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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
markt & strategie I
big-data-fonds
Foto: © Fotolia | Scanrail
A
ls der Online-Modehändler Zalando für
2016 ein Umsatzplus von 23 Prozent
meldete, hat das zumindest einen Be-
obachter kaum überrascht. Und dieser wird
auch Woche für Woche genau verfolgen, wie
rasch Zalando dabei vorankommt, das für
2017 gesteckte Ziel eines Umsatzwachstums
von 20 bis 25 Prozent zu erfüllen. Dieser
Beobachter ist Bernd Ondruch, Gründungs-
partner und Investmentchef der Londoner
Boutique Astellon Capital. Denn Ondruch
greift auf die Auswertung von Daten
zurück, anhand derer sich die Umsatzent-
wicklung von Unternehmen wie Zalando
schätzen lässt – lange bevor diese offizielle
Firmendaten veröffentlichen.
Das Schlagwort Big Data elektrisiert
über die IT-Industrie hinaus die Wirtschaft.
Vom Aggregieren und Filtern großer Da-
tenmengen erhoffen sich viele Branchen
neue Erkenntnisse, etwa über Kunden-
gewohnheiten, Preisentwicklungen oder
Waren- und Verkehrsströme. Auch in die
Investmentwelt hat die Auswertung von
Infobergen bereits Einzug gehalten. Aus
den Massen der vernetzten Datenströme,
die Sekunde um Sekunde rund um den Glo-
bus fließen, versuchen Asset Manager wert-
volle Erkenntnisse zu schöpfen, die ihnen
einen Wissensvorsprung verschaffen. Sie hof-
fen, mit diesem Vorteil eine Mehrrendite über
dem Markt herausschinden zu können.
Darunter sind mitunter kuriose Ansätze. So
soll es Akteure geben, die Satellitenbilder von
Supermarktparkplätzen auswerten. Aus der
Belegung mit Autos hoffen sie dann auf die
Umsatzentwicklung einer Kette schließen zu
können. Das US-Unternehmen Space Know
wiederum lässt im großen Stil per Satellit die
Industrieanlagen Chinas abfotografieren. Aus
den daraus ablesbaren Aktivitäten berechnet
das Haus einen Index für das herstellende Ge-
werbe. Dieser soll eine solidere Basis bieten
als die bekanntermaßen unzuverlässigen staat-
lichen Statistiken aus der Volksrepublik.
Hohe Trefferquote
Ondruch und sein Team gehen das Thema
dagegen mit mehr Bodenhaftung an. Sie wer-
ten verfügbare Daten über Onlinehändler aus,
wie eben bei Zalando. „Hier kennen wir die
durchschnittliche Größe der Warenkörbe“, er-
läutert der Fondsmanager des Astellon Euro-
pean Opportunities. „Diese ist recht stabil und
entwickelt sich stetig. Wir müssen also nur
schätzen, wie häufig die Kunden einkaufen,
um ein Bild von der Umsatzentwicklung zu
erhalten.“ Als weiteres Beispiel nennt
Ondruch den britischen Online-Supermarkt
Ocado. „Über einen Algorithmus lässt sich
schätzen, wie hoch die Umsätze ausfallen.
Dies lässt sich aus der Transaktionsgeschwin-
digkeit und der Frequenz der Onlineeinkäufe
ablesen“, berichtet der Investor. „Unsere
Schätzungen treffen die Umsatzentwicklung
zu 99,7 Prozent.“
Ondruch stellt jedoch auch klar, dass er sich
nicht etwa auf illegales Insiderwissen stützt
oder mit dubiosen Methoden Daten aus
zwielichtigen Kanälen abzapft. „Die Daten
sind alle öffentlich zugänglich, und es ist
eigentlich naheliegend, woher sie stam-
men“, erläutert Ondruch. Die Quelle will
er aber nicht verraten. „Das ist so etwas
wie die Coca-Cola-Formel der Branche.“
Zudem betont der Manager, dass er seine
Investmententscheidungen für seinen Spe-
zialfonds nur teilweise auf solche Daten
stützt. „Die Datenanalyse stellt nur ein
Puzzlestück unseres Investmentprozesses
dar. Wir ziehen unsere Erkenntnisse nicht
allein daraus“, erläutert der Portfoliomana-
ger. „Die Umsätze allein zeichnen natürlich
kein Gesamtbild eines Unternehmens. Aber
sie helfen, die Dynamik einzuschätzen.
Die Auswertung von Informationsströmen eröffnet auch der Investmentbranche
bislang ungeahnte Möglichkeiten. Wie Portfoliolenker Big-Data-Analysen nutzen.
Vorsprung durch
Daten
Serverraum: Die stark gestiegene Rechenleistung und billig verfügbarer Speicherplatz machen die Auswertung von
riesigen Informationsmengen möglich.
Schwieriger Start
Die Börsenreaktionen auf Brexit und US-Wahl erwischten den
Catana Big Data auf dem falschen Fuß.
Quelle: Bloomberg
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Catana Big Data Fonds