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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
bank & fonds I
regulierung
Foto: © Ulrike Schmidt
S
tuvenborner Straße 8 in 24643 Struven-
hütten. Der Taxifahrer, der aus dem
rund zehn Kilometer entfernten Kalten-
kirchen kommt, findet die Adresse nicht auf
Anhieb. Schnell ist das Fenster herunterge-
lassen: „Entschuldigung, wo ist denn hier die
Raiffeisenbank?“ Der blonde Junge mit dem
Schultornister auf dem Rücken bleibt stehen.
Mit ausgestrecktem Arm deutet
er direkt hinter das Taxi. „Na
da!“, lacht er. Die Raiffeisenbank
kennt doch jeder hier.
„Wir kennen die Leute“
Tatsächlich, da ist sie. Das klei-
ne Gebäude duckt sich beschei-
den hinter die mehrstöckigen
Wohnhäuser, die etwas dichter an
der Straße liegen. Ein schmaler
Fußweg führt zu dem schmucken
roten Backsteinbau, der keinen
Grund hat, sich zu verstecken.
Schließlich beherbergt er die
eigenständige Raiffeisenbank, die
seit über 100 Jahren besteht. Mit
seinen großzügigen Glastüren lädt
er an diesem sonnigen Februar-Freitag dazu
ein, Transaktionen – fast – aller Art zu erledi-
gen. „Moin!“ Ein kräftiger Händedruck,
Heinz-Egon Behn, Vorstand der Mini-Bank,
heißt einen Kunden persönlich willkommen.
„So ist das bei uns“, sagt Behn. „Wir kennen
die Leute ja, wir sind ja persönlich vor Ort.“
Hier, das ist Struvenhütten in Schleswig-
Holstein, von Hamburg aus rund 35 Kilome-
ter Luftlinie Richtung Nordost gele-
gen. Etwa 1.100 Einwohner zählt der
Ort, rund 900 von ihnen sind Kunden
der Raiffeisenbank – Kinder und Ju-
gendliche inklusive. Was am Finanz-
platz Frankfurt und auch im nahen
Hamburg wohl kaum einer weiß: Die
Raiffeisenbank Struvenhütten ist die
kleinste Raiffeisenbank in ganz
Deutschland, zumindest an der Bi-
lanzsumme gemessen. Diese beläuft
sich aktuell auf 16,8 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Die größte Genos-
senschaftsbank des Landes, die
deutsche Apotheker- und Ärztebank,
wies per Ende 2015 eine Bilanz-
summe von stattlichen 36,6 Milliar-
den Euro auf. Und trotzdem: All die
neuen Vorschriften, die die Finanz-
marktrichtlinie Mifid II und das
Zweite Finanzmarktnovellierungs-
gesetz mit sich bringen, müssen
auch in Struvenhütten eins zu eins
umgesetzt werden. Das ist nicht einfach, doch
Vorstand Behn bleibt optimistisch.
Hinter dem transparenten Eingang der
kleinsten Raiffeisenbank Deutschlands geht
es um kurz nach neun Uhr fast turbulent zu.
Vorstand Heinz-Egon Behn hat seinen
Schreibtisch in dem beengten einsehbaren
Raum direkt hinter den drei Schaltern ver-
lassen. Genau dort sitzen auch seine drei Mit-
arbeiter – wenn sie sitzen. „Sobald
bei uns viel los ist, müssen wir alle
ran“, sagt Behn. Da ist es egal, wer
welche Position innehat. So be-
dient auch der Vorstand der Raiff-
eisenbank immer wieder höchst-
persönlich.
Klein sein hat Vorzüge
„So eine kleine Bank vor Ort
hat echte Vorzüge“, sagt Behn
später, als sich der Trubel gelegt
hat. „Wo kriegen Kunden denn
heute sonst noch sofort den Vor-
stand ans Telefon, wenn sie et-
was wissen möchten?“, fragt er.
Dann zeigt er freizügig die
Räumlichkeiten, in denen seine
Klein und ganz schön
trotzig
Ortseingang: Struvenhütten liegt von Hamburg aus etwa 35 Kilometer Luftlinie in Richtung
Nordost. Der Ort zählt rund 1.100 Einwohner, 900 sind Kunden der Raiffeisenbank.
Stuvenborner Straße 8 in Struvenhütten: Diese Adresse findet nicht einmal jeder Taxifahrer auf Anhieb. Dabei steht genau hier die
an der Bilanzsumme gemessen kleinste Raiffeisenbank der Bundesrepublik.
In Struvenhütten, Schleswig-Holstein, steht die kleinste Raiffeisenbank Deutschlands.
Und da will sie auch bleiben – Regulierung aus Brüssel hin oder her.