FONDS professionell Österreich, Ausgabe 2/2021

Umfrage unter Private-Banking-Anbietern | 2021 Gibt es eine klare Strategie, um die Erbengeneration frühzeitig abzuholen? Wann wird das Thema angesprochen? Arbeiten Sie bei diesen Themen mit qualifizierten Netzwerk- partnern zusammen? Wie funk- tioniert die Zusammenarbeit? Werden Berater zu den Themen speziell geschult beziehungs- weise gibt es eigene Ausbildungen? Bei wie vielen Ihrer Kunden kennt beziehungsweise arbeitet der Berater bereits mit der nächsten Generation? Jürgen Brockhoff, BTV, Leiter Geschäftsbereich Kunden Als Finanzexperte begleitet die BTV seit Jahrzehnten Familien über Generatio- nen hinweg, wodurch sich meist auch ein enger Kontakt mit der Nachfolge- generation ergibt.Wir bieten unseren Kunden in Form von Beratung und Ver- anstaltungen die Möglichkeit, sich um- fassend mit demThema „Vermögen weitergeben“ zu beschäftigen. Gleich- zeitig erhalten auch die Kinder unserer Kunden schon frühzeitig imRahmen vonWorkshops die Gelegenheit, in das Thema Finanzen einzutauchen. Als „Vier Länder Bank“ hat die BTV in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Italien ein breites Netzwerk von Rechtsanwälten und Notaren an der Hand. So können wir je nach Anlie- gen den richtigen Netzwerkpartner empfehlen und stellen gern einen kostenlosen Erstkontakt zwischen Partner und Kunden her. Gleichzeitig ist uns eine Bewahrung der Auto- nomie unserer Partner sehr wichtig. In der BTV steht eine gesamthafte Betreuung im Mittelpunkt, und dazu zählt auch das fundierte Wissen über die Möglichkeiten der Vermögenswei- tergabe. Im Rahmen der Ausbildung werden daher die Themen „Erben und Vererben“ ausführlich behandelt. Die BTV sieht sich bei der Vermö- gensweitergabe als Ratgeber, und Kunden profitieren zusätzlich von der Expertise unserer Netzwerkpartner. Bei langjährigen, vertrauensvollen Kundenbeziehungen ergibt es sich oft von selbst, dass der Betreuer auch die Kinder unserer Kunden kennen- lernt. Auch wenn wir hier keine genaue Zahl nennen können, so dürfen wir schon sagen, dass dies im Private Banking aufgrund unseres Ansatzes in den letzten Jahren der überwiegende Teil ist. Maximilian Clary und Aldringen, Erste Bank, Leiter Private Banking Wir haben eine klare Strategie in Bezug auf die Ausbildung der Mitarbeiter und wie wir unsere Kunden in diesen Phasen beraten wollen. Unser Ansatz ist ein sehr individueller, der maßge- schneidert auf die spezielle Situation des Kunden zur Anwendung kommt. Prinzipiell raten wir unseren Kunden aber, sich mit demThema frühzeitig auseinanderzusetzen, und bieten auch aktiv an, die Erbengeneration in den Prozess einzubinden. Wir haben hoch qualifizierte Netz- werkpartner, die wir unseren Kunden weiterempfehlen. Es handelt sich hierbei um einen Zusatzservice im Rahmen unserer allgemeinen Bera- tungsleistung, den wir weder unseren Kunden in Rechnung stellen noch etwas an den Netzwerkpartnern ver- dienen. Wir können hier im Auftrag des Kunden als Bindeglied zwischen den Parteien agieren. Wir legen großen Wert auf die Aus- bildung zum Thema Erben und Ver- erben. Erbrecht und Stiftungsrecht sind Teil der Standard-Private-Ban- king-Ausbildung bei uns. Weiters bilden wir ausgewählte Berater und Führungskräfte in Kooperation mit incite* zum „zertifizierten Übergabe- berater“ aus. Es handelt sich um eine Ausbildung über 5 Module, die wirt- schaftliche, rechtliche, steuerliche sowie emotionale Aspekte des Über- gabeprozesses abdeckt. Wir betreuen viele Familien im Verbund, d. h. über die Generationen hinweg, teilweise schon in 3. und 4. Generation. Insofern kennen die Berater zu einem überwiegenden Teil auch die Erben beziehungsweise die Nachfolger in Familienunternehmen und arbeiten auch mit vielen von ihnen zusammen. Trotzdem bleibt das Thema sehr sensibel, und unsere Kunden haben hier sehr unterschied- liche Zugänge und Bedürfnisse. Wilfried Amann, Hypo Vorarlberg, Vorstand Wir haben erkannt, dass hier Bedarf besteht, und sind dabei, diesen Bereich auszubauen. Die Berater der Hypo Vorarlberg sprechen das Thema frühzeitig an, da es zu einer vernünf- tigen ganzheitlichen Beratung einfach mit dazugehört. Im Private Banking sind unsere Kunden in der Regel bereits etwas älter, aber auch für jüngere „Häuslebauer“ beziehungs- weise einen jungen Familienvater ist dieses Thema durchaus wichtig. Wir arbeiten mit örtlichen Rechts- anwälten und Notaren zusammen und wollen unser Netzwerk künftig noch erweitern. Die Vermittlung der Kontakte ist kostenlos: Wir sehen es als Dienstleistung für unsere Kunden und sogar als unsere Pflicht an, die- se Themen aktiv anzusprechen. Viele Kunden haben hier eine moralische Hemmschwelle und sind froh, wenn der Impuls von der Bank ausgeht. Eine Weiterbildung mit diesem The- menfokus ist in Planung. Diese bein- haltet zwei Teilbereiche – den rechtli- chen und den zwischenmenschlichen Part. Im Gespräch sind besonders viel Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt. Die Ausbildung erfolgt inner- halb der Bank mit externen Experten. Da wir im Dreiländereck internatio- nale Kunden haben, gibt es Berater, die eine Ausbildung zum Genera- tionenberater oder zur Vermögens- nachfolge gemacht haben. Das lässt sich nicht genau quantifi- zieren und ist vom Kundensegment abhängig: Je intensiver die Kunden- beziehung zu den Eltern ist, desto besser kennt der Berater auch die Kinder, oder wir stehen auch schon in Geschäftsbeziehung mit der jün- geren Generation. Es werden immer mehr Kunden, und das ist wichtig. Elke Willi, LGT Bank Österreich, Head Wealth Planning Unsere Eigentümerin, die Fürstliche Familie, hat mit einer mehr als 900- jährigen Geschichte große Erfahrung im langfristigen Erhalt von Vermögen über Generationen. Das Thema Vermögens- weitergabe ist Teil einer klaren Strate- gie des langfristigen Beziehungsauf- baus zu unseren Kunden und deren Nachfolgern. Unsere Kundenbetreuer sprechen dieses Thema zum passen- den Zeitpunkt aktiv an, umKunden zu sensibilisieren und sie bei der Nach- folgeplanung zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern erfolgt mit unseren lang- jährigen und renommierten Netz- werkpartnern – sehr gern stellen wir hier unsere Kontakte zur Verfügung, übernehmen die Koordination und unterstützen auf Wunsch auch in der weiteren Betreuung. Die Dienstleis- tung wird von uns im Rahmen der Kundenbeziehung zur Verfügung gestellt, Erstkontakte bei Netzwerk- partnern sind meist Teil des Kunden- service. Unsere Kundenbetreuer werden regelmäßig in speziellen Schulungen und Updates zu diesen Themen, ins- besondere seitens Wealth Planning, geschult. Sie können außerdem jederzeit auf die Expertise des Wealth Planning zurückgreifen. Dies ist auch Teil des Onboarding-Prozesses neuer Kollegen. Aufgrund der langjährigen Geschäfts- beziehungen, die wir hier mit unseren Kunden pflegen, besteht bei einem wesentlichen Teil der Kunden bereits Kontakt zur Nachfolgegeneration. Zusätzlich runden wir unsere Wealth- Planning-Dienstleistungen durch entsprechende Events zum Thema Nachfolge, Vermögensstrukturierung und Stiftungen, Family Governance sowie mit einem NextGen-Programm ab. SPEZIAL | ERBEN & VERERBEN Private Banking 202 fondsprofessionell.at 2/2021 FOTO: © MARTIN VANDORY, ERSTE BANK, HYPO VORARLBERG, LGT

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