FONDS professionell hat Peter Eichler und Manfred Bartalszky, Vorstände der zwei größten Lebensversicherungen Österreichs zum Gespräch gebeten, um über die Zukunft der Sparte zu sprechen. Beide übten im Interview Kritik am mangelnden politischen Vorsorgebewusstsein: "(…) man muss auch sagen: Wir haben in Österreich kein Umfeld für private Vorsorge, das vom Staat gewollt und gefördert wird. Der Bedarf an Pensionsvorsorge wäre eigentlich so groß wie nie zuvor. Die langfristige Entwicklung der Lebensversicherung wird auch von staatlichen Initiativen abhängen", so Uniqa-Vorstand Eichler.

Er fordert, dass zur Stützung der zweiten Säule (betriebliche Vorsorge) etwa die Schwelle von 300 Euro jährlich hinaufgesetzt wird, bis zu welcher die die Arbeitgeber zur Zukunftssicherung der Mitarbeiter steuerfrei zuschießen können. Das Limit ist seit 1975 unverändert. "Das ist ein lächerlicher Betrag. Da waren wir nicht erfolgreich bei der Politik. Es wäre ein wesentlicher Schlüssel, da etwas zu bewegen", so Eichler.

Änderungen bei PZV gefordert
Was die dritte Säule (private Vorsorge) betrifft, müsse es Änderungen bei der Prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (PZV) geben, aus der in den vergangenen Jahren bis auf vier Anbieter alle Unternehmen ausgestiegen sind – auch die Uniqa ist nicht mehr dabei. "Wir sind gezwungen, de facto ausschließlich an der Wiener Börse zu investieren. Das ist nicht optimal für die Streuung und den Risikoausgleich. Zweitens müssen die teuren Garantien gelockert werden", so Eichler.

Im Unterschied zur Uniqa zählt die Wiener Städtische zu den wenigen verbliebenen PZV-Anbietern. Vorstand Bartalszky betonte, dass die PZV die Rolle einer Basisabsicherung erfülle. "Europa wollte mit dem PEPP (Pan-European Personal Pen­sion Product) ein Basisprodukt einführen, das aber unter anderem wegen der Inflationsabdeckung und des Kostendeckels ein Rohrkrepierer wurde. Österreich hat in Wahrheit genauso ein nationales Produkt, nämlich die PZV. Man müsste nur ein, zwei Veränderungen vornehmen, um es breiter aufzustellen. Wenn wir nur eine 80-prozentige Garantie bieten müssen, können wir die Performance über die Fondsentwicklung hereinholen", so Bartalszky.

"Dann steht man beim Thema Altersarmut"
Er warnte die Politik davor, sich weiter hauptsächlichen auf die erste Säule (staatliche Pension) zu konzentrieren: "Das Umlagesystem kann sich immer schwerer finanzieren. Irgendwann wird es eine Pensionsreform geben. Dann steht man beim Thema Altersarmut. Es ist jetzt an der Zeit, das in den Griff zu kriegen", so der Wiener-Städtische-Vorstand.

Angesprochen auf den grünen Koalitionspartner, der in der Regierung als Verhinderer zahlreicher vorsorgerelevanter Maßnahmen gilt, hob Bartalszky die Stellung der Versicherungen als Finanzierer der grünen Wende hervor: "Ich verstehe, dass die politische Agenda eine Rolle spielt. Auf der anderen Seite wollen die Grünen die Energiewende finanzieren. Das könnte man mit uns als Branche gut machen, weil wir viel Geld investieren. Wenn man in der 'Green Finance Agenda' stehen hat 'Kapital sammeln', dann soll die Politik auch die Rahmenbedingungen dafür setzen und die Möglichkeit schaffen, zum Beispiel in Green Bonds zu investieren", so der Wiener-Städtische-Vorstand.

Gegen Benchmarking
Vehement sprachen sich beide Versicherungsexperten gegen das von der EU-Kommission in der Retail Investment Strategy (RIS) geplante Benchmarking aus. Laut dem Vorschlag müssten Produkthersteller ihre Angebote vor Vermarktung an einer solchen Benchmark messen und sich bei Preisüberschreitung gegenüber dem Regulator rechtfertigen. "Es ist nicht Aufgabe der Behörden, so in den Wettbewerb einzugreifen. Das soll der Markt regeln, und das tut er auch", sagte Uniqa Vorstand Eichler. Wiener-Städtische-Kollege Bartalszky äußerte auch Bedenken, weil diese Richtschnur dem komplexen Markt nicht gerecht werde: "Es ist ein Eingriff in den Wett­bewerb auf einem Markt mit sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen", sagte er. (eml)


Das gesamte Interview lesen Sie in der aktuellem Heftausgabe 4/2023 von FONDS professionell ab Seite 160 oder im E-Magazin. Darin äußern sich die Versicherungsvorstände auch zur Zinszusatzreserve und zu den Gewinnbeteiligungen.