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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

Wie sehr die Abwicklung eines Immo-

bilienfonds auf der Zielgeraden an Fahrt

aufnehmen kann, zeigt das Beispiel des einst

6,4 Milliarden Euro schweren Kanam Grund-

invest. Seit Kündigung des Fonds 2012 konn-

te das Management 48 der ehemals 52 Immo-

bilien verkaufen. Allein im letzten Quartal

2016 wurden Objekte für 756 Millionen Euro

verkauft. Auf die Verwahrstelle M.M. War-

burg gingen zum Jahreswechsel nur noch vier

Immobilien über, deren Wert bei geschätzt

280 Millionen Euro liegt.

Dennoch lag das Fondsvolumen Ende Fe-

bruar noch bei 1,4 Milliarden Euro. Das hat

im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen

stand bei einer Brüsseler Immobilie, für die

bereits ein Kaufvertrag geschlossen wurde,

zum Jahreswechsel noch der Besitzübergang

aus. Zum anderen hält der Fonds ein Liquidi-

tätspolster als Risikovorsorge vor. „Liquidi-

tätseinbehalte dienen der Absicherung des

Fonds vor der Gefahr einer Insolvenz“, erläu-

tert Hans-Jochen Kleinert, geschäftsführender

Gesellschafter der Kanam-Grund-Gruppe.

Wie hoch diese Rücklage ausfällt, wird von

vielen Einzelkriterien bestimmt. „In erster

Linie sind dies mögliche Nachforderungen

der Steuerbehörden, Gewährleistungs- und

Garantievereinbarungen sowie – mangels

Mieteinnahmen – die künftigen Verwaltungs-

und Betriebskosten, um den Fonds bestmög-

lich abzuwickeln“, so Kleinert.

Hohe Risikovorsorge

Die Risikovorsorge ist der Grund dafür,

dass die Anleger der Immobilienfonds in Ab-

wicklung noch viel Geduld brauchen, bis sie

ihren letzten Euro zurückerhalten. Ende 2016

lagen dem BVI zufolge elf Fonds bei der

Verwahrstelle – einige von ihnen schon seit

mehr als drei Jahren. In Summe belief sich ihr

Volumen immer noch auf rund 900 Millionen

Euro. Die Ausschüttungen aus diesen Fonds

betrugen im vergangenen Jahr nur 186 Mil-

lionen Euro. Das gibt ein Gefühl dafür, wie

zäh die Abwicklung verläuft.

Selbst wenn alle Immobilien verkauft sind:

Das letzte Geld wird die Verwahrstelle erst

ausschütten, wenn alle Steuer- und Rechts-

fragen geklärt und die üblichen Verjährungs-

fristen verstrichen sind. Weinrich: „Zunächst

einmal trägt das Sondervermögen alle Rechte

und Pflichten. Ultimativ liegt die Verantwor-

tung aber bei der Verwaltungsgesellschaft. Bei

Vermögenslosigkeit des Fonds heißt das: Sie

haftet dann mit eigenem Geld. Darum kalku-

lieren die Anbieter alle extrem vorsichtig.“

Eine Daumenregel, wie hoch die Risikovor-

sorge ausfällt, gibt es nicht – höchstens eine

Tendenz. „Für Auslandsimmobilien fällt Kör-

perschaftsteuer an. Darum wird ein Fonds, der

viele Immobilien imAusland hatte, ein etwas

dickeres Liquiditätspolster vorhalten, weil er

abwarten muss, bis alle Steuerbescheide

rechtskräftig geworden sind“, so Weinrich.

Für große Unterschiede können auch die

Garantien sorgen, die Anbieter beim Verkauf

ihrer Objekte geben. Deren Laufzeit hängt

vom individuellen Vertrag ab – und bestimmt

mit darüber, wie lange der Fonds Geld für den

Notfall vorhalten muss.

Noch 66 Objekte im Bestand

Deutlich größer als beim Kanam Grund-

invest ist der Immobilienbestand des SEB

Immoinvest. Allerdings hat Savills Fund Ma-

nagement, die Verwaltungsgesellschaft des

Fonds, noch etwas Zeit: Die Verwahrstelle

Caceis übernimmt den Immoinvest erst An-

fang Mai. Vor sieben Jahren, beim Stopp der

Anteilsrücknahme, hatte der damals 6,3 Mil-

liarden Euro schwere Fonds noch 149 Immo-

bilien im Bestand. Das Management begann

schon zu dieser Zeit, erste Objekte zu verkau-

fen in der Hoffnung, die Anleger wieder aus-

zahlen zu können – ohne Erfolg. Der Fonds

ging zwei Jahre später mit 135 Objekten in

die Abwicklung. Ende Januar dieses Jahres

waren immer noch 66 Objekte im Bestand,

das Fondsvolumen betrug 2,2 Milliarden Euro.

Im Sommer 2016 hatte sich das Manage-

ment noch zuversichtlich gezeigt, alle Objekte

vor dem Übergang auf die Verwahrstelle ver-

äußert zu haben. Ist das noch realistisch? „Wir

gehen davon aus, bis Ende April dieses Jahres

für einen signifikanten Anteil unserer Immo-

bilien einen Kaufvertrag abgeschlossen zu ha-

ben“, sagt Carolina von Groddeck, Geschäfts-

führerin von Savills Fund Management. „Weil

der Übergang von Nutzen und Lasten oft zu

einem späteren Zeitpunkt erfolgt, ist es jedoch

wahrscheinlich, dass zumindest einige Objek-

te auf die Depotbank übergehen werden.“

Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass

nicht längst alle Immobilien verkauft sind –

schließlich boomt der Markt seit Jahren.

„Man darf aus dem Boom für Wohnimmobi-

lien in Großstädten und bei institutionellen

Core-Assets nicht auf Gewerbeimmobilien in

B- oder C-Lage schließen“, sagt von Grod-

deck. „Unser Ziel war außerdem von Anfang

an, für den Anleger das beste Ergebnis zu er-

zielen. Oft ist es sinnvoll, ein Objekt zunächst

zu stabilisieren, bevor man es vermarktet.“

Auf zum Endspurt

Karl-Josef Schneiders, als Geschäftsführer

der Credit Suisse Asset Management Immo-

bilien KAG für den CS Euroreal verantwort-

lich, nennt ein Beispiel: „Der CS Euroreal hält

ein Shoppingcenter in Norddeutschland, das

vor rund zehn Jahren eröffnet wurde. Entspre-

chend laufen viele Mietverträge aus. Hätten

wir dieses Objekt 2015 verkauft, wäre als

Käufer wohl nur ein opportunistischer Inves-

tor in Frage gekommen, der einen hohen

Preisabschlag verlangt hätte. Wir haben uns

stattdessen dafür entschieden, das Shopping-

center zu behalten, teilweise umzubauen und

auch neue Mieter zu suchen. Dieser Prozess

wird noch einige Zeit dauern, kommt im End-

effekt aber unseren Anlegern zugute.“

Schneiders erinnert daran, dass der Immo-

bilienmarkt erst seit einigen Jahren so gut

läuft. Diese Chance habe die Bank auch ge-

nutzt: In den letzten drei Jahren schloss die

Credit Suisse jeweils Verträge für den Verkauf

von Immobilien über 1,1 bis 1,2 Milliarden

Euro ab. „Seit dem Beginn der Rücknahme-

aussetzung im Mai 2010 konnten bis dato 85

Immobilienverkäufe für 4,8 Milliarden Euro

abgewickelt werden“, so Schneiders. Der Ver-

kauf von fünf weiteren Immobilien mit einem

Verkehrswert von gut 643 Millionen Euro sei

bereits vertraglich gesichert worden. In der

Spitze hielt der CS Euroreal 114 Objekte, jetzt

sind es noch 24. Schneiders ist zuversichtlich,

weitere Verkäufe abschließen zu können, be-

vor der Fonds im Mai auf die Commerzbank

übergeht.

BERND MIKOSCH |

FP

markt & strategie I

offene immobilienfonds

Foto: © Drescher & Cie.

Oliver Weinrich, Drescher & Cie. Immo Consult: „Alle

Verwahrstellen kalkulieren extrem vorsichtig.“