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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
vertrieb & praxis I
morningstar
Foto: © Christoph Hemmerich
I
m Jahr 1984 umfasste die Konzernzentra-
le von Morningstar genau ein Büro: Es
war das Einzimmerapartment von Grün-
der Joe Mansueto. Die einstige Küchentisch-
firma ist zu einem Daten- und Analysekon-
glomerat mit einem Umsatz von 212 Millio-
nen US-Dollar mit 4.500 Mitarbeitern in 27
Ländern gewachsen – und betreut rund um
den Globus ein Vermögen von 200 Milliarden
Dollar. Jüngst hat das Daten- und
Analysehaus den nächsten Schritt in
seiner Entwicklung vollzogen: Der
Konzerngründer hat den Vorstands-
vorsitz zum Jahreswechsel an Kunal
Kapoor abgegeben. Mansueto bleibt
aber Executive Chairman – eine im
deutschen Sprachraum weniger ge-
läufige Rolle, die man als aktiver
Aufsichtsratschef beschreiben kann.
Trotz des Generationswechsels
bleibt die Stoßrichtung aber klar.
Kapoor und Mansueto wollen Mor-
ningstar weiter auf Wachstumskurs
halten. Neben dem Stammbereich,
dem Rating- und Datengeschäft, le-
gen die beiden ihr Augenmerk auf
den Ausbau des Investmentsegments. Dabei
liefert der Konzern nicht mehr nur Daten und
Ratings zu Fonds, sondern entwirft selbst
Portfolios. Das Unternehmen wandelt sich
also von einem Analyse- zu einem Invest-
menthaus – und tritt damit auch in Kon-
kurrenz zu den Fondsgesellschaften. „Wir
sollten als Investment Manager betrachtet
werden“, hebt Mansueto hervor.
Über die Jahre hat Mansueto Morningstar
zu einem bedeutenden Akteur in der Invest-
mentindustrie ausgebaut. Das Wort der Fonds-
analysten hat Gewicht. Ein schlechtes Urteil
oder ein hinterer Platz im Ranking vertreibt
oftmals Anleger aus Fonds. Wer sich hinge-
gen mit einem Bronze-, Silber- oder Gold-
Rating schmücken darf, kann auch mit Mittel-
zuflüssen rechnen. Zu mehr als 200.000 Pu-
blikumsfonds liefert das seit 2005 an das Bör-
se Nasdaq notierte Unternehmen Daten. Im
Lauf der Zeit kamen noch Aktienanalysen
und Unternehmensratings sowie Indizes hin-
zu. Zudem sammelt das Team aus Chicago
Angaben rund um die betriebliche Altersvor-
sorge und Pensionsplanung wie Lebensversi-
cherungen, Rentenversicherungen und fonds-
gebundene Rentenpolicen. Denn Mansuetos
Mission mit Morningstar war, dem einfachen
Endanleger mit Informationen beim Aufbau
der Altersvorsorge zu helfen. In den USA liegt
die Verantwortung für den Rentenaufbau weit-
gehend in privater Hand.
Nur ein kleiner Schritt
So bietet der Bereich „Workplace Solu-
tions“ sowohl Unternehmen als auch den An-
gestellten die ganze Palette von Investment-
beratung über Modelldepots bis hin zu maß-
geschneiderten Portfolios. In diesem Bereich
betreute Morningstar Ende 2016 ein Vermö-
gen von 104 Milliarden Dollar, und als Um-
satzbringer für den Konzern steht dieses Seg-
ment auf Rang fünf (siehe Grafiken).
Für die Finanzberater wiederum hat
das Unternehmen die „Advisor
Workstation“ entwickelt. Diese Platt-
form bietet Analysewerkzeuge für
die Investmentauswahl und ist der
viertgrößte Bereich nach Umsatz.
Mit der umfassenden Finanz-
datenbank, dem hauseigenen Fonds-
research sowie den Erfahrungen aus
der Beratung war es für den Kon-
zern also nur noch ein kleiner
Schritt, selbst Portfolios zu betreuen.
Hierfür hat Mansueto den Bereich
„Investment Management“ ins
Leben gerufen. Der Großteil des ver-
walteten Vermögens entfällt mit fast
Morningstar baut neben dem Geschäft mit Fondsdaten und Ratings einen eigenen
Investmentbereich auf – und tritt damit in Konkurrenz zu Asset Managern.
Bedeutende
Wandlung
Morningstar-Gründer Joe Mansueto und der neue Vorstandschef Kunal Kapoor: Der Generationswechsel ist vollzogen,
eine neue Strategie steht fest: Das Haus will wachsen, besonders im Investment Management.
Stetiges Wachstum
Der Umsatz von Morningstar wuchs seit 2009 stetig. Das gilt auch für den Gewinn
– außer 2014 wegen Übernahmen und eines Rechtsstreits.
Quelle: Geschäftsberichte
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2016
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2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
Nettogewinn
Umsatz
798,6
Mio. USD
161
Mio. USD