

vertrieb & praxis I
thorsten michalik | deutsche asset management
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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
Foto: © Marlene Fröhlich/Lux & Lumen
E
gal welche Zahl man auch zugrun-
de legt: Mit Blick auf das Mittel-
aufkommen war 2016 ein schlech-
tes Jahr für die Deutsche Asset Manage-
ment. Weltweit zogen Anleger rund 41
Milliarden Euro aus Fonds und Mandaten
des Anbieters ab. Allein im Heimatmarkt
Deutschland flossen mehr als zwölf Mil-
liarden Euro aus Wertpapierpublikums-
fonds des Marktführers ab, zeigen Zahlen
des Branchenverbandes BVI. Unterm
Strich stand bei keiner einzigen Fonds-
kategorie ein Plus (siehe die Grafiken
„Unter der Lupe“, Seite 24).
Grund genug für ein Gespräch mit
Thorsten Michalik. Der einstige Chef der
ETF-Sparte DB X-Trackers verantwortet
seit gut einem Jahr den Vertrieb der Deut-
schen Asset Management in Europa, im
Nahen Osten, in Afrika und im asiatisch-
pazifischen Raum (EMEA&APAC). Be-
sonders glücklich kann er mit diesem Ein-
stand nicht sein. Das ist er auch nicht. Micha-
lik beschönigt nichts, schafft es aber trotzdem,
ein deutlich positiveres Bild des vergangenen
Jahres zu zeichnen. Außerdem bekommt er
schnell die Kurve zu dem Thema, das seiner
Meinung nach wirklich wichtig wird: die
Digitalisierung. Sein Team hat in den ver-
gangenen Monaten hart gearbeitet. Jetzt kann
Michalik erste Ergebnisse präsentieren.
Herr Michalik, legt man die BVI-Zahlen
für das Geschäft im Heimatmarkt zu-
grunde, hat Ihr Haus das schlechteste
Jahr der jüngeren Geschichte hinter
sich. 2016 zogen deutsche Anleger 12,5
Milliarden Euro aus Deutsche-AM-
Wertpapierpublikumsfonds ab – sogar
mehr als im Lehman-Jahr 2008 und
dem Jahr der Griechenland-Krise 2011.
Wie ist das zu erklären?
Thorsten Michalik:
Das Wichtigste ist, dass
wir als aktiver Manager kein Performance-
problem haben. Wäre das der Fall, würde
mich diese Zahl nämlich beängstigen. Doch
dem ist nicht so. Wir hatten hohe Abflüsse aus
Geldmarkt- und geldmarktnahen Fonds, aber
hohe Zuflüsse in Produkte, die eine positive
Wertentwicklung aufweisen und mit denen
wir unseren Anlegern einen echten Mehrwert
bieten können. Allein der DWS Top Dividen-
de hat im vergangenen Jahr 3,2 Milliarden
Euro eingesammelt. Die offenen Immobilien-
fonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz
Global hatten Nettozuflüsse von 1,1 Milliar-
den Euro, und dem Deutsche Concept Kalde-
morgen haben Anleger gut 600 Millionen
Euro anvertraut. Allein die Zuflüsse in diese
vier Fonds machen mit Blick auf die Profita-
bilität alles wett, was wir an anderer Stelle
verloren haben. Natürlich sind 12,5 Milliarden
Euro Abflüsse nicht erfreulich. Schlimmer
wäre es jedoch, wenn wir Geld in Produkten
mit höherer Marge verlieren würden, weil
deren Performance nicht stimmt. Das ist aber
nicht der Fall. Wir haben es geschafft, trotz
Mittelabflüssen profitabler zu werden.
Abflüsse gab es allerdings nicht nur aus
Geldmarkt- und Rentenfonds, sondern
aus allen Fonds aller Kategorien – selbst
aus Mischfonds, also dem Segment, das
seit Jahren boomt.
Bei Mischfonds haben gewisse Trend-
folgemodelle an Volumen verloren, weil
sie in der aktuellen Marktphase nicht
funktionieren – so etwas lässt sich nicht
beeinflussen. Beunruhigen würde es mich,
wenn uns Anleger in Fonds wie dem
Deutsche Concept Kaldemorgen oder
dem Deutsche Multi Opportunities kein
Geld anvertrauen würden. Das ist wie ge-
sagt nicht der Fall. In Produkttypen, mit
denen unsere Wettbewerber Geld ein-
sammeln, verzeichnen auch wir Zuflüsse.
Außerdem hat sich der Trend zu Beginn
dieses Jahres umgekehrt. Sie werden
sehen: 2016 war, was die Mittelabflüsse
anbelangt, ein Ausnahmejahr.
Von den 12,5 Milliarden Euro Mittel-
abflüssen entfallen 4,7 Milliarden Euro
auf börsengehandelte Indexfonds.
Wenn in einem insgesamt stark wach-
senden ETF-Markt ein Anbieter viel
Geld verliert, drängt sich schon die
Frage auf: Woran liegt das?
Um das einzuordnen, hilft vielleicht ein kurzer
Rückblick: Wir waren ein Anbieter syntheti-
scher, also swapbasierter ETFs und sind nun
ein Anbieter physisch replizierender ETFs. Es
ist leider nicht möglich, alle Produkte auf
einen Schlag umzustellen. Also haben wir uns
dafür entschieden, 2014 mit unseren Aktien-
ETFs anzufangen. Das hat sich schnell aus-
gezahlt: 2015 war ein gutes Jahr für euro-
päische Aktien, und wir konnten damals über
30 Prozent der Zuflüsse in dieser Kategorie
verbuchen, also klar überdurchschnittlich
wachsen.
Und wo war 2016 das Problem?
Wenn Sie sich anschauen, wo es im vergan-
genen Jahr branchenweit Abflüsse gab, dann
war das aus ETFs auf europäische Aktien.
Das hat uns genauso getroffen wie unsere
Mitbewerber, war also kein Deutsche-AM-
spezifisches Phänomen.
»
Bei uns entscheidet
kein Algorithmus da-
rüber, wie die Portfolios
ausgerichtet sind. Wir
managen seit über 60
Jahren Geld, das lassen
wir uns nicht plötzlich
von einem Computer aus
der Hand nehmen.
«
Thorsten Michalik, Deutsche Asset Management
Thorsten Michalik
verantwortet den Vertrieb der
Deutschen Asset Management
fast rund um den Globus – nur für
Amerika ist ein anderer Kollege zuständig. Im Interview spricht er über die hohen Mittelabflüsse im vergangenen
Jahr, die Digitalisierung und die Frage, wie Geschenkkarten helfen, aus Sparern Fondsanleger zu machen.
„Wir haben Europas ersten