

Überhaupt scheint Hauck & Aufhäuser
sehr aktiv zu sein, was die Pläne für an-
organisches Wachstum über Zukäufe
angeht. Man hört, dass Ihre Bank unter
anderem in Belgien offen Interesse an
der Übernahme eines dortigen Finanzin-
stituts bekundet. Sind solche Expansions-
pläne eine Art Vorgabe von Fosun?
Bentlage:
Definitiv! Mit dem neuen Gesell-
schafter kam ein „Mindchange“ in das Unter-
nehmen. Fosun hat zudem mit 99,91 Prozent
der Anteile die klare Mehrheit, was im Hin-
blick auf unternehmenspolitische Entschei-
dungen ein großer Vorteil ist. Mit dem neuen
Gesellschafter befinden wir uns in einer her-
vorragenden Situation, weil unser Eigentümer
wachsen will und bereit ist, die nötigen Mittel
dafür zur Verfügung zu stellen und uns zu un-
terstützen. Unsere Bank wäre mit ihrer jetzi-
gen Größenordnung vor dem Hintergrund der
anstehenden regulatorischen Veränderungen
wahrscheinlich zu klein, um gegenüber dem
Wettbewerb zu bestehen. Schon die Kombi-
nation aus unseren drei großen Geschäfsfel-
dern bringt ohnehin eine gewisse Komplexität
mit sich. Daher müssen wir eine gewisse Grö-
ßenordnung erreichen, um auch künftig ko-
steneffizient arbeiten zu können. Wir sind da-
von überzeugt, dass ein rein organisches
Wachstum nicht ausreichen würde, um dieses
Ziel schnell genug zu erreichen. Aus diesem
Grund suchen wir durchaus aktiv nach sinn-
vollen Ergänzungen auch in den Bereichen
Private Banking und Investmentbanking.
Und diese Suche erstreckt sich auf ganz
Europa oder insbesondere auf Deutsch-
land?
Bentlage:
Ich würde sogar sagen, dass
Deutschland der für uns interessanteste Markt
ist – schon weil wir dort die größten Syner-
gien hätten. Ein Zukauf im Ausland bedeutet,
dass man sich auf eine andere Jurisdiktion
und andere IT-Systeme einstellen muss.
Deshalb liegt eine weitere Übernahme in
Deutschland besonders nahe, weil hier der
größte Hebel zu erwarten ist.
Welche Größenordnung schwebt Ihnen
dabei vor?
Bentlage:
Wir sind nicht wirklich festgelegt.
Allerdings müsste das Übernahmeziel schon
einen gewissen Impact auf unser Geschäft
haben, denn man investiert schließlich viel
Geld, Ressourcen und Zeit. Daher werden
wir sicher nicht viele kleinere Übernahmen
anstreben. Ich würde eher sagen, dass wir
in den nächsten zwei bis drei Jahren eine
Übernahme pro Geschäftsbereich stemmen
könnten.
Wenn Sie im Zusammenhang mit dem
neuen Gesellschafter von einer für den
Geschäftsleiter einer Privatbank ange-
nehmen Situation gesprochen haben, wie
muss man sich diese Zusammenarbeit
konkret vorstellen? Müssen Sie an Fosun
zurückmelden, was Sie gerade tun?
Bentlage:
Wir sind im Prinzip ähnlich frei in
unsereren Entscheidungen wie vorher. Natür-
lich erfolgt durch unseren Aufsichtsrat eine
gewisse Steuerung. Und Sie können sich vor-
stellen, dass wir insbesondere Expansions-
ideen beleuchten, mit denen wir versuchen,
unsere nun bestehende Verbindung zu China
und Asien in unser Geschäftsmodell zu imple-
mentieren und zu stärken. Schon deshalb be-
darf es natürlich eines intensiven Austauschs
mit den dortigen Kollegen. Denn die Erwar-
tung, dass wir mit der Bank Geld verdienen,
besteht natürlich auf Seiten von Fosun.
An anderer Stelle haben Sie vor Kurzem
betont, dass die größte Stärke Ihres Hau-
ses die mit inzwischen 221 Jahren sehr
lange Tradition als Privatbankiers dar-
stellt. Auf den ersten Blick würde man
sagen, dass sich das nicht mit der Über-
nahme von Gesellschaften wie Easyfolio
und der Naga Group im Bereich Fin-
techs verträgt?
Bentlage:
Warum sollte sich das nicht ver-
tragen? Der Trend zur Digitalisierung nimmt
doch branchenübergreifend unverändert wei-
ter zu. Mit Blick auf die Finanzbranche und
auch das Private Banking ergeben sich in die-
sem Zusammenhang eine ganze Reihe von
Fragen – unter anderem, ob der Kundenbera-
ter bereits in naher Zukunft vom Robo-Advi-
sor abgelöst wird. Deshalb haben wir bereits
Ende 2014 begonnen, uns mit dem Thema zu
beschäftigen. Herausgekommen sind am Ende
diese beiden Beteiligungen, wodurch wir zur
ersten Privatbank mit angeschlossenem Robo-
Advisor geworden sind.
Dann werben Sie demnächst mit Slogans
wie „Investieren wie die Reichen“?
Bentlage:
Das wäre für unsere Bank wahr-
scheinlich etwas zu marktschreierisch. Aber
den gesellschaftlichen Veränderungen müssen
wir uns auch als Bank stellen.
Vielen Dank für das Gespräch.
HANS HEUSER |
FP
vertrieb & praxis I
michael bentlage | hauck & aufhäuser
276
www.fondsprofessionell.de| 1/2017
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Über unseren neuen
Gesellschafter Fosun haben
wir einen guten Einblick in das
Fondsgeschäft in Asien, speziell
in China und Hongkong.
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Michael Bentlage, Hauck & Aufhäuser
Foto: © Roger Strauß
Michael Bentlage: „Der Trend zur Digitalisierung nimmt doch branchenübergreifend unverändert weiter zu. Deshalb
haben wir bereits Ende 2014 begonnen, uns mit dem Thema zu beschäftigen.“