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Lipper auch zugeben. Trotzdem werden diese

nutzlosen Ratings massenhaft produziert. Alle

Banken und Fondsgesellschaften werben mit

diesen nichtssagenden Ratings für ihre Pro-

dukte – und „vergessen“ dabei, auf den alles

entscheidenden Faktor Kosten hinzuweisen.

Das ist die große Fondslüge, die ich in mei-

nem Buch kritisiere.

Die Ratingagentur Feri, die heute zu

Scope gehört, erstellt aber sehr wohl Ra-

tings, die in die Zukunft gerichtet sind.

Auch das qualitative Analyst-Rating von

Morningstar gibt eine Meinung über die

künftige Entwicklung eines Fonds ab.

Bei Feri fehlt wie bei allen anderen Fonds-

ratern eine Benchmark. Es werden nur die

Fonds untereinander verglichen. Es ist durch-

aus konsistent mit der Wissenschaft, dass die

Fonds mit den besten Ratings erfolgreicher

sind als der Durchschnitt. Aber wie Untersu-

chungen gezeigt haben, verlieren auch die von

Feri mit A bewerteten Fonds im Schnitt gegen

die Benchmark. Das ist ganz offensichtlich

auch der Grund dafür, dass kein einziger der

Fondsrater eine solche Benchmark verwendet:

Selbst die Produkte mit den besten Ratings

verlieren im Schnitt gegen die Benchmark.

Deshalb würde ein Vergleichsindex im Ra-

tingbusiness nur stören.

Ist die Rückwärtsbetrachtung auch der

Grund für Ihre Kritik an der Zeitschrift

„Finanztest“?

Diese Kritik möchte ich besonders differen-

ziert verstanden wissen. Natürlich leistet „Fi-

nanztest“ einen wichtigen Beitrag zum Ver-

braucherschutz. Die Zeitschrift ist mit ihren

Index-„Pantoffelportfolios“ auch schon auf

dem richtigen Weg. Aber die „Finanztest“-

Empfehlungen aktiver Fonds sind mir schon

lange ein Dorn imAuge. Die Wissenschaft ist

sich ja wie gesagt einig darüber, dass vor al-

lem die Kosten Vorhersagekraft bei Fonds ha-

ben. Aber dieses Kriterium berücksichtigt „Fi-

nanztest“ nicht. Hinzu kommt, dass recht häu-

fig die erforderliche Sorgfalt bei der Auswahl

der Benchmark fehlt. Da muss zum Beispiel

der MSCI World als universelle Benchmark

für globale Aktienfonds herhalten. Auch für

Fonds, die unter anderem etwa in Aktien von

kleinen Unternehmen oder solchen aus

Schwellenländern investieren. Solche Aktien

sind aber im MSCI World gar nicht enthalten.

Wenn dann Schwellenländermärkte oder klei-

ne Aktien gerade gut laufen, kürt „Finanztest“

Spitzenfonds, nur weil Äpfel mit Birnen ver-

glichen werden. Meiner Ansicht nach sollte

sich die Redaktion strikt auf die Empfehlung

von ETFs beschränken.

In Ihrem Buch rechnen Sie mit allen

Akteuren ab, die am aktiven Fondsma-

nagement beteiligt sind, aber nicht mit

den Beratern. Weshalb nicht?

Ich habe sie gar nicht bewusst ausgelassen.

Aber mir geht es um das System und weniger

um den Einzelnen. Ich habe den Eindruck,

dass der Vertriebsdruck auf angestellte Berater

enorm zunimmt, und da habe ich ein gewisses

Verständnis für die Konflikte, die das schafft.

In meiner Beratungspraxis sehe ich natürlich,

welchen Unsinn viele Provisionsberater ihren

Kunden vermitteln. Für mich ist der Skandal

aber, dass Politik und Regulierungsbehörden

das zulassen.

Die Politik hat doch reagiert: Mit Mifid

II kommt absolute Transparenz in

Sachen Provisionen.

Das glaube ich erst, wenn die Transparenz-

und Offenlegungsregeln im Januar 2018 dann

tatsächlich so aussehen werden. Ich bleibe da

bis zum letzten Moment skeptisch. Wir haben

ja gesehen, wie 2012 das geplante Provisions-

verbot in letzter Sekunde gekippt wurde.

Wenn aber alles so kommt wie geplant, dann

ist das natürlich ein Riesenschritt. Ich sage ja

in meinem Buch, dass eine völlige Kosten-

transparenz eine Alternative zum Provisions-

verbot ist. Denn in einem wirklich transparen-

ten Fondsmarkt würde sich das Provisions-

system von selbst erledigen.

Vielen Dank für das Gespräch.

ANDREA MARTENS |

FP

Michael Ritzau: „Ich habe den Eindruck, dass der Vertriebsdruck auf angestellte Berater enorm zunimmt. Deshalb

habe ich ein gewisses Verständnis für die Konflikte, die das schafft.“

vertrieb & praxis I

michael ritzau | honorarberater und buchautor

222

www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

»

Dass Mifid II absolute Trans-

parenz in Sachen Provisionen

schafft, glaube ich erst, wenn die

Regelungen es im Januar 2018

tatsächlich zeigen.

«

Michael Ritzau, Honorarberater und Autor

Foto: © Fanny Taboada

Michael Ritzau

Michael Ritzau, Jahrgang 1965, ist promovierter Diplom-

Chemiker. Der Wissenschaftler arbeitete lange in der aka-

demischen Forschung sowie in der Pharmaindustrie, da-

von 15 Jahre lang in Großbritannien und in der Schweiz.

2013 machte sich Ritzau als Honorar-Finanzanlagen-

berater (inzwischen mit Erlaubnis nach Paragraf 34h

Gewerbeordnung) sowie als Buchautor selbstständig.