Die Insurance Distribution Directive (IDD) und deren Auswirkungen waren für den Versicherungsvertrieb dieses Jahr das bestimmende Thema. Die Kunden, die davor bewahrt werden sollen, unpassende Produkte vermittelt zu bekommen, sind mit dem Papierwust und der damit verbundenen Informationsflut ebenso überfordert wie die Berater, die dieses Zettelwerk administrieren müssen. Profiteure sind bisher nur Pools und Maklervereinigungen, die nun Einzelkämpfer an sich binden können, die selbst nicht genug Kapazitäten haben, um alle Auflagen zeitgerecht und korrekt zu erfüllen (siehe Artikel „Lösungen für Einzelkämpfer“ in Ausgabe 2/2019).

Eine weitere Gruppe profitiert zwar nicht von der Richtlinie, hat damit aber allem Anschein nach auch keine Probleme: die Anbieter von fondsgebundenen Lebensversicherungen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer von FONDS professionell durchgeführten Umfrage unter 13 Anbietern. Heinrich Plametzberger, Leiter Aktuariat und Produktmanagement Leben bei Helvetia Österreich: "Die Umsetzung der IDD hatte auf das Lebensversicherungsgeschäft ­beziehungsweise auch auf den Vertrieb unserer Fondspolizzen kaum spezifische Auswirkungen. Im Lebensgeschäft hatten wir im ers­ten Halbjahr 2019 ein starkes zweistelliges Wachstum von über zehn Prozent innerhalb der fondsgebundenen Lebensversicherungen bei laufenden Prämien."

Ähnliches hört man auch bei der Zürich Versicherung, dort erklärt Vetriebsvorstand Kurt Möller: "Die fondsgebundene Lebensversicherung läuft bei uns gut, wir haben keinen Einbruch zu verzeichnen." Insgesamt berichten nur zwei der 13 Umfrageteilnehmer von stärkeren Einschnitten durch die IDD-Umsetzung. Bei der Uniqa erklärt etwa Thomas Jaklin, Leiter Lebensversicherung, etwas zugeknöpft: "Ja, es gab im Zuge von IDD Anpassungen bei den Provisionsmodellen und der Incentivierung. Details dazu werden jedoch nicht publiziert."

Unklarer Gesetzestext
Dass die meisten Versicherer mit der Richtlinie keine Probleme haben, könnte allerdings auch daran liegen, dass potenzielle Probleme noch nicht erkannt wurden. Etliche Details der IDD sind im Gesetzestext nicht exakt formuliert und lassen Platz für Interpretationen. So sehen die neuen gesetzlichen Rahmen vor, dass Vermittler weitgehend auf Basis qualitativer Kriterien für ihre Leistungen entlohnt werden müssen – was heißt das aber genau? Die Unternehmen haben, jedes für sich, Wege in der Umsetzung gewählt. Dass sich dabei (noch) nicht alle Marktteilnehmer hundert­prozentig sicher sind, dass ihre Lösungen unangreifbar sind, lässt sich aus dem Umstand ableiten, dass sie sich, zu Details befragt, eher verschlossen geben. 

Provisionsmodell 
Der heikelste Punkt ist naturgemäß die Vergütung des Vertriebs. Das Provisionskonzept wird durch die Richtlinie nicht infrage gestellt, allerdings dürfen Anreizsysteme nicht dazu führen, dass Kunden unpassende Produkte verkauft werden. Nun würde aber niemand zugeben, dass das jemals anders war.

Immerhin geben aber drei Gesellschaften an, dass sie im Zuge der IDD-Umsetzung Änderungen am Provisionsmodell vorgenommen haben. Der Großteil der Anbieter erklärte, dass bereits zuvor IDD-konform gearbeitet wurde und daher keine Notwendigkeit für Anpassungen bestand. "Selbstverständlich haben wir die Provisionsmodelle im Rahmen der IDD-Umsetzung einer Prüfung unter­zogen, es waren jedoch keine Anpassungen notwendig", erklärt etwa Kurt Grabler, Leiter Lebensversicherung bei der Donau Versicherung. Ähnlich äußert sich Eugen Sagon von der APK Versicherung: "An unserem Provisionsmodell mussten wir so gut wie keine ­Änderungen vornehmen, da alle Tarife in ­unserem Haus seit jeher ungezillmert sind und es außer der Provision als solcher keine ­Bonifikationen oder dergleichen gibt." Bleibt abzuwarten, ob die Finanzmarktaufsicht (FMA) mit der Herangehensweise der Versicherungen zufrieden ist: Derzeit macht sich die Behörde noch ein Bild von der Situation; ob es am Ende genaue Leitlinien geben wird, ist noch nicht abzusehen.

Ausbau im FLV-Bereich
Aus Branchensicht erfreulich ist die Tatsache, dass nach aktuellem Stand der Dinge keinerlei negative Auswirkungen auf den Geschäftsverlauf feststellbar sind. Die teilweise gehegte Befürchtung, die IDD könnte den Absatz im FLV-Geschäft bremsen, hat sich nicht bewahrheitet. Vielmehr planen die meisten Lebensversicherungen einen Ausbau dieses Bereichs. So geben fünf Gesellschaften an, dass sie im kommenden Jahr ihre Produktpaletten weiter ausbauen wollen. Wesentlichster Treiber ist dabei die Zinslandschaft: „Im Niedrigzinsumfeld haben klassische Produkte an Bedeutung verloren. Die Nachfrage von Kundenseite hat genauso nachgelassen wie das Angebot der Versicherer.

Von dieser Entwicklung profitieren bereits jetzt Fondspolizzen, und dieser positive Trend wird sich fortsetzen. "Wir haben vor zwei Jahren eine neue Fondspolizze auf den Markt gebracht und in diesem Jahr unsere Investmentauswahl bei all unseren Fondspolizzen mehr als verdoppelt. Im Jahr 2020 werden wir unsere Produkte und Investments noch einmal ganz gezielt verbessern", beschreibt Christian Nuschele, Head of Sales und Marketing bei Standard Life, die Lage. 

Von diesem positiven Trend bei Fondspolizzen profitieren auch die Investmentgesellschaften, die Fonds zuliefern. Ein Großteil der Anbieter plant einen weiteren Ausbau im Bereich der Drittfonds. Insgesamt neun der 13 Umfrageteilnehmer geben an, dass sie dieses beziehungsweise kommendes Jahr das Angebot an Drittfonds erhöhen werden. (gp)



Den gesamten Artikel sowie eine Übersicht zu den aktuell am Markt befindlichen Fondspolizzen finden Sie ab Seite 172  in der Heftausgabe 4/2019 von FONDS professionell. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitgleder können den Artikel auch hier im E-Magazin nachlesen.