
anpassen, die für ausländische Fonds und ihre in
Deutschland erwirtschafteten Einkünfte gelten.
Vorabpauschale:
Das InvStRefG sieht eine Vorabpau-
schale für thesaurierende Fonds vor. Dafür sind nicht die
innerhalb eines Jahres tatsächlich erzielten laufenden Er-
träge maßgeblich. Stattdessen wird ein Basisertrag ermit-
telt. Stichtag für die Ermittlung ist der erste Werktag nach
Ablauf eines Jahres. Mit der Vorabpauschale will der
Gesetzgeber sicherstellen, dass der Fiskus an einem
Mindestwert aller laufenden Erträge beteiligt wird. Die Vor-
abpauschale gilt auch für ausschüttende Fonds, wenn die
Ausschüttung geringer ist als der ermittelte Basisertrag,
was etwa bei Fonds, die keine oder nur sehr geringe
Dividenden ausschütten, oft der Fall ist.
Berechnung der Vorabpauschale:
Die Vorab-
pauschale berechnet sich anhand des Basiszinses, der
einmal pro Jahr von der Bundesbank ermittelt wird. Er
orientiert sich an deutschen Staatsanleihen mit Restlauf-
zeiten von 15 Jahren. Der Rücknahmepreis des Fonds zu
Beginn des abgelaufenen Jahres wird mit 70 Prozent des
jährlichen Basiszinses multipliziert. Bei einem Rücknah-
mepreis von 100 Euro und einem Basiszins von einem
Prozent würde die Formel also lauten: 100 Euro × (1%
× 70%) = 0,70 Euro.
Teilfreistellungen:
Da künftig bereits auf Fondsebene
Steuern anfallen, sieht das InvStRefG für den Anleger als
Ausgleich Teilfreistellungen vor. Ausschüttungen und Ge-
winne aus dem Verkauf von Fonds werden bei der Abgel-
tungsteuer teilweise freigestellt. Bei Fonds mit einer
Aktienquote von mindestens 51 Prozent bleiben 30 Pro-
zent steuerfrei, bei Mischfonds mit einer Aktienquote von
mindestens 25 Prozent sind es 15 Prozent. Bei offenen
Immobilienfonds bleiben 60 Prozent der Ausschüttungen
und Veräußerungsgewinne abgeltungsteuerfrei, liegt der
Investitionsschwerpunkt im Ausland, sind es 80 Prozent.
Wichtig: Anleger bekommen Teilfreistellungen nur, wenn
die genannten Quoten in den Fondsprospekten eindeutig
festgelegt sind.