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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
„Andere Lebensversicherer sehen in ihren
Bedingungen hingegen weiche garantierte
Faktoren vor“, sagt der Experte. Das Wort
„Garantie“ ist hier nicht ganz treffend, denn
die Unternehmen können den Rechnungszins
und damit den Rentenfaktor unter bestimmten
Voraussetzungen ändern, die im Vertrag auf-
geführt sind. „In solchen Policen sind soge-
nannte Anpassungs- oder Treuhänderklauseln
enthalten“, sagt Schramm. Diese legen fest,
unter welchen Bedingungen eine Änderung
des Rentenfaktors erlaubt ist.
In der Regel nennen Versicherer zwei Vor-
aussetzungen: Die Rendite der Kapitalanlagen
sinkt nachhaltig, oder die Lebenserwartung
der Versicherten erhöht sich stärker als bei
Vertragsabschluss angenommen. „Auch wenn
nach Ansicht des Versicherers zumindest eine
Voraussetzung für die Senkung des Ren-
tenfaktors erfüllt ist, kann er ihn aber nicht
ohne Weiteres herunterschrauben“, erläutert
Schramm. Dafür muss zuvor ein unabhängi-
ger Treuhänder prüfen, ob aktuelle Verände-
rungen eine Anpassung tatsächlich rechtferti-
gen. Nur wenn er bestätigt, dass es notwendig
und angemessen ist, den Faktor zu verringern
– etwa weil andernfalls die Bestände in Ge-
fahr wären –, dürfen Lebensversicherer an
dieser Schraube drehen.
Versicherer befragt
Um herauszufinden, wie es die Lebensver-
sicherer in naher Zukunft mit dem Rentenfak-
tor halten wollen, hat FONDS professionell
35 Unternehmen zu diesem Thema befragt,
26 haben geantwortet (siehe Tabelle vorige
Seite). Während fünf Versicherer nach eige-
nen Angaben den Rechnungszins für die Ren-
tenfaktoren bei bestimmten Produkten und
Tarifgenerationen zum Jahresbeginn gesenkt
haben, verfolgen 13 Unternehmen keine Pläne
in dieser Richtung. Acht erklären, dass in
ihren Policen keine Treuhänderklauseln vor-
gesehen sind. „Wir haben daher gar nicht die
Möglichkeit, den Rentenfaktor zu senken“,
sagt etwa Alte-Leipziger-Experte Ahmadi.
Klaus Math, Vorstandsmitglied der LV
1871, findet deutlichere Worte: „Eine Sen-
kung des Rentenfaktors, wie jetzt bei einigen
Anbietern geschehen, kommt für uns einem
Tabubruch gleich“, erklärt er. Schließlich
hätten Kunden damit keine verlässliche Basis
für ihre fondsgebundenen Rentenversiche-
rungen mehr, die oftmals ein wesentlicher
Bestandteil der Altersvorsorge seien. Und:
Einige Versicherer teilen sogar mit, dass sie
Besserstellungsgarantien geben. Liegt zu Ren-
tenbeginn der Rentenfaktor im Neugeschäft
höher als der im Vertrag garantierte, so be-
kommen Fondspolicenkunden etwa bei der
Arag, der Barmenia oder bei Condor den
höheren Wert. Volkswohlbund nimmt eine
Günstigerprüfung vor. Überschreitet die er-
rechnete Rente die Summe, die nach dem
garantierten Rentenfaktor zu zahlen wäre, er-
hält der Kunde den höheren Betrag.
„Aber dafür müssten ja erst einmal die Zin-
sen wieder steigen“, sagt die Kölner Kinder-
ärztin. Bevor das nicht passiert, bleibt zumin-
dest ihr Rentenfaktor unten. „Ich bin ja mal
gespannt, ob die Allianz ihn auch wieder
hochsetzt, wenn das Zinsniveau anzieht“, er-
klärt sie. Über eine solche Überraschung in
ihrem Briefkasten würde sie sich jedenfalls
freuen.
ANDREA MARTENS
|
FP
fonds & versicherung I
rentenfaktor
Foto: © Alte Leipziger, LV 1871
Sascha Ahmadi, Alte Leipziger: „Wir haben nicht die
Möglichkeit, den Rentenfaktor zu senken.“
Klaus Math, LV 1871: „Eine Senkung des Rentenfaktors
kommt für uns einem Tabubruch gleich.“
Renteneinbuße bei einer Senkung des
Rentenfaktors von 41,29 Euro auf 35,20 Euro
Rente bei Rechnungzins von
2,75 %
1,75 %
Ablaufleistung
80.000 Euro
80.000 Euro
Garantierter Rentenfaktor
41,29 Euro
35,20 Euro
Monatliche Garantierente
330,32 Euro
281,60 Euro
Monatliche Steuerbelastung
17,84 Euro
15,21 Euro
Monatliche Garantierente nach Steuern
312,48 Euro
266, 39 Euro
Nettorente über 25 Jahre
93.744 Euro
79.917 Euro
Einbuße
13.827 Euro
Annahmen: klassische Fondspolice ohne Garantie; Abschluss der Police: 1.1.2005; Laufzeit:
12 Jahre; monatlicher Sparbetrag: 500 Euro; Fondsperformance nach Fondskosten: 3 %,
Gesamtperformance des Vertrags: 1,72 %, verrentet wird die Gesamtablaufleistung unter
Berücksichtigung üblicher Versicherungsmantelkosten inklusive Überschussbeteiligung und
Beteiligung an Kickbacks; Kunde geht im Alter von 65 Jahren und 5 Monaten in Rente;
Ertragsanteil: 18 %; persönlicher Einkommenssteuersatz: 30 %; Rente wird lebenslang
gezahlt, mindestens 25 Jahre.
Quelle: Alte Leipziger
Renteneinbuße bei Kapitalauszahlung
Kapitalauszahlung
Ablaufleistung vor Steuern
80.000 Euro
Kapitalerträge
8.000 Euro
Hälfte der Kapitalerträge steuerpflichtig
4.000 Euro
Abgeltungsteuer, Soli, Kirchensteuer
28,63 %
Steuerzahlung
1.145 Euro
Kapitalauszahlung
78.855 Euro
Differenz zur Gesamtrente über 25 Jahre
mit gesenktem Rentenfaktor
-1.062 Euro
Annahmen: klassische Fondspolice ohne Garantie; Abschluss der Police: 1.1.2005; Lauf-
zeit: 12 Jahre; monatlicher Sparbetrag: 500 Euro; Fondsperformance nach Fondskosten:
3 %; Gesamtperformance des Vertrags: 1,72 %; ausgezahlt wird die Gesamtablaufleis-
tung unter Berücksichtigung üblicher Versicherungsmantelkosten inklusive Überschuss-
beteiligung und Beteiligung an Kickbacks; Kunde geht im Alter von 65 Jahren und 5 Mo-
naten in Rente; halbe Versteuerung der Kapitalerträge; Abgeltungsteuer, Soli und Kirchen-
steuer: 28,63 %.
Quelle: Alte Leipziger