Der komplexe Rücktritt von der Lebensversicherung ist nach einem Urteil des OGH nicht unbedingt einfacher zu verstehen: Mit der Frage, ob die Zinsen nach dem Spätrücktritt von einer Lebensversicherung verjährt sind, müssen sich nach dem Urteil nun die Gerichte im Einzelfall beschäftigen.

Der OGH urteilte diesmal in einem der zahlreichen Fälle, wo ein Kunde viele Jahre nach Vertragsende noch einen nachträglichen Rücktritt einreichte: Ein Verbraucher unterzeichnete 2002 einen Vertrag für eine fondsgebundene Lebensversicherung auf 35 Jahre mit Laufzeitbeginn im Jahr 2003. 2009 kündigte der Kunde den Vertrag und erhielt den Rückkaufswert ausbezahlt. Im Jahr 2017 erklärte er dann den Rücktritt vom Vertrag. Er forderte sämtliche eingezahlten Prämien (minus des bereits erhaltenen Betrags). Und zwar einschließlich Versicherungssteuer, abzüglich der Risikokosten (Entgelt für den Risikoschutz) plus teils kapitalisierter Zinsen und Zinseszinsen. Der nachträgliche Rücktritt an sich war gerechtfertigt, da der Kunde damals fehlerhaft über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde. Ob und wie viele Zinsen und Zinseszinsen er erhält, war und bleibt aber zu klären.

Zinsen verjähren nach drei Jahren
Grundsätzlich verjähren Zinsen für die zurückzuzahlenden Prämien gemäß österreichischem Recht nach drei Jahren ab dem Zeitpunkt der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung (also mit der Zahlung der Prämie); mehr als drei Jahre vor der Klagseinbringung rückständige Vergütungszinsen sind verjährt.

Der OGH, der eine Beurteilung des EuGH (Spruch im Dezember) abgewartet hat, sagt nun: Ob Zinsen für die zurückzuzahlenden Prämien tatsächlich drei Jahre nach der ersten Prämie verjähren, wie im österreichischen Gesetz vorgesehen, hängt davon ab, ob eine solche Verjährung den Versicherungsnehmer daran hinderte, von einem Vertrag zurückzutreten, der bei Vertragsabschluss nicht seinen Bedürfnissen entsprach. Mit der Sache muss sich nun wieder das Erstgericht befassen.

Sollte die Tatsache, dass die Zinsen bereits verjährt sind, dazu führen, dass der Versicherungsnehmer sein Rücktrittsrecht nicht ausübt, obwohl der Vertrag seinen Bedürfnissen nicht entspricht, "wäre eine solche Verjährung geeignet, das Rücktrittsrecht zu beeinträchtigen, insbesondere wenn der Versicherungsnehmer nicht richtig über die Bedingungen für die Ausübung dieses Rechts informiert wurde", sagt der OGH. (eml)