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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
markt & strategie I
offene immobilienfonds
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O
ffene Immobilienfonds sind begehrt
wie lange nicht: Stolze 4,2 Milliarden
Euro sammelten die Anbieter vergan-
genes Jahr in Deutschland ein, zeigen Zahlen
des Branchenverbandes BVI. Mehr Geld floss
den Portfolios zuletzt 2007 zu. In jenem Jahr
pumpten Anleger unterm Strich 6,6 Milliarden
Euro in Immobilienfonds. Dass der Absatz
daraufhin einbrach, hat einen Grund, an den
viele Anleger, Vermittler und Anbieter gar
nicht gern erinnert werden möchten: Damals
nahm eine Krise ihren Lauf, deren Folgen die
Branche bis heute umtreibt – und noch viele
weitere Jahre beschäftigen wird.
Zur Erinnerung: Mehr als ein Dutzend
Immobilienfonds mussten geschlossen wer-
den, weil die Anleger ihr Geld schneller ab-
ziehen wollten, als die Anbieter Immobilien
veräußern konnten. Weil sich die Lage nicht
beruhigte, wurden milliardenschwere Port-
folios in die Abwicklung geschickt, darunter
einst klingende Namen wie Morgan Stanley
P2 Value, Axa Immoselect, Kanam Grund-
invest oder CS Euroreal.
Die Finanzaufsicht Bafin gab den meisten
Anbietern drei Jahre Zeit, um die Büros, Ho-
tels und Einzelhandelsimmobilien aus ihren
Portfolios zu veräußern. Im Herbst 2013 gin-
gen die ersten Fonds auf die Depotbanken
über, die sich jetzt um das Restportfolio küm-
mern. Einige große Fonds bekamen etwas
mehr Zeit: Der Kanam Grundinvest liegt erst
seit Jahresbeginn bei seiner Verwahrstelle,
SEB Immoinvest und CS Euroreal folgen
Anfang Mai. Grund genug für einen kurzen
Blick auf diese drei Fonds: Wie läuft die Ver-
wertung der Portfolios? Was ändert sich mit
dem Übergang auf die Verwahrstelle? Und
wie lange wird es dauern, bis die Anleger ihr
letztes Geld erhalten?
Gemächliche Abwicklung
„Alle Anbieter haben versucht oder sind
noch dabei, möglichst viele Objekte selbst zu
veräußern, bevor der Fonds auf die Verwahr-
stelle übergeht“, sagt Oliver Weinrich, Ge-
schäftsführer des Analysehauses Drescher &
Cie. Immo Consult. „Wichtig aus Sicht der
Anleger ist, dass die Verwahrstelle nicht da-
rauf aus ist, die letzten Immobilien schnell zu
verramschen. Diese Befürchtung hatten viele,
doch sie hat sich nicht bewahrheitet.“
Auch die Verwahrstellen nehmen sich also
die nötige Zeit, um einen guten Preis für die
Objekte zu erzielen. Das Einverständnis der
Bafin, die jede Abwicklung begleitet, haben
sie. Die Behörde hat in einem Rundschreiben
klargestellt, dass sie den Verwahrstellen für
die Verwertung drei Jahre einräumen möchte.
Ausnahmen bestätigen die Regel. „Wenn die
Verwahrstelle gegenüber der Bafin darlegen
kann, dass ein Verkauf zum jetzigen Zeitpunkt
die Anleger über Gebühr schädigen würde,
weil später mit hoher Wahrscheinlichkeit ein
besserer Preis erzielt werden kann, stimmt die
Aufsicht dem zu“, so Weinrich.
Für den Anleger ändert sich mit dem Über-
gang also wenig – abgesehen davon, dass er
die Berichte und die Ausschüttungen nun von
einer anderen Gesellschaft erhält. Auch die
Gebühren bleiben in der Regel unverändert.
Sogar das operative Management verbleibt
meist beim ursprünglichen Fondsverwalter.
„Die Verwahrstelle hat oft gar nicht das Per-
sonal und das Know-how, um selbst einen
Immobilienfonds zu managen“, sagt Weinrich.
Darum schreibt sie das Mandat aus. „In der
Regel kommt wieder der alte Manager zum
Zug, der das Portfolio dann weiter abwickelt.
Im Sinne eines kontinuierlichen Prozesses ist
dieses Vorgehen nicht schlecht, auch wenn es
manchmal sicherlich nicht verkehrt wäre,
wenn mal ein neuer Manager einen frischen
Blick auf die Objekte werfen würde.“
Provision fällt weg
Für die Investoren bleibt also alles beim
Alten. Nicht aber für den Berater, der den
Fonds einst vermittelt hat: Sobald das Port-
folio bei der Verwahrstelle ist, erhält er keine
Bestandsprovision mehr. Der Grund hierfür
ist einfach: Es gibt kein Vertragsverhältnis
zwischen der Verwahrstelle als neuer Verwal-
tungsgesellschaft und der Fondsplattform, bei
der die Provision früher ankam. Daher können
Plattform und Maklerpool auch keine Cour-
tagen mehr an die Vermittler weiterleiten.
Der schwache Trost für die Berater: Wenn
der Fonds zur Verwahrstelle kommt, ist sein
Volumen meist ohnehin schon stark ge-
schrumpft. Sehr groß ist die Summe der ent-
gangenen Bestandsprovision also nicht.
Für Kanam Grundinvest, SEB Immoinvest und CS Euroreal beginnt die Endphase:
Die Verwahrstellen wickeln die einst milliardenschweren Immobilienfonds ab.
Letzte
Klappe
Wenn je ein Film über die offenen Immobilienfonds in Abwicklung gedreht wird: Mit dem Übergang auf die Verwahr-
stelle beginnt jetzt die letzte Szene. Kurz wird sie allerdings nicht – sie dürfte sich über mehrere Jahre hinziehen.