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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
vertrieb & praxis I
versicherungsvermittler
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V
ersicherungsvermittler, die einen Unter-
nehmer von der Wichtigkeit einer Be-
triebshaftpflichtpolice überzeugen wol-
len, haben diese Geschichte sicherlich schon
oft erzählt: Ein Kunde sitzt im Büro und be-
kommt eine Tasse Kaffee. Beim Servieren
stolpert die Sekretärin – und schüttet das heiße
Getränk über den Kunden. Dieser erleidet
mittelschwere Verbrühungen. In der Folge
nimmt die Krankenversicherung des Kunden
die Firma des Versicherungsvermittlers wegen
der entstandenen Heilbehandlungskosten in
Regress, der Kunde selbst fordert Schmer-
zensgeld. Ohne entsprechende Haftpflicht-
deckung kann sich das (vergleichsweise) klei-
ne Unglück schnell zu einem finanziellen Pro-
blem auswachsen.
Dass sie selbst exakt dieses Problem haben
könnten, wird allerdings von Vermittlern aller
Couleurs – in aller Regel agieren sie selbst-
ständig – häufig ignoriert. Analog zu rauchen-
den Ärzten, die ihren Patienten vom Tabak-
genuss dringend abraten, verdrängen auch
viele Versicherungsexperten, dass sie selbst
durchaus auch Absicherungsbedarf hätten.
Eine Ursache dafür ist die fehlende Verpflich-
tung, vorzusorgen. Nur die Vermögensscha-
denhaftpflichtversicherung (VSH) ist gesetz-
lich vorgeschrieben; ob weitere existenzbe-
drohende Risiken abgesichert werden, bleibt
dem Einzelnen überlassen. Dass viele Vermitt-
ler für sie wichtige Policen nicht haben, liegt
allerdings keineswegs nur an mangelnder Ein-
sicht. Vielmehr sind zahlreiche Berater
schlicht finanziell nicht in der Lage, angemes-
sen vorzusorgen.
Person im Fokus
„Welche Versicherung der einzelne Berater
neben der VSH benötigt, hängt von seinen
individuellen Umständen und damit Risiken
ab“, erklärt Marco Gerhardt, Partner bei der
auf die Versicherungswirtschaft spezialisierten
Beratungsfirma EY Innovalue. Fest stehe aber,
dass die Vermittler selbst ihr wichtigstes
„Gut“ seien. Ein Ausfall der eigenen Person
beziehungsweise Arbeitskraft habe stets
gravierende Folgen für das Geschäft. „Die
Person muss abgesichert werden – oder, wenn
es mehrere sind, die wichtigsten Köpfe“, be-
tont Christian J. Fuchs, Geschäftsführer des
Gewerbemaklers FMP Fuchs in Wedel, zu
dessen Kunden auch viele Vermittler gehören.
Darüber hinaus sind betriebliche und rechtli-
che Risiken abzudecken. Das Feld der mög-
lichen Probleme ist groß und wächst. Eine
wichtige Rolle spielt die Größe des Unterneh-
mens. Ein Einzelkämpfer muss sich eher we-
nige Gedanken machen. Der Inhaber einer
großen Maklerfirma, die womöglich auch
eigene Immobilien besitzt, sollte dagegen eine
umfassende Risikoanalyse vornehmen. Wich-
tig ist nicht zuletzt eine vernünftige Altersvor-
sorge, um einer Altersarmut vorzubeugen.
Schließlich zahlen Selbstständige nicht in die
gesetzliche Rentenversicherung ein.
Für alle Bereiche gilt: „Die Qualität der
Versicherung ist von immenser Bedeutung.
Sie sollte keine Lücken aufweisen, sonst hat
man am Ende doch den Schaden“, betont Jür-
gen Beisler, Vorstand des Maklerverbundes
Finpool aus dem bayerischen Unterhaching.
Regelmäßiges Update
Egal ob Finanzanlagen-, Versicherungs-
oder Kreditvermittler: Hinsichtlich der Poli-
cen, die sie benötigen, gibt es kaum Unter-
schiede – höchstens bei der Beschaffung. Rei-
ne Finanzanlagen- oder Kreditvermittler müs-
sen sich an einen Kollegen aus der Asseku-
ranz wenden. Ein Versicherungsvermittler da-
gegen kann seine eigene Absicherung qua
Amt selbst in die Hand nehmen.
Experten raten dazu, den eigenen Versiche-
rungsordner regelmäßig zu überprüfen, damit
alle wesentlichen Risiken abgedeckt sind –
und es auch bleiben. Mitunter machen auch
aktuelle Ereignisse einen Blick in die Policen
nötig. Derzeit werden etwa viele Vermittler
wegen Datenschutzverstößen auf der eigenen
Internetseite mit wettbewerbsrechtlichen Ab-
mahnungen überzogen. Berater, die ihre Ge-
schäftsprozesse digital abwickeln, sehen sich
zunehmend der Gefahr von Hacker-Angriffen
ausgesetzt. „Wenn es zu Problemen beim
digitalen Austausch von Daten mit Versiche-
rungsgesellschaften oder Fondsplattformen
kommt und etwa vertrauliche Kundendaten in
die falschen Hände fallen, kann das sehr teuer
werden“, warnt Dieter Olejar, Vorstand der
Versicherungs- und Rentenberater AG aus
Kirchheim (siehe Kasten nächste Seite).
Ihren Kunden legen Versicherungsvermittler nahe, Absicherung und Vorsorge
ernst zu nehmen, der eigene Schutz wird dabei hingegen oft vernachlässigt.
Unter
versichert
Versicherungsberater, die die eigene Absicherung vernachlässigen, sind keine Seltenheit. Die häufigste Ursache dafür
sind finanzielle Probleme.