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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
bank & fonds I
zer tifikate
Foto: © Deutscher Derivate Verband, Dericon, FONDS professionell
D
er Absatz von Zertifikaten im Vertrieb
der Banken dümpelt vor sich hin. Das
ausstehende Volumen ist in den ver-
gangenen Jahren deutlich gesunken – obwohl
es mit bestimmten strukturierten Papieren
nach wie vor gelingen kann, den Kunden einen
Zins zu bieten, was mit Sparbuch oder Tages-
geld bekanntermaßen schwerfällt. Laut Anga-
ben des Deutschen Derivate Verbandes
(DDV) haben private Anleger derzeit nur
noch rund 67 Milliarden Euro in Zertifikate
investiert. Verglichen mit den Hochzeiten kurz
vor der Lehman-Krise 2008 hat sich der
Markt damit halbiert.
Wer tiefer in die Statistiken einsteigt, macht
den Schuldigen für den deutlichen Marktrück-
gang schnell aus. „Das Anlegerinteresse kon-
zentrierte sich nach der Finanzkrise stark auf
Produkte mit Kapitalschutz“, berichtet Lutz
Johanning, Professor an der WHU – Otto
Beisheim School of Management in Vallen-
dar bei Koblenz. Insbesondere strukturierte
Anleihen hatten daran einen großen Anteil.
„Aufgrund des Niedrigzinsumfelds wurden
die hohen Volumina vieler auslaufender Pro-
dukte dieser Kategorie nicht neu investiert“,
so Johanning. Viel Geld aus solchen Papieren
floss also zurück aufs Tagesgeldkonto oder in
Rentenfonds – und dies nicht zu knapp. Das
ausstehende Volumen der kapitalgarantierten
Strukturen brach auf Sicht von fünf Jahren um
über 60 Prozent ein. Garantieprodukte haben
es in Zeiten niedriger Zinsen bekanntermaßen
schwer – auch im Zertifikatemantel. Der An-
teil, den der Emittent sicher anlegen muss, um
den Kapitalerhalt sicherzustellen, wird immer
größer. Für die Anlage in den Basiswert, die
für Rendite sorgen soll, bleibt dann kaum
noch etwas übrig.
Branche im Wandel
Das niedrige Zinsniveau und der damit ver-
bundene Ausfall der kapitalgarantierten Ab-
satzrenner kam für die Branche zur Unzeit.
Hatte sie doch nach der Lehman-Krise ihre
Hausaufgaben gemacht – und sich zum Posi-
tiven verändert. „Der Kreativwettbewerb, den
wir vor der Lehman-Krise gesehen haben, an
dem jeden Tag unzählige neue Produktvarian-
ten auf den Markt kamen, ist vorbei“, sagt
Andreas Krause, Geschäftsführer des Frank-
furter Finanzdienstleisters Dericon, der Ban-
ken im Zertifikategeschäft unterstützt.
Am Markt kommen derzeit Konstruktionen
gut an, die sowohl für den Anleger als auch
den Berater leicht zu verstehen sind. „Die
Nachfrage geht in Richtung ‚Anleiheersatz‘:
Gefragt sind einfache, transparente Strukturen,
Der Boom der Kapitalschutzzertifikate ist längst vorbei. Doch es gibt immer noch
Produkte, mit denen Bankberater das Geld ihrer Kunden im Haus halten können.
Alternativen zum
Nullzins
Lars Brandau, Geschäftsführer des Deutschen Derivate Verbandes, hat dabei geholfen, das drohende Verbot von
Bonitätsanleihen zu verhindern. Für dieses Jahr rechnet er mit einem guten Absatz von Teilschutzzertifikaten.
Gewichtsverlagerung am deutschen Zertifikatemarkt
Die Grafik zeigt den Anteil verschiedener strukturierter Produkte am ausstehenden Volumen von Anlagezertifikaten.
Kapitalschutzpapiere sind der große Verlierer der Niedrigzinsphase. Bonitätsanleihen werden erst seit 2013 separat
ausgewiesen. Nun sind diese Derivate in den Fokus der Finanzaufsicht geraten.
Quelle: EDG, DDV, eigene Berechnungen
Sonstige
Bonus
Index/Partizipation
Bonitätsanleihen
Express
Aktien-
anleihen
Discount
Kapitalschutz + strukturierte Anleihen
0 %
10 %
20 %
30 %
40 %
50 %
60 %
70 %
80 %
90 %
100 %
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