

vertrieb & praxis I
bernhard termühlen | defino | mayflower | formaxx
Foto: © Ulrike Schmidt
E
in sonniger Spätwintertag am Flug-
hafen Hamburg. Interviewtermin
mit einer bekannten Persönlichkeit
der deutschen Finanzdienstleistungsbran-
che, die sich in den vergangenen Jahren
eher rar gemacht hat. Bernhard Termühlen,
Ex-Vorstandschef von MLP, gibt bereit-
willig Auskunft zu seinen diversen Betei-
ligungen. Nur zu einem Thema schweigt
der drahtige 61-Jährige eisern: kein Wort
zu MLP. Ende vergangenen Jahres hatte
Termühlen seinem ehemaligen Arbeit-
geber in einem Blogbeitrag geraten, das
Potenzial der eigenen Vertriebsmannschaft
wieder besser zu nutzen. Seine Äußerun-
gen schlugen hohe Wellen, was dem zu-
rückhaltend auftretenden Westfalen heute
sichtlich unangenehm ist. Er blickt ohnehin
lieber nach vorn. Schließlich will Termühlen
nicht als nörgelnder Ex-Chef in Erinnerung
bleiben, sondern als Mann, der noch einiges
bewegen möchte.
Herr Termühlen, Sie haben MLP 2003
verlassen. Doch offensichtlich fehlte
Ihnen die Branche: 2007 sind Sie beim
Allfinanzvertrieb Mayflower eingestie-
gen, später dann bei Formaxx. Beide Un-
ternehmen wurden unter anderem von
ehemaligen MLP-Beratern gegründet.
War das Engagement für Sie eine unter-
nehmerische Entscheidung oder eher
eine Hilfestellung für alte Weggefährten?
Bernhard Termühlen:
Letztlich beides. May-
flower-Vorstandschef Thomas Scholl war über
viele Jahre hinweg der erfolg-
reichste Geschäftsstellenleiter von
MLP. Ich kenne auch die anderen
Gründer und vertraue ihnen – da-
her muss ich mich auch nicht in
das Tagesgeschäft einmischen.
Sie haben bewiesen, dass sie ein
Unternehmen ordentlich und pro-
fitabel führen können. Viel später,
2013, ist mir Formaxx angeboten
worden. Diese Firma hatte unter
anderer Führung hohe Verluste
angehäuft. Da ich aber die vorherigen Eigen-
tümer und auch einige der dort Beteiligten
kannte und das Geschäftsmodell valide war,
hat Mayflower dann Formaxx übernommen.
Da der eine Vertrieb nicht den anderen besit-
zen sollte, haben wir das Ganze umstruktu-
riert: Die vormalige Mayflower Capital AG
wird demnächst umbenannt und ist eine reine
Holding, die drei Firmen hält: die Vertriebe
Mayflower und Formaxx sowie deren ge-
meinsames Backoffice, die Definet.
Wie groß sind die beiden Vertriebe,
gemessen an der Zahl der Berater?
Mayflower hat gut 60 Berater und knapp
zwölf Millionen Euro Erlöse. Formaxx erlöste
mit gut 200 Beratern zuletzt rund 21 Millio-
nen Euro. Damit arbeiten beide Vertriebe im
Branchenvergleich hochproduktiv.
Laut den jüngsten Zahlen erzielte For-
maxx 2015/2016 nur knapp 220.000
Euro Überschuss. Viel ist das nicht.
Sie müssen bedenken, dass die Gesell-
schaft erst seit Kurzem in unseren Händen
ist und bis dahin nicht profitabel war. An-
ders als alte Finanzvertriebe und Makler
können junge Unternehmen nicht aus den
Beständen profitieren, die sie in der Ver-
gangenheit aufgebaut haben. Hinzu
kommt, dass wir in eine neue mit Mayflo-
wer gemeinsam entwickelte IT-Plattform
investieren, und das bei gleichzeitigem Be-
trieb der beiden alten IT-Systeme. Daher
meine ich, dass die Ergebnisse für ein Un-
ternehmen, das sich imAufbau und in der
Umstrukturierung befindet, sehr gut sind. Wir
stellen nicht, wie in der Branche nicht unüb-
lich, auf Ergebnisse vor Zinsen und Restruk-
turierungsaufwendungen ab oder hoffen auf
frisches Geld aus der nächsten Finanzierungs-
runde. Ich kenne jedenfalls keine andere Firma
aus der Branche, die einen so schnellen
Turnaround geschafft hat wie Formaxx.
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Wenn Sie als Unternehmer in unserer Branche
schnell die Produktivität steigern möchten,
haben Sie vor allem zwei Möglichkeiten. Die
erste: Sie kannibalisieren andere Vertriebe und
werben deren beste Berater ab. Doch damit
holen Sie sich Söldnertruppen ins Haus, statt
organisch zu wachsen. Die Produktivität steigt
zwar tatsächlich, aber nach einiger Zeit ziehen
diese Berater einfach weiter. Die zweite Mög-
lichkeit: Sie investieren nicht
mehr – nicht in neue Mitarbeiter,
deren Ausbildung, die Qualität
der Beratung und vor allem nicht
in die IT. Das funktioniert eben-
falls eine Zeitlang, insbesondere
bei hohen Altbeständen. Der rich-
tige Weg ist meiner Meinung
nach aber ein anderer: ein Unter-
nehmen von Grund auf ordentlich
aufzustellen, damit es sich ent-
wickelt, wächst – und schließlich
„Die
DIN-Norm
kommt“
Vor mehr als 13 Jahren hat
Bernhard Termühlen
seinen Job als MLP-Chef aufgegeben. Inzwischen mischt er
die Branche wieder auf. Nicht nur als Inhaber der Finanzvertriebe
Mayflower
und
Formaxx
, sondern auch als
Geldgeber hinter
Defino
– jenem Institut, das an einer Norm für die Finanzanalyse arbeitet.
210
www.fondsprofessionell.de| 1/2017
»
Es kann nicht sein,
dass zehn verschiedene
Berater ein und dem-
selben Kunden zehn
völlig unterschiedliche
Analysen präsentieren.
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Bernhard Termühlen
Blick in Termühlens Portfolio
* Umfirmierung dieser Holding geplant | Quelle: Bundesanzeiger, eigene Recherche
TERMÜHLEN
Beteiligungen Verwaltungs GmbH
hält >75 % an:
100 %
hält 82,5 % an:
Defino
Definet
Mehrheits-
beteiligung
Mayflower
>75 %
Formaxx
Mayflower
Capital AG*