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der Bestands- und Kundenpflege betreibt und

Geschäft macht. Aber die Breite des Vertriebs

fehlt. Der Markt ist ein wenig entkoppelt –

genauso wie Herr Böcher gesagt hat: Emittenten

haben gute Produkte, aber keine direkten End-

kunden, und sind auf Banken, Pools und Ein-

zelberater angewiesen. Die Anforderungen an

den Einzelmakler, aktiv Beratung zu betreiben,

die sich wirtschaftlich noch lohnt, sind so stark

gestiegen, dass der normale Verkäufer zuneh-

mend wegfällt. Deswegen fehlt die Kommu-

nikation zum Endkunden, um ein Produkt zu

platzieren. Und primär haben die Banken die

breite Masse der Anleger, allerdings haben sie

sich zurückgezogen. Das ist ein Problem. Ein

neuer Ansatz ist die Digitalisierung, um die

Kunden schneller und transparenter anzu-

sprechen.

Soltau:

Ich sehe in der Digitalisierung ein Pro-

blem beziehungsweise ein Risiko. Es ist zu

leicht, das Geld zu investieren, ohne dass der

Kunde ausreichende Überlegungen anstellt.

Denn das Geld ist mit nur ein paar Klicks

schnell investiert. Eure Aufgabe ist es, den Kun-

den zu informieren und zu sagen, dass das alles

nicht risikolos ist, sondern auch entsprechende

Risiken dahinter liegen.

Brunke:

Definitiv. Die Frage ist generell,

wie die Zukunft aussieht. Es wird alles

online verfügbar und im Internet vergleich-

bar sein. Aber ob der Endverbraucher das

wirklich beurteilen kann, weiß ich nicht. Die

Digitalisierung geht nur in bestimmten

Grenzen, und deshalb glaube ich an die

Beratung. Es entwickelt sich ein hybrider

Vertrieb, der zwar sehr stark digitalisiert ist,

aber nach wie vor Ansprechpartner für die

Kunden anbietet. Denn alles über technische

Abfrage-Algorithmen abzubilden dürfte

extrem schwierig sein.

Soltau:

Ich gehe davon aus, dass wir in

Deutschland von mündigen Anlegern spre-

chen. Die Kunden müssen in die Verant-

wortung genommen werden – und nicht nur

der Vertrieb. Man kann schon einschätzen,

ob eine Immobilie mit acht Prozent Rendite

realistisch ist oder nicht. Das ist heutzutage

im Internet relativ schnell nachvollziehbar.

Natürlich sind die höheren Renditen ver-

lockend, und die Kunden entscheiden sich

tendenziell für sie. Allerdings gibt es da

Unterschiede: Bei 4,5 und fünf Prozent im

Angebot wählt der Kunde die fünf Prozent,

bei fünf oder zwölf Prozent entscheidet er

sich für die fünf Prozent, weil er sehr wohl

aus der Vergangenheit gelernt hat.

Endlweber:

Braucht der Vertrieb mehr Pro-

visionen als Verkaufsanreiz?

Soltau:

Ich glaube nicht, dass der Vertrieb mehr

Provision will, obwohl die Vergütungen in den

vergangenen Jahren deutlich gesunken sind. Ich

bin auch ein großer Verfechter der Bestandspro-

vision. Ich würde mich freuen, wenn wir sie im

AIF-Bereich einführen könnten, weil man mit

dem Kunden eine ganz andere Basis hat. Ent-

scheidend ist dabei: Ich habe als Vertrieb, und

das vergessen viele, sehr viel Arbeit mit dem

Kunden nach der Zeichnung. Deswegen wäre

eine Bestandsprovision gut.

Schulz-Jodexnis:

Ich finde es gut, wenn ein

Kunde betreut und der Berater dafür entlohnt

wird. Vielleicht sollte der Vermittler lernen, sich

die Abschlussprovision einzuteilen.

Bauer:

Die Bestandsprovision geht auf die

Rendite. Wenn ich 0,2 oder 0,3 Prozent laufend

bezahle, bekommt der Anleger entsprechend

weniger.

Böcher:

Aber am Anfang habe ich weniger

Kosten und ein höheres Investment, also bei-

spielsweise 95 Prozent Investitionsquote statt

88 Prozent. Dadurch steigt die Rendite.

Schulz-Jodexnis:

Neben der Rendite ist die Lauf-

zeit eines der beliebtesten Themen. Ich glaube,

dass viele Assets – auch schlechte Assets – auf

den Markt kommen, weil sie sich über die kurze

Laufzeit hineinmogeln mit dem Anschein, dass

sie etwas können, was andere aus guten Grün-

den nicht können. Damit gewinnt man den Ver-

trieb, der kurze Laufzeiten gut verkaufen kann.

Und dann wird daran gearbeitet, dass das Pro-

dukt seriös wird. Der Vertrieb bekommt, was

dem Kunden gefällt, und wird hinterher wieder

enttäuscht sein. Deswegen sind die Botschaften,

die wir versenden, so wichtig: Es gibt gewisse

Dinge, die gehen nicht. „Ohne Risiko viel

Rendite“ gibt es nicht.

Böcher:

Die Aufgabe des Vertriebs muss sein,

sich darüber zu informieren. Kann es sein, dass

man etwa bei Rekordpreisen für Schiffe weiter-

hin Schiffsfonds wie bisher macht? Da muss der

Vertrieb sensibilisiert werden, dass er nicht alles

glaubt, was von den Emissionshäusern kommt.

Schulz-Jodexnis:

Der Asset Manager als Fach-

mann sollte sich die Frage stellen, ob er das

Schiff überhaupt noch anbieten darf. Es geht

doch nicht darum, ob sich der Vertrieb von ihm

überzeugen lässt.

Endlweber:

Sie meinen, dass der Vertrieb

auch Nein sagen muss?

Böcher:

Der Vertrieb muss auch Nein sagen

können. Auch wenn der Kunde sagt, dass er die-

ses Produkt gern hätte, müsste der Berater so

weit sein, ihm Argumente zu liefern, warum er

das Investment jetzt nicht tätigen sollte – weil

die Zeit nicht die richtige ist oder weil das Pro-

dukt nicht passt.

Achim Bauer, Flex Fonds: „Bei einem AIF ist der wesentliche

Unterschied zu früher, dass heute der Produktgeber seine

Asset-Kompetenz unter Beweis stellen muss.“

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| 1/2017

roundtable I

sachwer te

Fotos: © Christoph Hemmerich

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Im Dezember haben wir

gesehen, wie sich eine KVG

extrem gegen das Fonds-

management aufgelehnt und

gewonnen hat. Das hätte es vor

zehn Jahren nicht gegeben.

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Steffen Katelhoen, Schmidtner GmbH