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ten Aufzeichnungspflichten kommen, dann

werden wir auch den telefonischen Fonds-

vertrieb einstellen“, erklärt Pöhls. Um den

neuen Pflichten nachzukommen, müssten die

Struvenhüttener eine moderne Telefonanlage

anschaffen – das ist zu teuer.

„So schlimm ist es nicht“, findet Behn. Die

Kunden müssen dann eben in die Bank kom-

men, wenn sie in Fonds anlegen wollen, sie

wohnen ja nicht weit weg. „Wir sind doch

hier“, sagt Behn wieder einmal. Auch dass er

ab Januar 2018 allen Fondskunden transparent

darlegen muss, welche Provisionen aus dem

Geschäft an die Raiffeisenbank fließen, am

Ende eines jeden Jahres zudem eine definitive

Abrechnung aufzustellen hat, beunruhigt ihn

nicht sonderlich. „Das wird nun mal Pflicht,

und wir setzen es um“, sagt er. Dass dies für

die vier Mitarbeiter, die jetzt schon alle Hände

voll zu tun haben, nicht leicht wird, ist ihm

klar. „Aber was ist denn die Alternative?“,

fragt der Vorstand – und zuckt die Schultern.

Aufgeben ist keine Option.

Pöhls und Behn haben auch schon eine

Idee ausgearbeitet, wie sie ihren Fondsanle-

gern künftig einen zusätzlichen Service bieten

können, der den Einbehalt von Provisionen

rechtfertigt. „Vielleicht nutzen wir die Endab-

rechnung, um die Kunden zu Beginn eines

neuen Jahres zu einem gemeinsamen Depot-

check einzuladen“, berichtet Pöhls. Und die

Sache mit den Zielmärkten? Er überlegt.

Nein, das sei ihm im Moment noch nicht rich-

tig klar. Er muss jetzt auch aufspringen, am

Schalter stehen drei Kunden gleichzeitig.

Vorstand Behn kennt sich mit den Zielmärk-

ten schon aus. „In dieser Beziehung sind wir

als kleine Bank vor Ort vielleicht sogar im

Vorteil“, überlegt er. Immerhin kennen alle vier

Mitarbeiter die Klientel sehr gut. Anke Tietze,

die seit gut 30 Jahren bei der Raiffeisenbank

Struvenhütten tätig ist, hat die Namen von

über 95 Prozent der Kunden im Kopf – und

über 50 Prozent der Kontonummern. „Insofern

dürfte es uns nicht schwerfallen, bei der Ver-

mittlung von Fonds künftig innerhalb der

richtigen Zielmärkte zu bleiben“, denkt Behn.

Allerdings muss er zuvor die fünf bankinter-

nen Risikoklassen mit den Zielmärkten, die

Union Investment, die Fondsgesellschaft der

Volks- und Raiffeisenbanken, festlegt, in Ein-

klang bringen. „Aber darüber machen wir uns

Gedanken, wenn es so weit ist“, sagt er.

Übertriebener Verbraucherschutz

Gleich beginnt die Mittagspause in der

Raiffeisenbank. Schnell schaut noch ein Kun-

de vorbei, will Geld auf sein Konto einzahlen.

„Och, nö“, ruft Behn. „Wir kommen nicht

klar, wenn uns alle nur Geld bringen, Ihr soll-

tet lieber mal Kredite aufnehmen.“ Scherz

und Wahrheit. Natürlich leidet die kleine Bank

unter der Niedrigzinspolitik der EZB und den

negativen Zinsen, die sie selbst für Einlagen

zahlen muss. „Was sollen wir machen, ande-

ren geht es auch so“, findet der Vorstand. Was

ihm eher auf die Nerven geht, ist der – wie er

es nennt – „übertriebene Verbraucherschutz“.

„Klar ist das ein wichtiges Thema, aber

manchmal habe ich das Gefühl, vor allem die

Aufseher und Regulierer trauen dem Verbrau-

cher überhaupt nichts mehr zu“, sagt er. Ge-

radezu für unmündig werde er erklärt. „Und

das führt dann zu dieser Überregulierung, mit

der wir uns herumschlagen müssen.“

Keine Mittagspause

Die beiden Vorstände machen heute keine

Mittagspause. Die IT wird umgestellt, Bera-

tungsprotokolle müssen geschrieben, Updates

in die Arbeitsanweisungen der Bank eingefügt

werden, darunter schon die ersten, die sich aus

Mifid II ergeben. „Für große Banken mit

Fachabteilungen ist es vermutlich schon

schwierig, die neuen Regulierungsvorschriften

alle umzusetzen, aber wir …“, sagt Pöhls.

„Wir schaffen das auch“, beendet Behn den

Satz seines Kollegen entschieden.

„Ist das hier die Stuvenborner Straße 8?“

Ein Taxifahrer schaut zur Tür herein, die Behn

und Pöhl auch in der Mittagszeit offen gelas-

sen haben. Ganz nach der Devise: Wir sind ja

hier. „Ja, das ist richtig“, ruft Behn. Die

Adresse sei ganz schön schwer zu finden, er

sei ein bisschen rumgekurvt, sagt der Fahrer.

„Na ja, dann hatten Sie immerhin eine nette

Ortsrundfahrt“, scherzt Behn. Eine kleine

Rundfahrt in 24643 Struvenhütten.

ANDREA MARTENS |

FP

Aus der Vogelperspektive: Eine nicht mehr ganz neue Luftaufnahme von Struven-

hütten schmückt die Wand im Durchgang zum Besprechungsraum.

Überlegt noch, wie die Sache mit den Zielmärkten wohl zu regeln ist: Henning Pöhls,

Vorstand der Raiffeisenbank Struvenhütten.

Ordentlich sortiert: Ihre Kontoauszüge müssen die Kun-

den persönlich abholen, einen Automaten gibt es nicht.

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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

bank & fonds I

regulierung

Foto: © Ulrike Schmidt