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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

steuer & recht I

betriebliche altersvorsorge

Foto: © Fotolia | Sergey Nivens, IVW, TH Köln; DLA Piper

I

m Jahr 2007 war die Welt noch in Ord-

nung. Sparer bekamen vernünftige Zin-

sen, Geldinstitute für ihre Einlagen bei der

EZB auch, und Versicherer durften Zinsgaran-

tien von 2,25 Prozent geben. Zehn Jahre spä-

ter hat das dauerhafte Niedrigzinsniveau die

Welt auf den Kopf gestellt: Sparer bekommen

kaum noch Zinsen. Banken werden zur Kasse

gebeten, wenn sie Geld bei der EZB „par-

ken“. Und Versicherer sollen keine Garantien

mehr geben dürfen – zumindest wenn sie als

Versorgungsträger in das Sozialpartnermodell

eingebunden sind, das Teil des Betriebsren-

tenstärkungsgesetzes sein wird.

Versicherer laufen Sturm

Den Referentenentwurf für das Gesetz hat

die Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Andrea Nahles (SPD) im November 2016

präsentiert. Ihr Ziel ist es, die betriebliche Al-

tersvorsorge (bAV) auch für kleine und mitt-

lere Unternehmen (KMU) attraktiver zu ma-

chen. Denn Zahlen ihres Ministeriums zeigen:

Während große Mittelständler und Konzerne

fast zu 100 Prozent eine bAV anbieten, beläuft

sich der Anteil bei den KMU nur auf etwa ein

Drittel. Um ihnen einen Anreiz zu bieten, sich

für die neue bAV-Variante, das Sozialpartner-

modell, zu entscheiden, bricht Nahles’ Ent-

wurf mit der 50 Jahre alten Praxis in der

betrieblichen Altersvorsorge: Er ermöglicht

den Arbeitgebern reine Beitragszusagen – und

verbietet Garantien. Dagegen laufen viele

Versicherer Sturm. In einer Zeit, da sie selbst

unter den hohen Garantien aus Altverträgen

ächzen, scheint das absurd – allerdings nur auf

den ersten Blick.

„Der Kernbestandteil des Referentenent-

wurfs, das Sozialpartnermodell, sieht die

Durchführungswege Pensionsfonds, Pensions-

kasse und Direktversicherung vor“, erklärt

Marco Arteaga, Partner und bAV-Experte der

Kanzlei DLA Piper aus Frankfurt. Unterneh-

men können das Modell nutzen, wenn Arbeit-

geberverbände und Gewerkschaften sich im

Tarifvertrag darauf einigen. Nicht tarifgebun-

dene Arbeitgeber dürfen die neue bAV-Vari-

ante wählen, sofern sie einen entsprechenden

Tarifvertrag freiwillig anwenden und die Ver-

sorgungswerke sich für sie öffnen.

Um möglichst viele Tarifparteien dazu zu

bewegen, das Sozialpartnermodell einzuset-

zen, sieht der Referentenentwurf verschiedene

Erleichterungen vor, etwa moderate Steuer-

vorteile für die Arbeitnehmer. „Der entschei-

dende Aspekt ist aber, dass das Modell den

Arbeitgebern reine Beitragszusagen ermög-

licht“, sagt Arteaga.

Den Bruch mit der jahrzehntelangen Tradi-

tion der Garantien in der bAV führt Paragraf

244b des Referentenentwurfs herbei. Dort ist

festgelegt, dass Pensionsfonds, Pensionskas-

sen und Versicherer reine Beitragszusagen nur

umsetzen dürfen, wenn sie dafür keine Ver-

pflichtungen eingehen, die garantierte Leis-

tungen enthalten. „Das heißt nichts anderes,

als dass Garantien bei reinen Beitragszusagen

verboten sind“, erklärt Arteaga.

Klare Absage

Das sorgt in der Assekuranz für enormen

Unmut. „Mit dem Verbot geht den Versiche-

rern natürlich ein wichtiges Alleinstellungs-

merkmal verloren, schließlich sind sie die

Einzigen, die Garantien geben können“, gibt

Arteaga zu bedenken. Sind diese nicht mehr

erlaubt, öffnen sich Tür und Tor für einen gro-

ßen Wettbewerb – zum Beispiel durch Fonds-

gesellschaften. So überrascht es nicht, dass der

Bundesrat auf Drängen der Versicherer in sei-

ner Stellungnahme zum Referentenentwurf

Anfang Februar gefordert hatte, die Direktver-

sicherung von einem vollständigen Garantie-

verbot auszunehmen. Diesem Ansinnen hat

die Bundesregierung eine klare Absage erteilt.

Der Vorschlag würde dazu führen, dass die

Assekuranz einen erheblichen Vorteil gegen-

über anderen Anbietern von Produkten für die

Betriebsrente hätte, hieß es. Ein fairer Wett-

bewerb sei ausdrücklich gewünscht.

Das freut die Fondsgesellschaften. „Man

sollte unbedingt am Garantieverbot festhal-

ten“, erklärt etwa Michael Hennig, stellvertre-

tender Leiter Investment- und Pensionslösun-

gen bei Fidelity International. „Das Niedrig-

zinsniveau hat dazu geführt, dass man in der

bAV viel flexiblere Modelle für die Kapital-

anlage braucht“, sagt der Experte. „Und das

erreicht man nur ohne Garantien.“ Davon ist

auch Marco Arteaga überzeugt. „Kritiker

wenden oft ein, mit der reinen Beitragszusage

werde das Anlagerisiko auf die Arbeitnehmer

Die Bundesregierung will in der betrieblichen Altersvorsorge nach dem Sozial-

partnermodell Garantien verbieten. Das bringt die Versicherer auf die Barrikaden.

Weg mit dem

Schutzschild

Ein Schutzschild wird zerschlagen: Im Sozialpartnermodell, das Kernbestandteil des Betriebsrentenstärkungsgesetzes

ist, sollen Versicherer keine Garantien mehr geben dürfen. Das behagt der Assekuranz überhaupt nicht.