

ler immer mehr Kunden betreuen
kann: Verschärft das nicht das Bera-
tersterben?
Hier gibt es einen Qualitäts- und einen
Effizienzaspekt. Es gibt zu viel Wildwuchs
in der Beratung. Die Gesellschaft wird
abwägen, ob es weitergehen soll wie bis-
her oder ob nicht vernünftige Standards
besser sind. Vielleicht müssten einige den
Markt dann verlassen. Auf der anderen
Seite sinkt die Zahl der Berater ohnehin
seit Jahren – bei gleichbleibender Bevöl-
kerung. Wenn man Haushalte als Kunden
nimmt, steigt deren Zahl sogar. Auf jeden
Fall muss effizient und mit hohem Quali-
tätsanspruch beraten werden. Mehr Effi-
zienz hilft zudem, den Margendruck zu
kompensieren.
Wann wird die Norm denn kommen?
Oder kann sie noch scheitern?
Im Normenausschuss sitzen Vertreter von
Finanzvertrieben, Banken und Versiche-
rern an einem Tisch mit Wissenschaftlern
und Verbraucherschützern. Nach meiner
Kenntnis herrscht inzwischen ein grund-
sätzlicher Konsens. Darum bin ich fest davon
überzeugt: Die DIN-Norm kommt. Von außen
lässt sie sich jedenfalls nicht verhindern, auch
wenn sich mancher aus der Branche das viel-
leicht wünschen würde. Der Entwurf für die
Norm soll Mitte des Jahres veröffentlicht wer-
den. Dann kann die Allgemeinheit Stellung-
nahmen abgeben. Wenn es gut läuft, liegt die
Norm schon dieses Jahr unter dem Weih-
nachtsbaum.
Wie verbindlich wird die Norm sein?
Eine Norm hat keine Gesetzeskraft. Aber ein
Berater, der sich nicht an sie hält, geht ein
Risiko ein. Denn wenn es zu einem Haftungs-
fall kommt, wird der Richter den Vermittler
fragen, ob er sich an der Norm orientiert hat.
Ist das der Fall, ist der Berater ein gutes Stück
weit entlastet.
Eine Norm kann als perfekte Blaupause
für einen Robo-Berater dienen. Ist das
eine Gefahr für die Branche?
Nein. Wenn ein Kunde Robo-Beratung möch-
te, wird er sie nutzen – und dann ist es gut,
wenn sie geregelt ist. Insbesondere die Ver-
braucherschützer drängen darauf, dass es
einen für die Selbstanalyse nutzbaren und di-
gitalisierungsfähigen Standard gibt. Er muss
in Onlinetools umsetzbar sein. Die Branche
muss akzeptieren, dass Kunden mündiger
geworden sind und sich im Internet informie-
ren. Dadurch wird der Berater aber nicht über-
flüssig, der Anspruch an ihn wird nur höher.
Haben Sie oder Defino einen finanziellen
Nutzen aus dem Normungsprojekt?
Zunächst einmal braucht es jemanden, der das
Projekt finanziert – ich habe bislang nur Geld
investiert und keines verdient. Langfristig
wird sich Defino als Zertifizierer positionie-
ren. Wenn die Norm kommt, wird eine neu-
trale Instanz benötigt, die prüft, ob Berater
nach den Vorgaben arbeiten. Wir sind dabei,
uns zum Zertifizierer akkreditieren zu lassen
– so wie TÜV oder Dekra das sind.
Sie erwähnten anfangs noch eine weitere
Firma, die zu Ihren Beteiligungen zählt:
Definet. Was hat es damit auf sich?
Die Definet entstand vor zweieinhalb Jahren,
weil bei Formaxx und Mayflower mit zwei
IT-Systemen gearbeitet wurde und wir die
Chance gesehen haben, diese zu vereinheit-
lichen und vor allem in Bezug auf die
Beratungsprozesse neu aufzusetzen. Die
Definet ist die Backoffice-Plattform für
diese beiden Vertriebe. Die Bereiche, die
quasi zur DNA einer Firma gehören, blie-
ben in den jeweiligen Unternehmen. Aber
Dinge wie die IT, die Ausbildung oder der
Einkauf ließen sich gut bündeln. Zugleich
sehen wir das Geschäftsmodell, dritte Ver-
triebe anzubinden, die ebenfalls effizienter
arbeiten wollen.
Ist es denn realistisch, dass sich ein
Finanzvertrieb an ein Backoffice hängt,
das auch Mitbewerber unterstützt?
Nehmen Sie die Automobilbranche: Dort
arbeiten bekanntlich viele Konzerne mit
den gleichen Zulieferern zusammen. Auch
in der Fondsbranche nutzen Dutzende
Anbieter die gleichen Verwahrstellen. Die
Vermittlerbranche wird ebenfalls nicht an
einem gewissen Maß an Kooperation vor-
beikommen, weil das Geschäft wegen der
sinkenden Margen schwieriger wird. Viele
kleinere und mittlere Vertriebe werden sich
allein nicht halten können. Ich betone es
noch einmal: Die Branche braucht Skalen-
effekte, Industrialisierung, Synergien – und
damit mehr Gemeinsamkeit.
Ist Definet im Grunde nicht einfach ein
weiterer Maklerpool?
Nein. Ein Pool bietet üblicherweise ein ein-
heitliches Paket an, mit dem er eine größere
Zahl an Maklern bedient. Der Vermittler ver-
zichtet auf einen Teil seiner Courtagen oder
zahlt eine Gebühr, nutzt dafür die Einkaufs-
macht des Pools und bekommt eine Provi-
sionsabrechnung aus einer Hand. Da der durch-
schnittliche Makler rund drei Poolanbindun-
gen hat, bedient jeder auch nur einen Teil des
Bedarfs; entsprechend sehen Produktivität und
Datenhaushalt bei den Angebundenen aus.
Die Definet individualisiert und macht gleich-
zeitig hochproduktiv. Sie bietet verschiedene
Module an, die einzeln gebucht werden kön-
nen. Wir haben alles von der Rechts-, Marke-
ting- oder IT-Abteilung bis hin zu einer Aka-
demie für Fortbildungen. Der Vertrieb wählt
aus, welche Module er haben möchte, und nur
für die bezahlt er auch. Den Rest erledigt er
weiterhin im eigenen Haus. Das Ziel ist die
Steigerung von Individualität, Produktivität
und Qualität, was sich nicht widerspricht.
Vielen Dank für das Gespräch.
BERND MIKOSCH, JENS BREDENBALS |
FP
vertrieb & praxis I
bernhard termühlen | defino | mayflower | formaxx
214
www.fondsprofessionell.de| 1/2017
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Wenn es gut läuft, liegt die
Norm schon dieses Jahr unter
dem Weihnachtsbaum.
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Bernhard Termühlen
Foto: © Ulrike Schmidt
Bernhard Termühlen: „Die Vermittlerbranche wird nicht an einem
gewissen Maß an Kooperation vorbeikommen.“