Mit viel Verspätung ist einer der letzten Schritte in der Umsetzung der Vesicherungsvertriebsrichtlinie IDD gesetzt worden: Die Standesregeln für die gewerbliche Versicherungsvermittlung wurden im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Ihre Begutachtung hatte bereits im Jänner geendet – und das war schon eine Verzögerung, denn die IDD sollte bereits seit Oktober 2018 nationales Recht sein.

In den vom Wirtschaftsministerium ausgegebenen Standesregeln werden die verpflichtenden Verhaltens-, Informations- und Dokumentationsregeln gemäß EU-Richtlinie für den gewerblichen Vertrieb definiert. Für die Versicherungsunternehmen und deren angestellten Vertrieb definiert bereits seit Oktober 2018 das Versicherungsaufsichtsgesetz die Spielregeln.

Klar angeben, ob man Makler oder Agent ist
Unter anderem ist in den Standersregeln festgehalten, wie die Vermittler mit der neu eingeführten Trennung zwischen Makler und Agent umgehen müssen. In welcher Form man auftritt, muss deutlich sichtbar in allen Schriftstücken dargestellt werden. Vermögensberater, die das Recht zur Versicherungsvermittlung auf Grund einer Berechtigung zur Gewerblichen Vermögensberatung (§ 94 Z 75) besitzen, müssen deutlich darauf hinweisen, dass sie Lebens- und Unfallversicherungen vermitteln dürfen und ob sie diese als Agent oder Makler anbieten.

Rechtzeitig bevor der Kunde die Vertragserklärung abgibt, muss der Vermittler zahlreiche Daten offenlegen, darunter auch die Art der erhaltenen Vergütungen (§ 1, Abs. 9 (9)) . Generell sind die Versicherungsvermittler verpflichtet, den Kunden eine persönliche Empfehlung zu geben. Sie müssen erläutern, warum ein ganz bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht (§ 3, Abs. 2).

Ausnahme für Agenten bei der Empfehlung
Ausnahmen von dieser persönlichen Empfehlungspflicht eines konkreten Produktes bestehen für Versicherungsagenten; nämlich dann, wenn der Kunde explizit den Abschluss eines bestimmten Vertrages wünscht und er nach einer entsprechenden Warnung durch den Agenten auf eine Beratung verzichtet. Der Vermittler darf dabei den Kunden nicht zum Beratungsverzicht veranlassen. (Abs. 3)

Alle Vermittler müssen – egal, ob eine Beratung erfolgt oder nicht – "dem Kunden in verständlicher Form die relevanten Informationen über das Versicherungsprodukt zu erteilen, um diesem eine wohlinformierte Entscheidung zu ermöglichen, wobei die Komplexität des Versicherungsprodukts und die Art des Kunden zu berücksichtigen sind“. (§ 3, Abs. 6).

Querverkäufe – Genaue Info erforderlich
Bei Produktkombinationen beziehungsweise Angeboten, wo ein Versicherungsprodukt mit einem Nebenprodukt verkauft wird, muss der Vermittler informieren, ob die einzelnen Bestandteile getrennt erworben werden können und es ist für jeden Bestandteil ein Nachweis über Kosten und Gebühren nötig. (§ 6)

Wer Produkte selbst konzipiert, muss ein Produktgenehmigungsverfahren aufstellen, das sicherstellt, dass der Vertrieb nur an Personen im entsprechenden Zielmarkt geschieht. (§ 7, Aufsichts- und Lenkungsanforderungen).

Anlageprodukte extra geregelt
Ebenso wesentlich sind die zusätzlichen Anforderungen beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten ( § 8 ff). Anders als im Rest des Gesetzestextes ist bei den Anlageprodukten mehrfach verlangt, dass die Vermittler ihre Maßnahmen sowohl auf Kunden als auch auf potenzielle Kunden anwenden.

Es müssen organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen getroffen werden, durch die schädliche Interessenskonflikte erkannt und verhindert werden. Könnte ein Interessenskonflikt auftreten, muss das dem Kunden vor Vertragsabschluss mitgeteilt werden.  (§ 8). In punkto Kundeninformation muss ein Berater mitteilen, ob er die Eignung des Anlageproduktes regelmäßig beurteilt. Die Kosten und Gebühren müssen aggregiert dargestellt werden. Wenn der Kunde es will, müssen diese nach Posten aufgeschlüsselt werden.

Die in den Standesregeln enthaltenen Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten waren davor in der Gewerbeordnung verankert (§§ 137 f bis h), wo sie aber seit Ende Jänner 2019 außer Kraft sind. Nun gibt es keine Unklarheiten mehr über die Regelungen. 

Lehrpläne fehlen noch
Nun fehlen noch die Lehrpläne. Im Mai hatte das Wirtschaftsministerium gegenüber FONDS professionell ONLINE angegeben, dass diese nach den Standesregeln veröffentlicht werden sollen. Damit sind die Vermittler seit mittlerweile einem halben Jahr zu Schulungen im Umfang von 15 Stunden verpflichtet (Vermögensberater 20), warten aber noch immer auf verbindliche Vorgaben. (eml)

Service: Die Standesregeln im Bundesgesetzblatt: https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2019_II_162/BGBLA_2019_II_162.html