Österreich ist bei der Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, deren Anwendung die EU seit 1.10.2018 vorschreibt, teilweise noch säumig. Es fehlen noch die Standesregeln für die Versicherungsvermittlung und die Lehrpläne für die Ausbildung. Dementsprechend füllt das Thema weiterhin Säle, wie der überbelegte Vortrag von Hannes Dolzer, Obmann des Fachverbandes Finanzdienstleister in der Wirtschaftskammer Österreich, auf dem FONDS professionell KONGRESS zeigte.

Die Verordnung über die Standes- und Ausübungsregeln, deren Begutachtung am 11.01.2019 endete, war eigentlich für Ende Jänner erwartet worden, veröffentlicht wurde sie aber noch nicht. "Es steht im Raum, dass es vielleicht nächste Woche so weit ist. Sie treten erst dann in Kraft, wenn sie veröffentlicht sind", so Dolzer bei seinem Vortrag.

Mehrfachempfehlung abgeben
Der Fachverbands-Obmann machte dabei auf die wichtigen Neuerungen aufmerksam – etwa die Pflicht zu begründeter Empfehlungsabgabe: "Jeder Versicherungsvermittler muss künftig eine Empfehlung für ein konkretes Produkt abgeben. Also 'dieser Tarif von der Versicherung X, das ist es, was ich empfehle'. Das gibt es nur in Österreich", wies Dolzer auf einen Fall von Gold Plating hin.

Es könnte möglicherweise in den Standesregeln so aussehen, dass man dem Kunden zwar eine Empfehlung gibt, aber ihm auch zwei oder drei Alternativen auf den Tisch legen muss.  Der Vorteil wäre: "Wenn sich der Kunde selbst entschieden hat, haben Sie weniger Haftung, wenn Sie ein Produkt empfehlen und es funktioniert nicht“, so Dolzer. Wunsch der Kammer sei es darüber hinaus, dass in den Standesregeln generell steht, dass der Vermittler nicht für mangelnde Performance von Produkten haftet.

Weiterbildung: Diskussion über unabhängige Institute
Ebenfalls noch offen sind die genauen Vorgaben für die Weiterbildung. Die Lehrpläne sind zu erstellen durch die zuständigen Fachorganisationen in der WKO und müssen vom Wirtschaftsministerium freigegeben werden. 50 Prozent der Ausbildung muss bei einem unabhängigen Institut belegt werden (außer bei den Versicherungsmakler zehn von 15 Stunden). Ein Grund, warum die Verordnung noch nicht veröffentlicht ist, ist laut Dolzer, dass sich die verschiedenen Interessensverbände der Berufssparten noch einig werden, was ein unabhängiges Institut und was nicht. "Vier Fünftel der Arbeit haben wir erledigt. Wir müssen uns einig werden – erstens, weil das Wirtschaftsministerium das möchte und zweitens im Sinne der Berufsgruppen: Es muss so sein, dass ein Makler sich eine Veranstaltung beim Fachverband der Finanzdienstleister anrechnen lassen darf".

Die Weiterbildungsverpflichtung hat übrigens mit 1. Jänner 2019 begonnen, auch wenn es noch keine Lehrpläne gibt. Es gilt für die zu erbringenden Stunden immer das Kalenderjahr. Das hat einen pragmatischen Grund: "Es kennt sich im Laufe der Zeit niemand mehr aus, wann er das Gewerbe angemeldet hat". Die Module seien aber auch ohne bestehenden Lehrplan zu 99 Prozent fix, erklärt Dolzer. Wer sein Gewerbe neu anmeldet, hat im ersten Jahr keine Verpflichtung zur Weiterbildung. Sie beginnt erst ab dem Jahr, das dem Jahr der Anmeldung folgt.

Kein Gewerbeentzug
Anders als bei Wertpapiervermittlern gibt es keinen Gewerbeentzug, wenn man einmal gegen die Ausbildungsregeln verstößt. "Wenn es sich nicht ausgeht, wird es eine Nachfrist geben. Es war gar nicht so leicht, das Ministerium zu überzeugen, dass es nicht sinnvoll ist, dass man gleich zusperren muss, wenn man einmal eine Stunde nicht nachweist", so Dolzer. (eml)