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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
die am Kapitalmarkt investiert werden kön-
nen, werden kleiner.
Genau das bringt einige Unternehmen dazu,
auch den Rechnungszins für die Rentenfakto-
ren in ihren Fondspolicen herabzusetzen.
Denn: Auch für Verträge mit hohen Rech-
nungszinsen sind zusätzliche Sicherheitspuffer
notwendig. „Würden wir den Rentenfaktor
nicht senken, müsste mehr Geld aus chancen-
reicheren Investments in gering verzinste An-
lagen fließen“, heißt es etwa bei der Allianz.
Dies würde aber die Ertragschancen der Kun-
den über viele Jahre hinweg mindern – und
damit ihre Aussicht auf mehr Geld imAlter.
Rente muss nicht niedriger sein
Das ist vollkommen richtig. Es ist daher
auch nicht gesagt, dass Inhaber von Fondspo-
licen, die aktuell von einer Senkung des Ren-
tenfaktors betroffen sind, im Ruhestand auto-
matisch eine geringere monatliche Rente er-
wartet als die bei Vertragsabschluss in Aus-
sicht gestellte Mindestsumme. Entwickeln
sich die Fonds in der Police gut, kann der Be-
trag sogar höher liegen. Das soll-
ten Versicherungsmakler ihren
Kunden unbedingt erläutern. Klar
ist allerdings, dass der Teil, der
über den hohen Rentenfaktor zu
Beginn der Sparphase zugesagt
worden ist, abnimmt, wenn der
Faktor heruntergeschraubt wird.
Und hier können kräftige Einbu-
ßen auf die Sparer zukommen,
wie Musterrechnungen zeigen
(siehe Tabelle nächste Seite).
„Gehen wir einmal von einem 54-jährigen
Mann aus, der auf den letzten Metern noch
etwas für seine Rente tun wollte“, sagt Sascha
Ahmadi, Leiter Zentralbereich Produktma-
nagement bei der Alten Leipziger. Der Mus-
terkunde hat zum 1. Januar 2005 eine Fonds-
police ohne Garantie abgeschlossen. Der
Rechnungszins für den Rentenfaktor belief
sich – wie in dieser Tarifgeneration üblich –
auf 2,75 Prozent, der zugesagte Rentenfaktor
auf 41,29 Euro. Die Rentengarantiezeit liegt
bei 25 Jahren, die Vertragslaufzeit der Police
bei zwölf Jahren. Zum 1. Januar 2017 geht
der Kunde in den Ruhestand, die Ablaufleis-
tung seiner Police beträgt nach Abzug aller
Kosten und inklusive Überschussbeteiligung
und Beteiligung an den Kickbacks 80.000
Euro, der Ertragsanteil beläuft sich auf 8.000
Euro. „Der Ruheständler würde vor Steuern
nun eine garantierte monatliche Rente von
330,32 Euro bekommen“, sagt Ahmadi.
13.827 Euro weniger
Wird die Ablaufleistung einer Fondspolice
verrentet, gilt das Ertragsanteilverfahren, das
heißt, es wird nur ein gesetzlich festgelegter
Anteil der Rente versteuert. Dieser beläuft
sich bei dem Musterkunden auf 18 Prozent.
Versteuert er diesen Anteil mit seinem persön-
lichen Einkommensteuersatz von 30 Prozent,
so bleibt ihm netto eine garantierte Monats-
rente in Höhe von 312,48 Euro. „Senkt der
Versicherer nun den Rechnungszins von 2,75
Prozent auf 1,75 Prozent, verringert sich der
Rentenfaktor des Musterkunden von 41,29
Euro auf 35,20 Euro“, erläutert Ahmadi. Da-
mit reduziert sich seine monatliche Rente
nach Steuern auf 266,39 Euro. Gerechnet auf
die Rentengarantiezeit von 25 Jahren bedeutet
das eine Gesamtsumme von 79.917 Euro statt
93.744 Euro – und damit eine Einbuße von
13.827 Euro.
Nun erklären Versicherer wie die Allianz
betroffenen Kunden, sie hätten immerhin die
Möglichkeit, statt einer Verrentung mit nied-
rigerem Rentenfaktor eine Kapitalauszahlung
zu wählen. Doch das macht die Sache im ge-
nannten Beispiel nicht besser. Da die Police
nach 2004 abgeschlossen worden und zwölf
Jahre gelaufen ist, würden auf die Hälfte der
Kapitalerträge 28,63 Prozent Abgeltungsteuer,
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer fällig..
Netto blieben ihm dann 78.855 Euro. Im Ver-
gleich zur über 25 Jahre verrenteten Ablauf-
leistung der Fondspolice mit dem gesenkten
Rentenfaktor wären das noch einmal 1.062
Euro weniger. Besser würde er fahren, wenn
er die Police kurz vor dem 1. Januar 2005 ab-
geschlossen hätte. Dann wäre die Ablaufleis-
tung steuerfrei. Ähnliche Berechnungen kön-
nen Berater individuell für ihre Kunden an-
stellen, wenn diese nach den Auswirkungen
eines gesenkten Rentenfaktors fragen.
Garantie ist nicht gleich Garantie
„Ich verstehe eigentlich gar nicht, warum
ein Versicherer den Rentenfaktor überhaupt
senken darf“, sagt die betroffene Kölner Kin-
derärztin. „Schließlich ist dieser Faktor doch
garantiert.“ Das ist zwar richtig,
doch der Teufel steckt wie so oft
im Kleingedruckten. „Bei man-
chen Unternehmen ist der Renten-
faktor tatsächlich garantiert“, er-
klärt der Versicherungsmathema-
tiker und Aktuar Peter Schramm.
Die Rede ist in diesen Fällen von
„harten garantierten Rentenfak-
toren“. Versicherer haben dann
keine Möglichkeit, den Faktor bei
bestehenden Verträgen zu ändern.
Peter Schramm, Aktuar: „In manchen Verträgen sind
Treuhänderklauseln enthalten.“
Michael Franke, Franke und Bornberg: „Der Rechnungs-
zins ist eine wichtige Größe für den Rentenfaktor.“
So gehen Versicherer mit dem Rentenfaktor um
Versicherer
Haben den Rentenfaktor
Allianz, Axa, R+V Versicherung, VHV Gruppe,
bereits gesenkt
Zurich
Aachen Münchener, Arag, DEVK, Ergo,
Gothaer, Interrisk, LV 1871, LVM Versicherung,
Keine Senkung geplant
Provinzial Nordwest, Standard Life, WWK,
VPV Lebensversicherung, Volkswohlbund
Keine Treuhänderklausel, dürfen
Alte Leipziger, Barmenia, Condor, Continentale,
den Rentenfaktor nicht senken
Europa, Signal Iduna, Stuttgarter, Universa
Von 35 befragten Fondspolicenanbietern antworteten 26.
Quelle: Angaben der Versicherer