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vertrieb & praxis I

thorsten michalik | deutsche asset management

248

www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

Foto: © Marlene Fröhlich/Lux & Lumen

E

gal welche Zahl man auch zugrun-

de legt: Mit Blick auf das Mittel-

aufkommen war 2016 ein schlech-

tes Jahr für die Deutsche Asset Manage-

ment. Weltweit zogen Anleger rund 41

Milliarden Euro aus Fonds und Mandaten

des Anbieters ab. Allein im Heimatmarkt

Deutschland flossen mehr als zwölf Mil-

liarden Euro aus Wertpapierpublikums-

fonds des Marktführers ab, zeigen Zahlen

des Branchenverbandes BVI. Unterm

Strich stand bei keiner einzigen Fonds-

kategorie ein Plus (siehe die Grafiken

„Unter der Lupe“, Seite 24).

Grund genug für ein Gespräch mit

Thorsten Michalik. Der einstige Chef der

ETF-Sparte DB X-Trackers verantwortet

seit gut einem Jahr den Vertrieb der Deut-

schen Asset Management in Europa, im

Nahen Osten, in Afrika und im asiatisch-

pazifischen Raum (EMEA&APAC). Be-

sonders glücklich kann er mit diesem Ein-

stand nicht sein. Das ist er auch nicht. Micha-

lik beschönigt nichts, schafft es aber trotzdem,

ein deutlich positiveres Bild des vergangenen

Jahres zu zeichnen. Außerdem bekommt er

schnell die Kurve zu dem Thema, das seiner

Meinung nach wirklich wichtig wird: die

Digitalisierung. Sein Team hat in den ver-

gangenen Monaten hart gearbeitet. Jetzt kann

Michalik erste Ergebnisse präsentieren.

Herr Michalik, legt man die BVI-Zahlen

für das Geschäft im Heimatmarkt zu-

grunde, hat Ihr Haus das schlechteste

Jahr der jüngeren Geschichte hinter

sich. 2016 zogen deutsche Anleger 12,5

Milliarden Euro aus Deutsche-AM-

Wertpapierpublikumsfonds ab – sogar

mehr als im Lehman-Jahr 2008 und

dem Jahr der Griechenland-Krise 2011.

Wie ist das zu erklären?

Thorsten Michalik:

Das Wichtigste ist, dass

wir als aktiver Manager kein Performance-

problem haben. Wäre das der Fall, würde

mich diese Zahl nämlich beängstigen. Doch

dem ist nicht so. Wir hatten hohe Abflüsse aus

Geldmarkt- und geldmarktnahen Fonds, aber

hohe Zuflüsse in Produkte, die eine positive

Wertentwicklung aufweisen und mit denen

wir unseren Anlegern einen echten Mehrwert

bieten können. Allein der DWS Top Dividen-

de hat im vergangenen Jahr 3,2 Milliarden

Euro eingesammelt. Die offenen Immobilien-

fonds Grundbesitz Europa und Grundbesitz

Global hatten Nettozuflüsse von 1,1 Milliar-

den Euro, und dem Deutsche Concept Kalde-

morgen haben Anleger gut 600 Millionen

Euro anvertraut. Allein die Zuflüsse in diese

vier Fonds machen mit Blick auf die Profita-

bilität alles wett, was wir an anderer Stelle

verloren haben. Natürlich sind 12,5 Milliarden

Euro Abflüsse nicht erfreulich. Schlimmer

wäre es jedoch, wenn wir Geld in Produkten

mit höherer Marge verlieren würden, weil

deren Performance nicht stimmt. Das ist aber

nicht der Fall. Wir haben es geschafft, trotz

Mittelabflüssen profitabler zu werden.

Abflüsse gab es allerdings nicht nur aus

Geldmarkt- und Rentenfonds, sondern

aus allen Fonds aller Kategorien – selbst

aus Mischfonds, also dem Segment, das

seit Jahren boomt.

Bei Mischfonds haben gewisse Trend-

folgemodelle an Volumen verloren, weil

sie in der aktuellen Marktphase nicht

funktionieren – so etwas lässt sich nicht

beeinflussen. Beunruhigen würde es mich,

wenn uns Anleger in Fonds wie dem

Deutsche Concept Kaldemorgen oder

dem Deutsche Multi Opportunities kein

Geld anvertrauen würden. Das ist wie ge-

sagt nicht der Fall. In Produkttypen, mit

denen unsere Wettbewerber Geld ein-

sammeln, verzeichnen auch wir Zuflüsse.

Außerdem hat sich der Trend zu Beginn

dieses Jahres umgekehrt. Sie werden

sehen: 2016 war, was die Mittelabflüsse

anbelangt, ein Ausnahmejahr.

Von den 12,5 Milliarden Euro Mittel-

abflüssen entfallen 4,7 Milliarden Euro

auf börsengehandelte Indexfonds.

Wenn in einem insgesamt stark wach-

senden ETF-Markt ein Anbieter viel

Geld verliert, drängt sich schon die

Frage auf: Woran liegt das?

Um das einzuordnen, hilft vielleicht ein kurzer

Rückblick: Wir waren ein Anbieter syntheti-

scher, also swapbasierter ETFs und sind nun

ein Anbieter physisch replizierender ETFs. Es

ist leider nicht möglich, alle Produkte auf

einen Schlag umzustellen. Also haben wir uns

dafür entschieden, 2014 mit unseren Aktien-

ETFs anzufangen. Das hat sich schnell aus-

gezahlt: 2015 war ein gutes Jahr für euro-

päische Aktien, und wir konnten damals über

30 Prozent der Zuflüsse in dieser Kategorie

verbuchen, also klar überdurchschnittlich

wachsen.

Und wo war 2016 das Problem?

Wenn Sie sich anschauen, wo es im vergan-

genen Jahr branchenweit Abflüsse gab, dann

war das aus ETFs auf europäische Aktien.

Das hat uns genauso getroffen wie unsere

Mitbewerber, war also kein Deutsche-AM-

spezifisches Phänomen.

»

Bei uns entscheidet

kein Algorithmus da-

rüber, wie die Portfolios

ausgerichtet sind. Wir

managen seit über 60

Jahren Geld, das lassen

wir uns nicht plötzlich

von einem Computer aus

der Hand nehmen.

«

Thorsten Michalik, Deutsche Asset Management

Thorsten Michalik

verantwortet den Vertrieb der

Deutschen Asset Management

fast rund um den Globus – nur für

Amerika ist ein anderer Kollege zuständig. Im Interview spricht er über die hohen Mittelabflüsse im vergangenen

Jahr, die Digitalisierung und die Frage, wie Geschenkkarten helfen, aus Sparern Fondsanleger zu machen.

„Wir haben Europas ersten