Wie bereits von FONDS professionell ONLINE berichtet, beteiligen sich die österreichischen Versicherer mit begrenztem Elan an der Lösung von Kundenproblemen in Zeiten der Corona-Krise. Während die Kunden in anderen Sektoren – etwa bei Banken oder Bonitätsanbietern – auf ein weitreichendes Entgegenkommen treffen, konnten die Versicherer bei einer Umfrage der Redaktion kürzlich keine konkreten Maßnahmen nennen, die über das übliche Kulanzmaß hinausgehen. Von einer Branchenlösung ganz zu schweigen: Der Versichererverband VVO hatte auf Corona-Fragen keine Antwort.

Nun wenden sich die Versicherungsmakler mit einer ungewöhnlich eindeutigen und harschen Kritik an die Versicherer. In einem offenen Brief, der von den Fachgruppen-Obmännern der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten unterstützt wird, bemängeln sie, dass die Versicherer nicht für kurzzeitige Corona-Lösungen im Sinne der Kunden offen seien. 

Deckungslücke bei Prämienverzug
So hätten sich der VVO und die Versicherungsunternehmen gegen eine zeitlich begrenzte Lockerung der Regel bei einem Folgeprämienverzug ausgesprochen. Die Folge: zahlt ein Versicherungsnehmer die Prämie nicht fristgerecht, kann die Versicherung im schlimmsten Fall die Deckung verweigern. Genau dieses Entgegenkommen werde in anderen Bereichen derzeit gewährt, etwa in der gesetzlichen Sozialversicherung, wo die Leistungen trotz Stundungen erbracht werden, wie die Versicherungsmakler anmerken.

Sie fordern, dass Lebensversicherungen mit Rechnungszinns größer Null nach einer Prämienfreistellung bei einer Reaktivierung wieder in den Erstzustand rückgeführt werden können (dass es also keinen Verlust des Rechnungszinnses gibt). Auch sollen Krankenversicherungen, wo durch Covid-Engpässe kurzfristig in einen billigeren Tarif einbezahlt wurde, wieder in den besseren Tarif rückgeführt werden können, trotz zwischenzeitlicher Erkrankung ohne Gesundheitsprüfung, so die Forderung. 

Keine Lösung bei Betriebsunterbrechungsversicherungen
Ebenso würden die österreichischen Versicherer keine Lösung bei den derzeit dringend fraglichen Betriebsunterbrechungsversicherungen unterstützen, kritisieren die Versicherungsmakler. In Bayern etwa stellen Versicherer nach harter Kritik und politischer Intervention mittlerweile Geld für Unternehmen zur Verfügung, die eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen hatten und von der Corona-Krise betroffen sind. Auch die deutschen Versicherer hatten hier zuerst eine Leistung verweigert mit der Argumentation, das Corona-Virus sei in den Verträgen nicht explizit genannt.  

Auch monieren die österreichischen Makler, einzelne Versicherungsunternehmen würden sich nicht an die strengen und eingeschränkten Kriterien halten, unter denen derzeit eine Kfz-Notzulassung möglich ist. Es komme dadurch zu Wettbewerbsverzerrungen.

"Keine Solidarität"
Mit der Gesprächsbasis sind die Vermittler ebenfalls nicht zufrieden. Die gesetzlichen Interessensvertreter der Versicherungsmakler hätten in den letzten Tagen und Wochen "mehrmals versucht", gemeinsam mit dem VVO und den Versicherern "positive Botschaften an unsere gemeinsamen Kunden zu transportieren". Der Vorschlag etwa einer gemeinsamen Presseaussendung sei ohne nähere Begründung abgelehnt worden. Ein daran anschließender persönlicher Brief des Fachverbandsobmanns an den VVO sei unbeantwortet geblieben. Ein gemeinsamer Brief hätte als Hilfestellung an die Kunden dienen sollen, um "ohne Dauerschäden" durch die Krise zu kommen. 

"Wir kommen nicht umhin, diese Gesprächs- und Kooperationsverweigerung als einen Bruch des partnerschaftlichen Umgangs zu uns Versicherungsmaklern zu deuten", heißt es in dem Brief. Es fehle außerdem "offenkundig an jeglichen Solidaritätsgedanken seitens der österreichischen Versicherer, die uns in diesen Zeiten andere Branchen vorleben und die für unsere Kunden so dringend notwendig wären". Der VVO hat gegenüber der Redaktion eine Stellungnahme angekündigt, aber eine Anfrage schlussendlich nicht beantwortet. Später hieß es, man werde medial nicht dazu antworten. (eml)

Update: 10.4.2020