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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

Wie Deutschlands Versicherungsberater ih-

re eigenen Risiken absichern, ist bisher nicht

erfasst. Konkrete Zahlen diesbezüglich gibt es

nicht, wie Anfragen der Redaktion bei Ver-

bänden und Branchenkennern ergaben. Ex-

perten sind sich aber einig, dass in erster Linie

Firmen mit geringen Umsätzen und Gewin-

nen betroffen sind. Denn nach einhelliger

Meinung ist die schlechte Finanzlage der

Hauptgrund dafür, dass Berater bei Risiko-

und Vorsorgeschutz sparen. Consultant Ger-

hardt etwa schätzt, dass rund jeder dritte Ver-

sicherungsvermittler im Jahr nur 30.000 bis

40.000 Euro umsetzt. Bei Fondsvermittlern

sieht das Bild einer Umfrage des Branchen-

verbandes AfW zufolge ähnlich aus. „Mit so

geringen Einnahmen wird es schwierig, etwa

eine vernünftige Berufsunfähigkeitspolice

abzuschließen und ausreichend für das Alter

vorzusorgen“, sagt Gerhardt. Berater, die ihren

eigenen Schutz als ausreichend erachten, be-

richten von monatlichen Versicherungskosten

von mehr als 1.000 Euro. Einige Kritiker der

Vermittlerzunft meinen aber, dass viele ihre

eigene Absicherung schlicht ignorieren – auch

ohne finanziellen Druck.

Verheerende Fehleinschätzung

Die Gründe für die finanzielle Misere zahl-

reicher Berater sind vielfältig. Fehlende Kun-

dennachfrage und gestiegene Kosten durch

die fortschreitende Regulierung gehören ge-

nauso dazu wie die erhöhten Anforderungen

an die IT. Oft genug ist es schlicht so, dass

der Vermittler als Unternehmer versagt: „Viele

Vermittler besitzen trotz verkäuferischen

Geschicks kaum kaufmännische Kompetenz.

Sie überprüfen weder ihr Geschäftsmodell

noch ihre internen Prozesse auf Schwächen

und stellen diese ab“, sagt Gerhardt.

Das Fehlen eines tragfähigen Geschäftsmo-

dells wirkt sich auch in anderer Hinsicht ins-

besondere auf die Altersvorsorge vieler Ver-

mittler aus: Die Qualität des Bestands leidet

– mit verheerenden Konsequenzen. „Viele Fi-

nanz- oder Versicherungsmakler setzen darauf,

eines Tages ihren Bestand für viel Geld ver-

kaufen zu können, und sorgen deshalb nicht

anderweitig vor“, erklärt Andreas Grimm, Ge-

schäftsführer des auf die Analyse und Bewer-

tung von Maklerunternehmen spezialisierten

Beratungsinstituts Resultate. „Doch der tatsäch-

liche Wert des Bestands wird oft total falsch

eingeschätzt.“ Viele Makler machen beim

Verkauf ihres Unternehmens oder Kunden-

stamms zudem Fehler, die sie weiteres Geld

kosten. Am Ende bleibt von der vermeintlich

sicheren Altersvorsorge oft kaum etwas übrig.

Schleichender Prozess

Der Prozess, der mit der unzureichenden

Risikoabsicherung der betroffenen Berater

endet, verläuft nach Einschätzung der Beob-

achter eher schleichend. „Sehr viele Makler

meinen es zunächst ernst mit der Absicherung

und decken ihre Risiken in guten Zeiten“, hat

Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Makler-

pools Blau Direkt, beobachtet. „In schlechten

Zeiten müssen sie dann Kosten reduzieren

und stornieren den Schutz wieder. Man er-

kennt das unter anderem daran, dass die

Eigenverträge von Maklern rund 14-mal häu-

figer storniert werden als andere.“ In der

Regel werden dann die BU-Police und die

Altersvorsorge gekürzt. Ein darauf angespro-

chener Finanzberater gab gegenüber der Re-

daktion unumwunden zu, dass er zuerst seine

Altersvorsorgeausgaben reduzieren würde,

wenn das Geschäft nicht mehr liefe.

Von Seiten ihrer Abwicklungspartner dür-

fen sich die Vermittler nicht allzu viel erwar-

ten; einige Maklerpools versuchen zwar, die

betriebswirtschaftliche Kompetenz ihrer Ver-

mittler zu stärken, eine Handreichung zur

eigenen Absicherung dürfen sie dagegen nicht

erwarten. Ein Branchenvertreter formuliert es

so: „Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass

Versicherungsprofis auch sich selbst gut ver-

sichern.“

JENS BREDENBALS |

FP

vertrieb & praxis I

versicherungsvermittler

Foto: © EY Innovalue, Blau Direkt

Marco Gerhardt, EY Innovalue: „Viele Vermittler besitzen

kaum kaufmännische Kompetenz.“

Diese Policen brauchen Berater

Welche Absicherung ein Vermittler konkret benötigt, hängt

natürlich immer vom Einzelfall ab. Doch Experten sind

sich einig, dass neben der ohnehin vorgeschriebenen Ver-

mögensschadenhaftpflicht eine Betriebs- beziehungsweise

Bürohaftpflichtversicherung zur Standardausstattung ge-

hört. Besitzt der Betrieb eigene Immobilien, ist natürlich

auch eine Gebäudeversicherung anzuraten. Bei gemieteten

Immobilien hilft ein Blick in den Mietvertrag, um den Ab-

sicherungsbedarf zu definieren. Die Sicherung der techni-

schen und kaufmännischen Betriebseinrichtung durch eine

Inventarpolice muss im Einzelfall geprüft werden. Vermitt-

ler sind alle von Daten aus IT-Systemen abhängig. Eine

Betriebsunterbrechung im Elektronikbereich oder gar durch

Cyberangriffe kann eine ernste Gefahr darstellen. Gege-

benenfalls sollte dieses Risiko durch eine IT- oder Cyber-

Police abgesichert werden – auch von kleineren Firmen.

Manche Branchenkenner empfehlen eine Rechtsschutz-

versicherung. Diese übernimmt Anwalts- und Verfahrens-

kosten für bestimmte Streitigkeiten. Je nach Rechtsform

des Vermittlungsunternehmens (AG oder GmbH) und Po-

sition des Beraters wird auch eine D&O-Versicherung in-

teressant, die Unternehmen gegen Schäden versichert,

die durch Handlungen der Geschäftsführung verursacht

wurden. Eine Vertrauensschadenhaftpflicht kann nützlich

sein, um einen Vermittler gegen Schadensansprüche aus

unerlaubten Handlungen von Mitarbeitern abzusichern.

Einige Experten, darunter Branchenkenner Ralf W. Barth,

halten weiterhin eine Strafrechtsschutzpolice für wichtig.

Diese springt ein, wenn ein Vermittler Probleme mit der

Staatsanwaltschaft bekommt. Die Vermögensschadenhaft-

pflicht bleibt hier außen vor. Für Selbstständige sind zu-

dem eine gute Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversiche-

rung und eine Krankentagegeldversicherung anzuraten.

Interessant sind je nach Fall auch – allerdings teure – Un-

fall- oder Dread-Disease-Policen. Schließlich darf man

Lebens- und Rentenversicherungen, darunter auch die

steuerlich geförderte Rürup-Rente, oder andere Kapital-

anlagen zur Altersvorsorge nicht vergessen. Aber auf

diesem Gebiet sind Finanzberater ja Experten.

Oliver Pradetto, Blau Direkt: „Eigenverträge von Maklern

werden rund 14-mal häufiger storniert als andere.“