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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
vertrieb & praxis I
publikumsfonds
Foto: © Fotolia | Oleg Kozlov
M
itte Februar jedes Jahres findet in
Frankfurt ein kleines, aber doch
vielbeachtetes Ritual der deutschen
Fondsindustrie statt. Der Branchenverband
BVI präsentiert die Ergebnisse des Vorjahres,
und eine Frage schwingt immer mit: War es
ein gutes Jahr für die Investmentindustrie?
Für 2015 war die Antwort
schnell gefunden – die
rekordhohen Zu-
flüsse ließen nur
einen Schluss
zu. 2016 ist
da schwieriger zu bewerten. Spezialfonds ver-
buchten gemessen am Mittelaufkommen zwar
das zweitbeste Jahr ihrer Geschichte, die 6,5
Milliarden Euro Zuflüsse in Publikumsfonds
dagegen wirken eher ernüchternd. Nur in drei
der vergangenen 15 Jahre stand unterm Strich
ein schlechteres Ergebnis. Anleger vertrauten
bloß Misch- und offenen Immobilienfonds
frisches Geld an, aus allen anderen Kategorien
zogen sie welches ab.
Wer das vergangene Jahr Revue passieren
lässt, den kann dieses Ergebnis jedoch nicht
sonderlich überraschen: Im Januar gingen die
Börsen auf Talfahrt, dann folgten der Brexit,
der knappe US-Wahlsieg und das Referendum
in Italien. „Vor diesem Hintergrund ist das
Ergebnis der Branche mehr als respektabel“,
sagt BVI-Präsident Tobias Pross.
Nur 20 Anbieter mit Zuflüssen
Das Gesamtergebnis verstellt jedoch den
Blick auf wichtige Details. Eine Analyse der
Zahlen zu den Wertpapierpublikumsfonds
zeigt, dass nur 20 der insgesamt 52 Anbieter
aus der BVI-Statistik unterm Strich Geld ein-
sammelten. Interessant ist auch, wie sich die
alteingesessenen Investmenthäuser geschlagen
haben. FONDS professionell hat dafür im
nunmehr vierten Jahr die Zahlen derjenigen
Anbieter untersucht, die dem BVI ihre Daten
konstant seit 2007 melden. Das trifft auf 38
Investmenthäuser zu.
Diese „konstanten Zahlenmelder“ verbuch-
ten 2016 Abflüsse von 1,3 Milliarden Euro
aus Wertpapierpublikumsfonds – das erste
Minus seit fünf Jahren. Im Vorjahr hatten sie
noch stolze 64 Milliarden Euro Neugeld ein-
gesammelt. Dass die Branche als Ganzes auch
das vergangene Jahr mit einem Plus abschlie-
ßen konnte, liegt zu einem guten Teil an er-
folgreichen Neueinsteigern. So sog allein der
Kölner Vermögensverwalter Flossbach von
Storch stolze 4,6 Milliarden Euro auf. Nur
den Wertpapierpublikumsfonds von Union In-
vestment vertrauten Anleger noch mehr Geld
an. Wie sich das Geschäft der acht größten
„konstanten Zahlenmelder“ über die vergan-
genen zehn Jahre entwickelt hat, zeigen die
Grafiken auf der nächsten Seite. Nur vier von
ihnen konnten 2016 Mittelzuflüsse verbuchen,
bei den anderen vier gab es zum Teil herbe
Abflüsse.
Deutsche Asset Management
Besonders bitter lief das vergangene Jahr
für die Deutsche Asset Management. 2015
hatte die Fondssparte der Deutschen Bank die
BVI-Statistik noch mit rekordhohen Zuflüssen
von 17,7 Milliarden Euro angeführt, 2016 bil-
dete sie mit 12,5 Milliarden Euro Abflüssen
das Schlusslicht. Vertriebsleiter Thorsten
Michalik beschönigt dieses Ergebnis nicht,
rückt es aber in ein anderes Licht. „Wir hatten
hohe Abflüsse aus Geldmarkt- und geldmarkt-
nahen Fonds, aber hohe Zuflüsse in Produkte,
die eine positive Wertentwicklung aufweisen
und mit denen wir unseren Anlegern einen
echten Mehrwert bieten können“, sagt er im
großen Interview mit FONDS professionell
(siehe Seite 248).
Michalik verweist unter anderem auf
den DWS Top Dividende, die of-
fenen Immobilienfonds und den
Deutsche Concept Kaldemor-
gen. „Allein die Zuflüsse in
diese Fonds machen mit
Blick auf die Profitabilität
alles wett, was wir an ande-
rer Stelle verloren haben“, so
Michalik. „Natürlich sind 12,5 Milliarden
Euro Abflüsse nicht erfreulich. Schlimmer
wäre es jedoch, wenn wir Geld in Produkten
mit höherer Marge verlieren würden, weil
deren Performance nicht stimmt. Das ist aber
nicht der Fall. Wir haben es geschafft, trotz
Mittelabflüssen profitabler zu werden.“
Union Investment
Den höchsten Absatz mit Wertpapierpubli-
kumsfonds konnte im vergangenen Jahr wie
erwähnt Union Investment für sich verbuchen.
Der Anbieter der Genossenschaftsbanken
sammelte stolze 9,7 Milliarden Euro ein, fast
genauso viel wie im Vorjahr (9,9 Milliarden
Euro). Auf hohe Nachfrage treffen nach wie
vor die Multi-Asset-Portfolios der „Privat-
fonds“-Reihe. „Insgesamt konnten wir hier
im vergangenen Jahr Zuflüsse von über 3,1
Milliarden Euro verbuchen“, sagt Union-
Investment-Vorstandschef Hans Joachim
Reinke. „Zum Jahresende haben wir in den
sechs ‚Privatfonds‘-Varianten knapp 17 Mil-
liarden Euro verwaltet.“
Groß ist das Interesse der Kunden der
Volks- und Raiffeisenbanken auch an den
offenen Immobilienfonds, die in den von
FONDS professionell ausgewerteten Daten
Deutschlands Investmentbranche konnte 2016 frisches Geld einsammeln, bleibt
aber deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Die großen Anbieter im Langfrist-Check.
Ge
drossel
tes Tempo
Eher gemächlich voran ging es für die deutsche Fondsbranche im vergangenen Jahr. Nur in drei der letzten 15 Jahre
lagen die Zuflüsse in Publikumsfonds noch niedriger als 2016.