Im Streit, ob neben den Versicherungsvermittlern (Agenten, Makler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten) auch die Vermögensberater eine unbegrenzte Nachdeckung bei ihrer Berufshaftpflicht brauchen, sagen sowohl Wirtschaftsministerium als auch Wirtschaftskammer (WKÖ) eindeutig "Nein". Vermögensberater seien von der jüngsten gesetzlichen Änderung nicht betroffen – zumindest sofern sie nicht auch parallel ein separates Gewerbe als Makler oder Agent angemeldet haben. Für diese Gewerbe ist eine zeitliche Begrenzung der Nachhaftung künftig nicht mehr erlaubt.

Die Klarstellung durch Ministerium und Kammer dürfte für Erleichterung bei etlichen Vermögensberatern sorgen, die in den vergangenen Tagen durch das Mail eines Anbieters verunsichert wurden: Der deutsche Haftpflichtversicherer "for broker" hatte mit Verweis auf die neue Gesetzeslage (Änderung der Gewerbeordnung 1994, GewO) auch die Vermögensberater unter seinen österreichischen Kunden aufgefordert, sich unbegrenzte Nachdeckung zu besorgen, sofern sie Unfall und Leben vermitteln. Gegenüber FONDS professionell ONLINE hatte for broker das damit begründet, dass es eine rechtliche Grauzone gebe.

"Es gibt da keinen Graubereich"
Thomas Moth, Geschäftsführer des Fachverbands der Finanzdienstleister in der WKÖ, zeigt sich über die dadurch entstandene Verwirrung wenig amüsiert: "Es gibt da keinen Graubereich. Das ist eindeutig und wasserfest", so der Jurist, der sich selbst bei der Entwicklung des Gesetzestextes eingebracht hat.

Hintergrund ist die im Dezember veröffentlichte Versicherungsvermittlungsnovelle 2018, die unter anderem auch die Gewerbeordnung (GewO) bezüglich der Haftpflicht novelliert. Allerdings eben nur für die Versicherungsvermittler: Auf sie zugeschnitten wurde noch gegen Ende des Gesetzgebungsprozesses folgender Satz in die Novelle eingefügt: "Für Versicherungsvermittler, die eine Berechtigung gemäß § 94 Z 76 besitzen, ist eine zeitliche Begrenzung der Nachdeckung des Versicherers für die Berufshaftpflichtversicherung unzulässig" (§ 137c Abs. 1). Die Vermögensberater hingegen sind in der GewO extra unter § 94 Z 75 angeführt.

Ministerium: Vermögensberater "eben nicht" mitgemeint
Sie sind damit "eben nicht" betroffen, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Außerdem habe man dies auch for broker mitgeteilt, so der zuständige Ministerialbeamte gegenüber FONDS professionell ONLINE.

Sven Ratzke, Geschäftsführer von for broker, entgegnet, die Antwort aus dem Ministerium sei nicht endgültig und eindeutig genug gewesen. Aus der Sicht Ratzkes stellt das Gesetz jene Vermögensberater, die Leben/Unfall vermitteln, den Vermittlern gleich. Dafür führt er § 136a Abs. 2 der GewO in der Fassung von 1994 an. Darin heißt es, Vermögensberater, die Lebens- und Unfallversicherungen vermitteln, unterliegen "den Bestimmungen der §§ 137 bis 138 und den sonstigen Bestimmungen betreffend Versicherungsvermittlung".

"Nichts daran zu rütteln"
Finanzdienstleister-Chef Moth äußert Unverständnis darüber, dass man die neue – ausdrücklich nur für Vermittler eingefügte – Nachdeckungs-Regel in § 137c nun unter diesen Vorzeichen interpretiert. Wenn die Absicht des Gesetzgebers nicht von vorn herein klar sein sollte, dann könne man diese Sicht von for broker noch aus vielen weiteren Perspektiven widerlegen, so Moth. "Zum Beispiel, dass das speziellere Gesetz das allgemeine verdrängt und das spätere das frühere. Es gibt daran nichts zu rütteln", so Moth. Die Vermittler hätten die unbegrenzte Nachdeckung erhalten, weil diese sich dafür bewusst entschieden hätten. "Jede Berufsgruppe muss hier für sich sprechen", so Moth.

Die Ansichten über den Sinn einer verpflichtenden ewigen Nachdeckung sind höchst geteilt, erfährt man auf Nachfrage. Die einen sagen, die Pflicht sei sowohl ein Qualitätsmerkmal (nach außen) als auch eine Selbstschutzmaßnahme für die vielen kleineren Anbieter, die sich möglicherweise sonst nicht dazu durchringen würden. "Goldplating" sagen hingegen die anderen, die lieber auf Freiwilligkeit setzen.

Dolzer: "Jeder sollte das selbst entscheiden"
Auch Hannes Dolzer, Obmann des Finanzdienstleister-Fachverbandes, erklärt, dass es aus Sicht der Vermögensberater gute Gründe für ein Weiterbestehen der Freiwilligkeit gibt. "Nur ein Beispiel: Wir haben zahlreiche Kapitalgesellschaften. Diese sind den Haftungsrisiken anders ausgesetzt als eine Personengesellschaft. Bei einer Kapitalgesellschaft haftet man mit dem eingesetzten Kapital, bei Personengesellschaften auch mit dem Privatvermögen. Jeder Betrieb soll so etwas selbst entscheiden können", so Dolzer. Als Empfehlung sei eine unbegrenzte Nachdeckung sicher gut. Es sei aber nicht sinnvoll, von vornherein eine neue Verpflichtungen zu schaffen, die alle trifft aber für viele nicht nötig ist, sagt er.

Die Frage ist nun, wie for broker nach Ablauf der vorgesehenen Nachweis-Frist für die ausreichende Nachdeckung vorgeht. Ab 28. Jänner 2020 müssten Personen, die nicht gesetzeskonform nachgedeckt sind, der Behörde gemeldet werden. Sven Ratzke sagt, er hoffe, "spätestens Januar 2020 Klarheit in dieser Frage" zu haben und dass bis dahin "eine verbindliche Aussage der zuständigen Behörden vorliegt." (eml)