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www.fondsprofessionell.de

| 1/2017

unser Geschäft weiterhin zyklisch bleibt. Es

wird wieder einen Abschwung geben.“

Wohnen wird immer teurer

Im Wohnungsmarkt ist das Investitionsvo-

lumen im direkten Vergleich der Jahre 2015

und 2016 um 46 Prozent auf 13,7 Milliarden

Euro eingebrochen. Allerdings war das Jahr

2015 von einigen großen Portfoliotransaktio-

nen geprägt, die nicht jedes Jahr stattfinden.

Deshalb befanden sich die Investitionen vori-

ges Jahr letztlich auch auf einem hohen Ni-

veau. Ein Fünftel der Investitionen erfolgte in

Berlin, Frankfurt als Zweitplatzierter kam nur

auf 790 Millionen Euro. Ein 2016 gehandeltes

Wohnungsportfolio bestand im Schnitt aus et-

wa 360 Einheiten. Laut JLL ist das der dritt-

niedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre.

Außerdem ist der durchschnittliche Preis auf

100.000 Euro pro Wohnung gestiegen. „Dafür

verantwortlich sind maßgeblich die Verkäufe

von höherwertigen Portfolios und zahlreicher

Projektentwicklungen in Kombination mit

dem beschleunigten Preisanstieg in den Me-

tropolen“, so JLL im Jahresrückblick.

Sorgenfalten bereitet einigen Marktbeob-

achtern die Frage, ob der Boom der vergan-

genen Jahre nicht zu einer Immobilienblase

geführt hat – zumindest partiell. Entsprechen-

de Diskussionen haben in den vergangenen

Wochen Fahrt aufgenommen, nachdem der

Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) sein

Frühjahrsgutachten präsentiert hatte. Darin

heißt es: „Die derzeit geforderten

Kaufpreise stehen, insbesondere in

Berlin und München, in keiner

sinnvollen Relation mehr zu den

Rahmenbedingungen.“ In den

Preisen seien signifikante Miet-

steigerungen eingepreist, mit de-

nen gerade in diesen beiden Städ-

ten nicht zu rechnen sei. „Für Ber-

lin gilt: ‚The party is over‘“, meint

Harald Simons vom Beratungs-

unternehmen Empirica, einer der

Studienautoren.

Wächst eine Blase?

Das Gutachten wurde von vie-

len Marktteilnehmern heftig kriti-

siert. „Es kann doch nicht sein,

dass die Preise in Berlin oder

München in der Masse zu hoch

sind. Wir sind im internationalen

Vergleich einfach verwöhnt von

niedrigen Immobilienpreisen in

Deutschland“, sagt Kurt Zech,

Deutschlands größter Projektentwickler. Die

Analysefirma Bulwien-Gesa hält moderate

Rückgänge in den kommenden Jahren zwar

für „nicht unwahrscheinlich“, sie glaubt aber

nicht an Preiseinbrüche von bis zu einem

Drittel. Kritiker der Blasentheorie entgegnen,

dass die Immobilien nicht spekulativ gekauft

werden, es fehle also das spekulative Element.

Außerdem gebe es keine leichtfertige Kre-

ditvergabe.

Das wirft die Frage auf, wann und unter

welchen Umständen aus einer Überhitzung

eine Blase entsteht. Kein Problem sind hohe

Preise bei selbst genutzten Immobilien, die

ohne Mieten auskommen und nur mit Eigen-

kapital finanziert sind. Kredite sind jedoch

aufgrund der historisch günstigen Zinsen sehr

attraktiv, weshalb sich Käufer rechnerisch

teurere Immobilien leisten können. Hält sich

der Hebel, also die Fremdkapitalquote, in

Grenzen, ist das wahrscheinlich noch kein

Problem. Höhere Fremdfinanzierungen kön-

nen aber bei steigenden Zinsen ins Wanken

geraten. Das gilt vor allem für vermietete

Immobilien, wenn steigende Zinsausgaben

mit stagnierenden Einnahmen bedient werden

müssen. Diese Entwicklung potenziert sich

bei sinkenden Mieten und geringeren persön-

lichen Einkommen der Eigentümer.

Mieten halten nicht mit

Fakt ist: Die Kaufpreise sind den Mieten

davongelaufen, obwohl die Mieten in den

Großstädten wie Hamburg, München, Köln,

Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig

voriges Jahr im Schnitt um acht Prozent und

in Berlin sogar um zwölf Prozent gestiegen

sind. In der langfristigen Betrachtung haben

sich die Kaufpreise in München und Berlin

seit 2004 mehr als verdoppelt, während die

Angebotsmieten im selben Zeitraum „nur“

um 57 beziehungsweise 69 Prozent zunahmen

(siehe Grafik). Allerdings glaubt JLL, dass die

Preise wegen der hohen Nachfrage und des

geringen Neubaus auch mittelfristig nicht fal-

len werden.

Anfang März rechnete die

Commerzbank aus, dass die

Hauspreise inzwischen im

Schnitt um zehn Prozent über

den „fairen Preisen“ liegen

und deshalb überbewertet sind.

Für die Berechnung wurden die

Häuserpreise in Beziehung zu den

Einkommen der privaten Haus-

halte, den Zinsen, den Baukosten

und zur demografischen Entwick-

lung gesetzt. „Umso länger der

Boom anhält, desto größer wird

die Gefahr, dass es zu massiven

Übertreibungen kommt, deren

Korrektur die deutsche Wirtschaft

stark belasten würde“, meint

Commerzbank-Analyst Marco

Wagner. Seiner Meinung nach

könne nur ein spürbarer Anstieg

der Zinsen den Boom beenden.

Der sei aber nicht in Sicht.

ALEXANDER ENDLWEBER |

FP

sachwerte I

immobilien

Foto: © Pressebild.de_Bertold Fabricius

Kurt Zech, Zech Group: „Wir sind im internationalen

Vergleich verwöhnt von niedrigen Immobilienpreisen.“

Preisentwicklung für Wohnungen 2004 bis 2016

In den deutschen Großstädten sind die Kaufpreise in den vergangenen zwölf Jahren stär-

ker gestiegen als die Mieten. Einzige Ausnahme ist Leipzig.

Quelle: JLL Germany | Januar 2017

-20 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Köln

Leipzig

Frankfurt

Düsseldorf

Hamburg

Stuttgart

München

Berlin

Angebotsmiete

Kaufpreis

Differenz

p

Kauf reis

115

%

g

An ebotsmiete

69

%

Differenz

46

%

p

Kauf reis

56

%

g

An ebotsmiete

26

%

Differenz

30

%

Diff.

–23

%