

vertrieb & praxis I
michael bentlage | hauck & aufhäuser
272
www.fondsprofessionell.de| 1/2017
Foto: © Roger Strauß
L
ange Zeit hat man sich beim Frank-
furter Privatbankhaus Hauck &
Aufhäuser schwergetan, sich im
nach wie vor überbesetzten deutschen
Bankenmarkt zu behaupten. Manches
wurde versucht, um es zum Teil schon
nach relativ kurzer Zeit wieder zu veräu-
ßern. So wurde etwa das ursprünglich in
Liechtenstein aufgebaute Haftungsdach,
unter dem freie Finanzdienstleister als
Tied Agents auch ohne KWG-Lizenz
einem Vermögensverwalter ähnlich agie-
ren sollten, schon nach relativ kurzer Zeit
wieder verkauft. Seit 2009 stand die Auf-
besserung der eigenen Kapitaldecke im
Vordergrund, durch Thesaurierung der
Gewinne und den Umbau der gesamten
Organisation musste das Eigenkapital
innerhalb von fünf Jahren verdoppelt werden.
Seit Mitte 2015 blicken die Frankfurter
Banker wieder in eine sehr viel aussichts-
reichere Zukunft. Damals signalisierte der
chinesische Investor Fosun sein Interesse an
der mehrheitlichen Übernahme von Hauck &
Aufhäuser, im September vergangenen Jahres
war der Deal perfekt: Die Privatbank, damals
noch in Händen von insgesamt 75 Eigentü-
mern – darunter neben der Gründerfamilie
Hauck auch eine Reihe bekannter deutscher
Unternehmer sowie reiche Familien –, ging
für mutmaßlich 210 Millionen Euro an Fosun.
Über die weiteren Pläne der Privatbanker
sprachen wir mit Michael Bentlage, seit Kur-
zem persönlich haftender Gesellschafter und
Sprecher der Geschäftsleitung.
Herr Bentlage, nicht erst im Zusammen-
hang mit der Übernahme durch den chi-
nesischen Investor Fosun hat sich beim
Bankhaus Hauck & Aufhäuser einiges
getan. Wo steht Ihre Bank heute?
Michael Bentlage:
Die wesentliche Basis un-
seres Geschäfts bilden nach wie vor die drei
Bereiche Private Banking für die Beratung
und die Vermögensverwaltung privater und
unternehmerischer Kunden, das Asset Ma-
nagement und das Investmentbanking für in-
stitutionelle Investoren, und drittens im Be-
reich Asset Servicing die umfassende Admi-
nistration von Investmentfonds sowie die
Betreuung von und die Zusammenarbeit mit
unabhängigen Vermögensverwaltern. In die-
sem Mix spielt das Privatkundengeschäft
natürlich nach wie vor eine sehr große Rolle,
allerdings hat der institutionelle Bereich in den
vergangenen zwei bis drei Jahren ein Über-
gewicht erhalten. Insbesondere imAsset Ser-
vicing haben wir deutlich zugelegt, und zwar
nicht nur aufgrund von Erfolgen in der Zu-
sammenarbeit mit unabhängigen Vermögens-
verwaltern – einem Kernbereich unserer Bank
mit sehr langer Tradition, wo wir inzwischen
weit über 100 Geschäftspartner betreuen. Seit
der Umsetzung des KAGB vor etwa drei Jah-
ren ist auch das Segment Administration und
Verwahrung stetig gewachsen, vor allem weil
seither auch Fondsvehikel für alternative
Investments ab einer gewissen Größenord-
nung eine eigene Verwahrstelle benötigen,
was vorher nicht der Fall war.
Worauf führen Sie zurück, dass gerade
der Bereich des Verwahrstellengeschäfts
deutlich zulegen konnte?
Bentlage:
Das hängt zum einen mit der
Marktentwicklung selbst zusammen. In einer
Landschaft immer weiter sinkender Zin-
sen waren vor allem institutionelle Inves-
toren geradezu gezwungen, aus traditio-
nellen Anlageformen wie Staatsanleihen
und Pfandbriefen auszusteigen, um sich
nach höher rentierlichen Anlagen umzu-
sehen. Und diese sucht man natürlich am
ehesten in Sektoren wie Immobilien, Pri-
vate Equity und Infrastrukturinvestments.
Auch Private Debt als relativ junges An-
lageinstrument sehen wir zunehmend bei
uns in der Administration, wobei man sa-
gen muss, dass Immobilieninvestments
nach wie vor den bei Weitem größten
Anteil in diesem Geschäftsbereich haben.
Wobei sich meines Wissens Ihr Haus,
anders als mancher Mitbewerber, auch
frühzeitig personell verstärkt hat in
diesem Feld.
Bentlage:
Das ist richtig. Wir konnten schon
vor drei Jahren ein ganzes Beraterteam von
Oppenheim für uns gewinnen, Experten, die
schon damals auf das Verwahrstellengeschäft
von Real Assets spezialisiert waren. Dadurch
haben wir natürlich viele interessante und
attraktive Kundenkontakte gewonnen. Wir
waren auch frühzeitig in der Lage, dieses
Geschäftsfeld deutlich auszubauen, sodass wir
zu Wettbewerbern in diesem Segment auf-
schließen konnten.
Womit können Sie gegenüber großen
Verwahrstellen denn punkten?
Bentlage:
Das geht in einem Markt, der in-
zwischen oligopolistische Züge hat und nach
wie vor von einer sehr starken Konsolidierung
geprägt ist, im Grunde natürlich nur, indem
man versucht, durch besonderen Service und
ausgeprägte Kundennähe zu überzeugen. Aber
auch wenn Größe in diesem Bereich, in dem
es ja vor allem um Economies of Scale geht,
nach wie vor ein wichtiges Entscheidungskri-
terium potenzieller Kunden darstellt, zeigt uns
das deutliche Wachstum, das wir in den ver-
gangenen Jahren für diesen Geschäftsbereich
verzeichnen konnten, dass wir offenbar eini-
„Mit neuem Gesellschafter in
»
Eine weitere
Übernahme in
Deutschland liegt
besonders nahe,
weil hier der
größte Hebel zu
erwarten ist.
«
Michael Bentlage, Hauck & Aufhäuser
Die Zeiten, da eine Privatbank wie
Hauck & Aufhäuser
von drei gleichberechtigten Partnern gelenkt wurde, sind
vorbei. Nach der Übernahme der Bank durch den chinesischen Investor Fosun wurde Anfang Februar
Michael
Bentlage
zum persönlich haftenden Gesellschafter und zum Sprecher der Geschäftsleitung ernannt. Ein Gespräch.