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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

markt & strategie I

offene immobilienfonds

Foto: © Fotolia | gustavofrazao

O

ffene Immobilienfonds sind begehrt

wie lange nicht: Stolze 4,2 Milliarden

Euro sammelten die Anbieter vergan-

genes Jahr in Deutschland ein, zeigen Zahlen

des Branchenverbandes BVI. Mehr Geld floss

den Portfolios zuletzt 2007 zu. In jenem Jahr

pumpten Anleger unterm Strich 6,6 Milliarden

Euro in Immobilienfonds. Dass der Absatz

daraufhin einbrach, hat einen Grund, an den

viele Anleger, Vermittler und Anbieter gar

nicht gern erinnert werden möchten: Damals

nahm eine Krise ihren Lauf, deren Folgen die

Branche bis heute umtreibt – und noch viele

weitere Jahre beschäftigen wird.

Zur Erinnerung: Mehr als ein Dutzend

Immobilienfonds mussten geschlossen wer-

den, weil die Anleger ihr Geld schneller ab-

ziehen wollten, als die Anbieter Immobilien

veräußern konnten. Weil sich die Lage nicht

beruhigte, wurden milliardenschwere Port-

folios in die Abwicklung geschickt, darunter

einst klingende Namen wie Morgan Stanley

P2 Value, Axa Immoselect, Kanam Grund-

invest oder CS Euroreal.

Die Finanzaufsicht Bafin gab den meisten

Anbietern drei Jahre Zeit, um die Büros, Ho-

tels und Einzelhandelsimmobilien aus ihren

Portfolios zu veräußern. Im Herbst 2013 gin-

gen die ersten Fonds auf die Depotbanken

über, die sich jetzt um das Restportfolio küm-

mern. Einige große Fonds bekamen etwas

mehr Zeit: Der Kanam Grundinvest liegt erst

seit Jahresbeginn bei seiner Verwahrstelle,

SEB Immoinvest und CS Euroreal folgen

Anfang Mai. Grund genug für einen kurzen

Blick auf diese drei Fonds: Wie läuft die Ver-

wertung der Portfolios? Was ändert sich mit

dem Übergang auf die Verwahrstelle? Und

wie lange wird es dauern, bis die Anleger ihr

letztes Geld erhalten?

Gemächliche Abwicklung

„Alle Anbieter haben versucht oder sind

noch dabei, möglichst viele Objekte selbst zu

veräußern, bevor der Fonds auf die Verwahr-

stelle übergeht“, sagt Oliver Weinrich, Ge-

schäftsführer des Analysehauses Drescher &

Cie. Immo Consult. „Wichtig aus Sicht der

Anleger ist, dass die Verwahrstelle nicht da-

rauf aus ist, die letzten Immobilien schnell zu

verramschen. Diese Befürchtung hatten viele,

doch sie hat sich nicht bewahrheitet.“

Auch die Verwahrstellen nehmen sich also

die nötige Zeit, um einen guten Preis für die

Objekte zu erzielen. Das Einverständnis der

Bafin, die jede Abwicklung begleitet, haben

sie. Die Behörde hat in einem Rundschreiben

klargestellt, dass sie den Verwahrstellen für

die Verwertung drei Jahre einräumen möchte.

Ausnahmen bestätigen die Regel. „Wenn die

Verwahrstelle gegenüber der Bafin darlegen

kann, dass ein Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt

die Anleger über Gebühr schädigen würde,

weil später mit hoher Wahrscheinlichkeit ein

besserer Preis erzielt werden kann, stimmt die

Aufsicht dem zu“, so Weinrich.

Für den Anleger ändert sich mit dem Über-

gang also wenig – abgesehen davon, dass er

die Berichte und die Ausschüttungen nun von

einer anderen Gesellschaft erhält. Auch die

Gebühren bleiben in der Regel unverändert.

Sogar das operative Management verbleibt

meist beim ursprünglichen Fondsverwalter.

„Die Verwahrstelle hat oft gar nicht das Per-

sonal und das Know-how, um selbst einen

Immobilienfonds zu managen“, sagt Weinrich.

Darum schreibt sie das Mandat aus. „In der

Regel kommt wieder der alte Manager zum

Zug, der das Portfolio dann weiter abwickelt.

Im Sinne eines kontinuierlichen Prozesses ist

dieses Vorgehen nicht schlecht, auch wenn es

manchmal sicherlich nicht verkehrt wäre,

wenn mal ein neuer Manager einen frischen

Blick auf die Objekte werfen würde.“

Provision fällt weg

Für die Investoren bleibt also alles beim

Alten. Nicht aber für den Berater, der den

Fonds einst vermittelt hat: Sobald das Port-

folio bei der Verwahrstelle ist, erhält er keine

Bestandsprovision mehr. Der Grund hierfür

ist einfach: Es gibt kein Vertragsverhältnis

zwischen der Verwahrstelle als neuer Verwal-

tungsgesellschaft und der Fondsplattform, bei

der die Provision früher ankam. Daher können

Plattform und Maklerpool auch keine Cour-

tagen mehr an die Vermittler weiterleiten.

Der schwache Trost für die Berater: Wenn

der Fonds zur Verwahrstelle kommt, ist sein

Volumen meist ohnehin schon stark ge-

schrumpft. Sehr groß ist die Summe der ent-

gangenen Bestandsprovision also nicht.

Für Kanam Grundinvest, SEB Immoinvest und CS Euroreal beginnt die Endphase:

Die Verwahrstellen wickeln die einst milliardenschweren Immobilienfonds ab.

Letzte

Klappe

Wenn je ein Film über die offenen Immobilienfonds in Abwicklung gedreht wird: Mit dem Übergang auf die Verwahr-

stelle beginnt jetzt die letzte Szene. Kurz wird sie allerdings nicht – sie dürfte sich über mehrere Jahre hinziehen.