Bei einer Recherche der Redaktion Ende 2015 waren rund 40 Prozent der Versicherungsmakler in Österreich über 50 Jahre alt. Heute sind es bereits über 60 Prozent. Aus dieser Entwicklung ergeben sich Wachstumsmöglichkeiten für jüngere Kollegen oder für andere Marktteilnehmer, wie ein Artikel zeigt, der in voller Länge in der neuen Printausgabe von FONDS professionell erschienen ist.

"Die Branche hat verstanden, dass der Kauf von Maklerportfolios eine relevante Marktchance ist. Versicherungsunternehmen und große Maklerverbände screenen gezielt den Markt nach Beständen, die für sie interessant sein könnten", sagt KPMG-Partner und Versicherungsexperte Lorenz Lang. Er hat mit Kollegen im Rahmen einer Vermittlerstudie errechnet, dass eine exemplarische Versicherung mit 20 Prozent Marktanteil aus übergabereifen Beständen von Maklern und Mehrfachagenten zusätzlich 57 Millionen Euro an neuen Prämien generieren könnte (ohne Lebensversicherung). In ihrer Berechnung gehen die Studienautoren davon aus, dass 35 Prozent der Volumina von über 50-jährigen Maklern übergabereif sind und dass 90 Prozent kein aktives Nachfolgemanagement betreiben.

Wer kauft wirklich?
Dass die Dynamik bei Unternehmensübergaben zunimmt, berichtet auch Wolfgang Willim, Geschäftsführer des auf Versicherungsvermittler spezialisierten Beraters Sewico. Die Consultingfirma bewertet zwischen 35 und 45 Versicherungsvertriebsunternehmen jährlich und begleitet die Übergabeprojekte. Allerdings sieht Willim die Versicherungsunternehmen nicht als die wesentlichen Player beim Kauf von Maklerbeständen. Geht ein Makler in Pension, würden in den meisten Fällen andere große Branchenkollegen oder Maklerpools übernehmen. Denn rein rechtlich kann eine Versicherung die Kunden eines Maklers (der ja per Gesetz unabhängig ist) nicht eins zu eins selbst übernehmen. Bei solchen Deals müsste sich die Assekuranz eines hauseigenen Maklers bedienen. Doch bei den Kunden sei eine Übertragung dorthin wenig beliebt, sagt Willim. "Die Konsumenten haben ein zunehmend hohes Bewusstsein, dass sie wirklich unabhängig beraten sein wollen. Die wechseln nicht einfach zu einem an eine Versicherung angeschlossenen Makler", so Willim.

Beim Fachverband der Versicherungsmakler steht das Altersstrukturproblem momentan relativ weit oben auf der Liste. Soeben wurde zum Thema ein Ausschuss eingerichtet, der einen Nachfolgeleitfaden erarbeitet hat, erklärt Maklerobmann Christoph Berghammer. Er kennt das Problem, dass viele Kollegen tatsächlich kein Nachfolgemanagement haben. "Auf einen Bestand bin ich gestoßen, weil ein Hotelier gefragt hat, ob ich ihn übernehme. Sein Makler hat dem Kunden einfach gesagt, suchen Sie sich einen neuen Vermittler", so Berghammer.

Mindestens fünf Jahre Vorlaufzeit
Vernünftig ist ein so abrupter Rückzug natürlich nicht. Schaut man sich aber den enormen Aufwand an, ist es verständlich, dass bei manchen eine Überforderung eintritt. "Man sollte mindestens fünf Jahre vor dem geplanten Rückzug damit beginnen, besser aber noch früher", sagt Sewico-Geschäftsführer Willim. Denn abseits der Suche nach einem geeigneten Nachfolger wollen zahlreiche organisatorische und strategische Fragen gelöst sein. In vielen Fällen zahle es sich etwa steuerlich aus, ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft (beide einkommensteuerpflichtig) in eine GmbH (KÖSt- beziehungsweise KESt-Pflicht) umzuwandeln.

Ein weiterer guter Grund für eine rechtzeitige Übergabeplanung: Am besten funktioniert die Nachfolge dort, wo Alt- und Jungmakler für zwei bis drei Jahre Hand in Hand daran arbeiten, lautet die einhellige Meinung aller Experten. "Man muss den Übergang intelligent aufsetzen. Am Ende muss der Kunde zustimmen, ob er zum neuen Vermittler wechseln möchte", betont KPMG-Experte Lang.

Eine hohe Belastung entsteht bei der Übertragung auch für den übernehmenden Makler: "Die Integration ist ein enormer Aufwand und ein Prozess, der sehr lang dauert. Man muss die neuen Kunden anschreiben, gemeinsam vorbeischauen. Und die Kunden haben teils sehr lange Einspruchsfristen", so Maklerobmann Berghammer. Deshalb sei ein Wachstum durch Bestandsübernahmen zwar interessant, für viele aber eben nur beschränkt bewältigbar. (eml)


Den gesamten Artikel lesen Sie in der Printausgabe von FONDS professionell oder im E-Magazin. Darin sehen Sie Grafiken und erfahren mehr über Preisfragen und darüber, wie sich die Übergaben bei den Versicherungsagenten von jenen der Makler unterscheiden.