

vertrieb & praxis I
jamie hammond | ab
236
www.fondsprofessionell.de| 1/2017
Foto: © Christoph Hemmerich
E
inst firmierte die US-Fondsgesell-
schaft als Alliance Bernstein, nun
wirbt sie unter dem Kürzel AB auch
in Europa um Kunden – und zielt dabei
besonders auf den Retailmarkt. Dafür war-
ben die Amerikaner Jamie Hammond von
Franklin Templeton ab. Er verantwortet nun
bei AB die Kundenbeziehungen in der Re-
gion Europa, Nahost und Afrika – und will
der Marke hierzulande eine größere Be-
kanntheit verleihen.
Herr Hammond, Sie sind seit gut einem
Jahr Europachef bei AB. Was haben Sie
sich vorgenommen?
Jamie Hammond:
Bei AB nimmt in Europa
das Geschäft mit institutionellen Kunden rund
drei Viertel des verwalteten Vermögens ein –
das ist ganz klar ein Übergewicht. Unser
Fokus lag traditionell auf der institutionellen
Seite. In anderen Regionen ist das Verhältnis
ausgewogener. Meine Strategie ist, nun den
Retailbereich auszubauen. Wenn sich das
Retailgeschäft so entwickelt, wie ich es mir
erhoffe, dann wird sich das Verhältnis in
absehbarer Zeit angleichen.
Warum ist Ihnen ein ausgewogenes Ver-
hältnis so wichtig?
Ein Geschäft sollte so diversifiziert sein wie
möglich, sowohl über die verschiedenen An-
lageklassen als auch über die verschie-
denen Vertriebskanäle. AB hat seine Pro-
duktpalette in den vergangenen Jahren
schon auf weitere Anlageklassen ausge-
weitet. Nun möchte ich auch das Ge-
schäft über die unterschiedlichen Kanäle
hinweg erweitern und eine breit verteilte
Kundenbasis in der Region aufbauen.
Das wird nicht einfach. Den Namen
AB kennen Sparer hierzulande
kaum.
Das stimmt. AB ist bei Privatanlegern
keine bekannte Marke. Ich möchte das
ändern. Ich rechne uns durchaus Chan-
cen aus. Sie werden auf der Vermark-
tungsseite bald mehr Aktivität von uns sehen,
sowohl in Deutschland und Österreich als auch
in der gesamten Region. Wir werden bestehen-
de Produkte nach Europa bringen oder anpas-
sen, die wir für ein Wachstum im Retailmarkt
hier benötigen. Dazu zählen unter anderem
Fonds, die einem Multi-Asset-Stil folgen.
Gesellschaften wie J.P. Morgan Asset
Management oder Flossbach von Storch
erkannten den Mischfondstrend früh
und haben das Feld erobert. Ist es nicht
zu spät, hier noch nachzurücken?
Nein, es ist nicht zu spät. Für mich geht es bei
dem Begriff vor allem darum, den Kunden
über verschiedene Marktphasen hinweg das
gewünschte Ergebnis zu bieten. Einerseits
werden wir noch geraume Zeit in einem
Niedrigzinsumfeld verharren, andererseits he-
gen Anleger große Sorgen vor Schwankungen
und Risiken. Daher stehen wir als Anbieter,
ja sogar die ganze Branche vor der Aufga-
be, sowohl die Renditeerwartungen der An-
leger als auch ihr Bedürfnis nach Sicherheit
zu erfüllen. Hier können Multi-Asset-Pro-
dukte ein Weg sein.
Dennoch wird der Aufwand groß sein,
Ihrem Haus und den Produkten mehr
Bekanntheit zu verschaffen.
Wenn ein Finanzberater einen AB-Fonds
empfiehlt, dann hilft es natürlich, wenn der
Kunde die Marke bereits kennt. Um so eine
Bekanntheit zu erlangen, ist tatsächlich ein er-
heblicher Marketingaufwand nötig. Aber be-
denken Sie: Der Fondsvertrieb lebt im Retail-
bereich von der Vermittlung, nicht vom direk-
ten Verkauf. Zudem leben wir in einem Zeit-
alter, in dem die Menschen im Internet nach-
schauen, was sich über eine Firma finden
lässt. Unser Unternehmen gibt es seit 50 Jah-
ren, wir sind weltweit aktiv und verwalteten
Ende 2016 480 Milliarden Dollar. Wir bieten
eine ganze Bandbreite an guten Produkten.
Wenn man also unter unsere Haube schaut,
dann findet man einen sehr guten Motor.
Ein Motor, der vielleicht im institutionel-
len Bereich rund laufen mag. Doch lässt
sich das so einfach auf das Privatkun-
dengeschäft übertragen?
Die Lektionen aus dem institutionellen
Bereich sind sehr aufschlussreich. Zu-
dem ist der Retailmarkt im Umbruch
begriffen. Die Entscheidung darüber,
welche Produkte an Endkunden ver-
kauft werden, konzentriert sich zuneh-
mend an zentralen Stellen. Das sind
einmal die Konstrukteure von Modell-
portfolios, etwa in den Banken. Zum
anderen sind dies freie Berater, die
Paketlösungen für ihre Kunden suchen.
Wer über die Zusammenstellung der
Modellportfolios und Lösungen ent-
scheidet, dem kommt eine Schlüssel-
position zu. Und diese Personen müs-
sen wir besser ansprechen.
„Manche haben die Erwartung
»
Wenn man unter
unsere Haube schaut,
dann findet man einen
sehr guten Motor.
«
Jamie Hammond, AB
Der neue
AB
-Europachef
Jamie Hammond
erläutert im Interview, warum er das Geschäft mit Privatkunden deutlich
ausbauen möchte – und mit welchen Produkten er dabei punkten will. Der Manager erklärt, vor welchem Umbruch
der Fondsvertrieb steht und warum aktives Management und passive Strategien durchaus nebeneinander passen.
Konstante Größen
Stabile Entwicklung: Erlös und Ergebnis von AB entwickelten sich zuletzt
ohne große Ausreißer.
Quelle: AB-Geschäftsberichte | Stand: 31.12.2016
0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
2016
2015
2014
Umsatz:
3.005,4
Mio. USD
Umsatz:
3.020,7
Mio. USD
Umsatz:
3.028,8
Mio. USD
Gewinn:
570,8
Mio. USD
Gewinn:
579,9
Mio. USD
Gewinn:
694,9
Mio. USD