

Schulz-Jodexnis:
Wir wollen am Ende nicht die
qualifizierteren Betrüger haben. Das hilft uns ja
nicht, trotz der Bafin-Kompetenzkontrolle bei
den KVG-Managern.
Bauer:
Das ist schon sehr provokant!
Schulz-Jodexnis:
Du kannst keinem hinter die
Stirn gucken! Man muss auch die Lücken sehen.
Solange es AIF gibt, die in unregulierte typisch
stille Gesellschaften investieren, konterkariert
sich die Regulierung. Ich finde außerdem be-
merkenswert, dass sich die Blindpool-Tätigkeit
durch diese Art der Regulierung vervielfacht hat.
Früher hatten wir durchaus eine Sicht auf Assets,
die wir prüfen konnten. Das ist uns deutlich
erschwert worden.
Bauer:
Es gibt noch einen Punkt: Die Verwahr-
stelle ist ein völlig neuer Player, der heute mit
dabei ist. Sie setzt klare Grenzen. Ein Emis-
sionshaus kann nicht machen, was es will.
Endlweber:
Wie bekommt man die positiven
Aspekte der Regulierung auf den Anleger
übertragen? Am Ende müssen sie zeichnen,
damit die Vertriebe und die Emissionshäuser
Umsatz machen.
Böcher:
Wir müssen das Vertrauen wieder
gewinnen. Dafür sind Maßnahmen notwen-
dig, mit denen wir als Emissionshäuser
nichts zu tun haben. Der Gesetzgeber hat
dafür gesorgt, dass mehr Profis – ob es
professionellere Betrüger sind, lassen wir
dahingestellt – am Werk sind und Siche-
rungssysteme eingebaut wurden.
Endlweber:
Wollen die Vertriebe und
Anleger nicht viel lieber einfache Ver-
mögensanlagen oder Crowdinvestments
anstelle der komplexenAIF-Beteiligungen
haben?
Soltau:
Den Kunden interessiert es nicht, ob
das Produkt ein AIF, eine Vermögensanlage
oder ein Crowdinvestment ist. Relevant ist
für ihn, dass er seinem Berater, der ihm sagt,
was gut oder schlecht ist, vertrauen kann.
Endlweber:
Also ist für Anleger und
Vertriebe immer noch in erster Linie die
Investment- und Verkaufsstory wichtig?
Soltau:
Genau. Für den Vertrieb ist das
wichtig. Und beim Kunden sehe ich einen
„Learning by doing“-Prozess. Er lernt in den
nächsten Jahren, dass die AIF-Struktur
funktioniert – so wie in dem genannten Beispiel,
in dem die KVG im Interesse der Anleger ein-
gegriffen hat.
Brunke:
Crowdinvesting ist ein moderner Be-
griff für die Online-Vermittlung von Kapital. Das
Nachrangdarlehen ist das aktuell größte Finanz-
instrument, um es zu vermitteln, aber es ist jedes
andere Instrument willkommen. Die Kunden fra-
gen schon nach längeren Laufzeiten, Sparplänen,
nach Bestandsimmobilien als Alternative zu
Projektentwicklungen und nach AIF. Diese Ent-
wicklung darf nicht verkannt werden. 2012
kannte noch keiner Crowdinvesting, jetzt sind
wir bei einem Volumen, mit dem es mit weißen
Produkten und der Vollregulierung in die nächste
Richtung geht. Ob es für das Nachrangdarlehen
einen Prospekt gibt oder ein anderes Vehikel wie
eine Anleihe zum Zug kommt, wird sich in den
nächsten Monaten zeigen.
Schulz-Jodexnis:
Der Vertrieb kann sich mit die-
sem Thema auch breiter aufstellen. Wir werden
das Crowdinvesting als Vertriebsform auch auf-
nehmen. Man kann auch eine elektronische
Zeichnung anbieten. Warum denn nicht? Es
muss allerdings die Pflicht zur Dokumentation
und zur Einholung von Informationen eingehal-
ten werden. Berater dürfen zu dem Angebot
nicht beraten, und Anleger dürfen nicht dazu
verleitet werden, Informationen zurückzuhalten,
damit sie ein Produkt online zeichnen können.
Endlweber:
Passt die Digitalisierung zur
Altersstruktur des Vertriebs? Herr Bauer, Sie
haben vorhin von der Überalterung des Ver-
triebs berichtet? Können die „alten Hasen“
mit der Digitalisierung mithalten?
Bauer:
Die Digitalisierung ist Fortschritt, der
sich in einem freien Markt nicht aufhalten lässt.
Er wird kommen. Wir haben aber zwischen der
neuen und alten Welt einen Widerspruch. Der
klassische Vertrieb ist darauf angewiesen, dass
er die Provision auch über das Agio bekommt,
weil er einen entsprechend hohen Aufwand
betreibt. Im Internetvertrieb wird in der Regel
auf das Agio verzichtet, deshalb scheuen ihn die
traditionellen Emissionshäuser, weil dann mög-
licherweise der freie Vertrieb verloren geht. Das
ist eine Marktphase, die vielleicht noch vier, fünf
Jahre andauert, bis die Digitalisierung einen grö-
ßeren Raum im Markt einnimmt. Dann wird es,
glaube ich, neue Wege geben, die auch der freie
Vertrieb nutzt. Aber wir sind traditionell stark
über den freien Vertrieb, und imAbsatz würden
wir uns echt schwertun, wenn wir auch mit
Agio-Nachlass arbeiteten.
Schulz-Jodexnis:
Technologie hat nicht zwangs-
läufig einen Agio-Nachlass zur Folge. Der Ver-
trieb geht auch mit Agio, er muss dafür die Ab-
satzwege finden. Die Qualität und Performance
der Produkte wird ausschlaggebend dafür sein,
wie der Verbraucher sie bewertet. Das gilt auch
für die Crowdinvestments, und das ist im Übri-
gen auch bei den offenen Fonds so. Deshalb ist
die Kommunikation über die Vorteile der Regu-
lierung für die Anleger und über die Qualität der
Produkte ein wichtiger Ansatz, um wieder mehr
Umsatz zu machen.
Steffen Katelhoen, Schmidtner GmbH: „Die AIF werden sich
weiter positiv entwickeln, davon bin ich überzeugt – eben
wegen solcher Fälle, in denen die KVG eingreift.“
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www.fondsprofessionell.de| 1/2017
roundtable I
sachwer te
Fotos: © Christoph Hemmerich
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Ich sehe sehr viel Entwicklungs-
potenzial für das Plattform-
geschäft. Da gibt es eine große
Spielwiese, um zusammenzu-
arbeiten, sowohl auf Produkt-
als auch auf Vertriebsseite.
«
Simon Brunke, Exporo