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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
Dies gilt besonders bei Wachstumsunterneh-
men, bei denen sich der Wert aus der Umsatz-
steigerung ergibt“, fährt Ondruch fort. „Wir
können erkennen, welche Regionen sich gut
entwickeln und welche nicht.“ Das helfe, ge-
zielte Fragen an das Management zu stellen.
„Dieses muss eine gute Story an die Kapital-
märkte verkaufen. Die Daten helfen uns, hier
eine eigene Meinung zu bilden“, sagt der
Portfoliomanager.
Ein anderer Anbieter sieht die Datenanalyse
dagegen nicht nur als Baustein, sondern stützt
den Investmentprozess allein darauf. Catana
Capital nimmt für sich in Anspruch, einen der
ersten Big-Data-Publikumsfonds der Welt
herausgebracht zu haben. Dafür werten die
Frankfurter per Rechner im großen Stil Mel-
dungen aus dem Netz aus. „Das sind einer-
seits klassische Nachrichten und Analysten-
urteile“, erklärt Bastian Lechner, Co-Ge-
schäftsführer von Catana. „Der Großteil un-
serer Daten speist sich aber mittlerweile aus
den sozialen Medien. Wir richten uns da nach
dem verfügbaren Angebot.“
News im Sekundentakt
Pro Monat sammelt Catana mehr als 1,5
Terabyte an Informationen. Das sind mehr als
fünf Nachrichten pro Sekunde. Dann versucht
das System, die Meldungen zu verstehen. Das
ist gar nicht so einfach. Denn dazu muss der
Roboter doppelte Verneinung oder Ironie er-
kennen und einordnen, welche Nachrichten
kursrelevant sind und welche belanglos. „Wir
arbeiten hier mit unstrukturierten Daten. Letzt-
endlich zeigen diese nur eine Tendenz an“, er-
läutert Lechner. „Die Kunst ist, mit den gro-
ßen Datenmengen umzugehen. Dies ist erst
möglich, seitdem die Rechenleistung gestie-
gen und Speicherplatz günstig verfügbar
geworden ist.“
Aus dem enormen Strom an Meldungen
destilliert das System dann eine Stimmung
für die Aktienmärkte heraus und gleicht
dies mit den Trends an den Märkten ab.
Für die Analyse beobachtet das Programm
in Echtzeit mehr als 25.000 Titel, darunter
Währungen und Rohstoffe. „Auf einer
höheren Ebene prüft das System zudem die
Aussagekraft der einzelnen Quellen auf
ihre historische Treffsicherheit“, führt der
Fondsgründer weiter aus. Der Computer
greift auf einen Datensatz zu und analy-
siert, was in der Vergangenheit mit dem
Preis der Aktie geschehen ist, wenn das
zuvor beobachtete Signal aufgetreten ist.
Mit jeder ausgeführten Handelsorder und
ihrem Ergebnis wächst der Datensatz – und
damit das Verständnis der Maschine über die
Aussagekraft der Signale. „Das Programm
lernt also dazu und weist eine künstliche In-
telligenz auf“, sagt Lechner. „Allerdings liegt
der Schwerpunkt auf der Datenbank. Sie ist
das Herzstück“, betont der Investor. Am Ende
erzeugt das System Kauf- und Verkaufsemp-
fehlungen für die 30 Aktien des deutschen
Leitindex Dax und des Dax-Futures.
Die Idee für den Fonds entsprang anderen
Wurzeln. Zwei Partner von Catana setzten
sich während ihres Wirtschaftsinformatikstu-
diums daran, aus den sozialen Netzwerken
Prognosen für die Gewinner des Filmpreises
Oscar abzuleiten. 2007 hatten die beiden die
Nachrichten dazu untersucht. Für die Oscar-
nacht 2008 erstellten sie dann ihre erste Vor-
hersage. In neun von zehn Fällen lagen sie
richtig, und das zwei Jahre hintereinander. Die
beiden Tüftler sammelten dann Börsendaten
und bauten das Unternehmen Stockpulse auf,
mit dem Catana kooperiert (siehe auch
FONDS professionell 1/2016, Seite 110).
Seit Sommer 2016 ist das Big-Data-Port-
folio als Publikumsfonds zugelassen. Aller-
dings startete er mit einem Wertverfall. „Wir
hatten zuvor bereits eine Performance auf
Basis eines Managed Accounts aufgebaut“,
erklärt Lechner. „Das erste Halbjahr 2016
schlossen wir mit einem Plus von mehr als 13
Prozent stark ab. Für die zweite Jahreshälfte
stand allerdings ein Minus von mehr als zwölf
Prozent.“ Über das Jahr gesehen blieb daher
nur eine Null übrig. „Der Grund lag darin,
dass das Handelssystem in schnell steigenden,
teilweise irrationalen Trendmärkten den Ein-
stieg verpasst hat“, erklärt der Fondsgründer.
„Um den Brexit und die Wahl Trumps herum
war die Nachrichtenlage negativ eingestellt.
Doch die Börsen setzten zu einer Rally an.“
Das kleine Team habe daraus Konsequenzen
gezogen. „So stützen wir uns nun etwa auf
acht und nicht mehr auf drei Submodelle.
Weiterhin betrachten wir nun auch die Inten-
sität der Nachrichtenlage und nicht allein die
Aussage“, berichtet Lechner.
Der Mensch entscheidet
Mit ihrem Konzept legen die Gründer vol-
les Vertrauen in die Fähigkeiten der Maschine.
„Wir treffen die Entscheidungen über die Leit-
planken des Systems“, erklärt Lechner. „In-
nerhalb des Prozesses entscheidet allein das
Modell über die Selektion der Titel und das
Market-Timing. Der letztliche Handelsauftrag,
also die letzte Meile, wird überprüft, und ein
Mensch schickt ihn ab.“
Kommt nach dem Robo-Berater also der
Robo-Manager? Ganz auszuschließen ist
das nicht. So haben auch Bayerninvest und
Acatis einen Fonds lanciert, der auf künst-
liche Intelligenz setzt. Und sogar etablierte
traditionelle Anbieter beobachten die Ent-
wicklung. „Wir schauen uns an, wie sich
Datenanleger positionieren“, berichtet Jens
Wilhelm, Vorstand bei Union Investment.
Diese seien zwar meist kurzfristig orien-
tiert. „Wir schauen aber, wie sich dieses
Bild in unseren langfristigen Blick einfügt“,
so Wilhelm. Und ergänzt: „Letztlich wer-
den früher oder später alle Datenanalysen
verwenden. Aber ich denke, am Ende wird
immer noch ein Mensch das Bild zusam-
menfügen und die letzte Entscheidung
treffen.“
SEBASTIAN ERTINGER |
FP
markt & strategie I
big-data-fonds
Foto: © David Woolfall
Bernd Ondruch, Astellon Capital: „Das ist so etwas wie
die Coca-Cola-Formel der Branche.“
Wechselndes Glück
Nach einem guten Jahr 2015 ließ die Entwicklung des Spezial-
fonds 2016 nach.
Quelle: Bloomberg
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Astellon Fonds