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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

fonds & versicherung I

rentenfaktor

Foto: © Fotolia | skyNext, Franke & Bornberg, privat

D

ie Überraschung kam per Post, und sie

war alles andere als angenehm. Rund

700.000 Fondspolicenkunden des Ver-

sicherungskonzerns Allianz fanden im Januar

und Februar dieses Jahres ein Schreiben in

ihren Briefkästen vor, dessen Inhalt bei vielen

zunächst einmal Verwirrung gestiftet haben

dürfte. „Da stand, dass die Allianz den Ren-

tenfaktor in meiner fondsgebundenen Renten-

versicherung anpasst“, sagt etwa eine Kölner

Kinderärztin, die ihren Namen lieber nicht in

der Presse lesen möchte.

Der Referenzzinssatz für die Zinszusatzre-

serve werde Ende 2017 voraussichtlich auf

2,25 Prozent fallen, daher senke der Versiche-

rer den Rechnungszins für den Rentenfaktor

auf 1,75 Prozent. „Ich habe zuerst gar nicht

verstanden, was die Zinszusatzreserve mit

meinem Rentenfaktor zu tun hat“, berichtet

die 38-Jährige. „Das Einzige, was ich inzwi-

schen verstehe, ist, dass meine Rente einmal

niedriger sein wird als bei Vertragsabschluss

zugesagt“, erklärt sie sauer. Das kann tatsäch-

lich passieren, es muss aber nicht der Fall

sein. Sicher ist allerdings, dass die zugesagte

monatliche Mindestsumme geringer ausfallen

wird – sofern die Allianz den Rentenfaktor in

der Zwischenzeit nicht wieder anhebt.

Neben der Allianz haben zu Jahresbeginn

einige weitere Versicherer den Rechnungszins

für den Rentenfaktor in verschiedenen Tarif-

generationen heruntergeschraubt, darunter mit

der Zurich und der Axa zwei weitere der zehn

größten Fondspolicenanbieter (siehe Tabelle

nächste Seite). Der Grund dafür ist das dauer-

haft niedrige Zinsniveau. Es zwingt die Le-

bensversicherer dazu, ihre Zinszusatzreserve

aufzustocken, damit die hohen Garantien aus

Altverträgen gehalten werden können.

Da sich bei fondsgebundenen Renten- und

Lebensversicherungen nicht vorhersagen lässt,

wie sich die gewählten Fonds entwickeln,

können Versicherer bekanntlich keine feste

Verzinsung zusagen. Auch bei Policen mit

Garantien bezieht sich der garantierte Zins

lediglich auf den Teil der Beiträge, die in den

Deckungsstock der Versicherung fließen –

nicht aber auf die Summen, die am Kapital-

markt angelegt werden.

Um Fondspolicenkunden zumindest eine

gewisse Sicherheit zu bieten, sagen viele

Anbieter daher einen Rentenfaktor zu. Dieser

drückt aus, wie hoch die monatliche Rente

später mindestens ausfallen wird. Für die Be-

rechnung des Rentenfaktors ist der Rech-

nungszins, der sich am Referenzzins für die

Zinszusatzreserve orientiert, eine entscheiden-

de Größe. Sinkt er, fällt der zugesagte monat-

liche Betrag, den der Inhaber einer Fondspo-

lice im Ruhestand bekommt. Bei einer Rente,

die bis zum Lebensende, zumindest aber 25

Jahre lang gezahlt wird, können die Einbußen

erheblich sein.

Rechnungszins ist entscheidend

„Der Rentenfaktor ist eine Umwandlungs-

quote“, erklärt Michael Franke, Geschäfts-

führer des auf Versicherungen spezialisierten

Analysehauses Franke und Bornberg aus

Hannover. „Er gibt an, wie viel Euro Monats-

rente ein Versicherter in der Auszahlungspha-

se für jeweils 10.000 Euro Fondsguthaben er-

hält“, sagt der Experte. Beläuft sich der

Rentenfaktor beispielsweise auf 41,29 Euro

und die Ablaufleistung auf 80.000 Euro, so

erhält der Ruheständler monatlich eine Sum-

me von 330,32 Euro vor Steuern. Die Rech-

nung ist einfach: 80.000 / 10.000 = 8, 8 x

41,29 = 330,32 (siehe auch Musterrechnung

Seite 316). „Viel komplizierter ist die Metho-

de, nach der die Versicherer diesen Faktor be-

rechnen“, erklärt Franke. In diese versiche-

rungsmathematische Rentenformel fließen

Daten aus der bei Abschluss der Fondspolice

gültigen Sterbetafel ein. Eine weitere wichtige

Größe ist der vom Versicherer festgelegte

Rechnungszins.

Dieser wiederum orientiert sich an der

Höhe des Zinssatzes, mit dem Versicherer die

Zinszusatzreserve berechnen müssen. Seit

2011 haben Lebensversicherer diesen zusätz-

lichen Topf bekanntlich zu bilden, damit sie

die Garantien für gut verzinste Altverträge

halten können. Aufgrund des Niedrigzins-

niveaus ist der Referenzzins für die Zinszu-

satzreserve ständig gesunken. Liegt er derzeit

noch bei 2,54 Prozent, so wird er Ende 2017

voraussichtlich auf 2,25 Prozent fallen. Die

leidige Folge: Lebensversicherer müssen ihre

Zinszusatzreserven aufstocken. Damit müssen

sie immer größere Summen in sichere Anla-

gen wie Staatsanleihen stecken, die Beträge,

Einige Versicherer haben zu Jahresbeginn den Rentenfaktor für einen Teil ihrer

Fondspolicen gesenkt. Das kann den Versicherten deutliche Einbußen bescheren.

Wenn es

abwärts

geht

Einmal nach unten: Wenn Anbieter von Fondspolicen den Rentenfaktor in ihren Produkten herunterfahren, erwartet die

Kunden im Ruhestand mit einiger Wahrscheinlichkeit eine geringere monatliche Auszahlung.