Nach mehr als sechs Monaten Unklarheit haben sich das Bundesministerium Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und die Versicherungswirtschaft zu einem Lehrplan für Versicherungsagenten durchgerungen. Mit viel Verspätung ist damit ein weiterer wichtiger Schritt in der Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD gesetzt worden. Zur Erinnerung: Die ebenfalls spät veröffentlichten Standesregeln für die gewerbliche Versicherungsvermittlung wurden zur Jahresmitte im Bundesgesetzblatt eingetragen.

Weiterbildung in Module gegliedert
Die Weiterbildungsinhalte gliedern sich in zwei Module (§ 5). Bei ersterem liegt der Schwerpunkt auf Rechtskompetenz und Berufsrecht, diese unterteilen sich wiederum in Bereiche wie etwa Versicherungsvertragsrecht, Arbeitsrecht oder allgemeines Privatrecht. Das zweite Modul widmet sich der Fach- und Spartenkompetenz. Dieses beinhaltet etwa Versicherungsanlageprodukte, Lebensversicherung oder Sachversicherung. Die genaue Gliederung finden unsere Interessierte hier, eine detaillierte Erläuterung zum Lehrplan ist hier abrufbar. Die beiden Dokumente stehen zudem auch am Ende dieser Seite zur Verfügung.

Die Auswahl der Bereiche aus den Modulen richtet sich nach der Anlage 9 der Gewerbeordnung und orientiert sich an der Prüfungsordnung für Versicherungsagenten und dessen fachliche Eignung. "Ziel des Verordnungsgebers ist die Vermittlung objektiver, von Versicherungsinteressen unbeeinflusster und praxisrelevanter Kenntnisse und Fertigkeiten", schreibt die WKO dazu auf ihrer Webseite. Die Entscheidungskompetenz, welche Weiterbildungsinhalte den fachlichen Kriterien (§ 8) entsprechen, obliegt den Landesgremien der Versicherungsagenten im Einvernehmen mit dem BMDW. Nicht angerechnet werden etwa absatzorientierte Produktinformationen, Selbststudien von Fachliteratur oder eigene Vortragstätigkeiten.

Umfang der Weiterbildungseinheiten
Je nach Tätigkeit des Vermittlers wurden beim Umfang der Weiterbildungsstunden Abstufungen eingeführt. So haben etwa Gewerbetreibende respektive Leitungsorgane, die ein Vollgewerbe betreiben, 15 Stunden pro Jahr nachzuweisen. Wird das Gewerbe als Nebentätigkeit ausgeführt, sind es fünf Stunden (Die detaillierte Aufstellung der WKO finden Sie in der Tabelle unten). Eine Weiterbildungsstunde entspricht dabei 60 Minuten netto, Schulungspausen werden also nicht eingerechnet.

Der richtige Bildungsanbieter
Versicherungsagenten dürfen ihre Bildungsinstitution frei wählen und müssen mindestens die Hälfte der Weiterbildungsstunden bei unabhängigen Institutionen absolvieren. "Für uns als Interessenvertretung ist es besonders wichtig, dass unsere Mitglieder frei wählen können, wo sie ihre Weiterbildung absolvieren", sagt KommR Horst Grandits, Bundesobmann der Versicherungsagenten der Wirtschaftskammer Österreich. "Diesen Anspruch konnten wir durchsetzen." Vor allem die Unabhängigkeit der Bildungsinstitutionen sei bei den Verhandlungen ein großes Thema gewesen.

Die Bildungsanbieter müssen bestimmten Qualitätskriterien unterliegen. Sind sie keine öffentlich-rechtliche Körperschaft der WKO oder hochschulische Einrichtung, benötigen sie ein Zertifikat nach Kriterien des Ö-Cert oder ein Gütesiegel des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft.

Als geeignete Bildungsinstitutionen (§ 6) gelten damit die folgenden Einrichtungen:

Unabhängige Bildungsinstitution
Die Bildungsinstitution müssen darüber hinaus unabhängig sein, wie die WKO weiter festhält:  Unabhängige Bildungsinstitution (§ 7) Bildungsinstitutionen gemäß § 6 gelten als nicht unabhängig, wenn ein bestimmtes Versicherungsunternehmen oder dessen Mutter- bzw. Tochterunternehmen eine direkte oder indirekte Beteiligung an den Stimmrechten oder am Kapital der Bildungsinstitution hält oder sonst einen wesentlichen Einfluss auf die Inhalte der objektiv facheinschlägigen Bildungsangebote ausübt.

Achtung: Teilnahmebestätigungen fünf Jahre aufheben
Die Teilnahmebestätigungen sind zumindest fünf Jahre zur Einsichtnahme bereitzuhalten. Neben Präsenzunterricht haben Versicherungsagenten außerdem die Möglichkeit sich über digitale Medien weiterzubilden, wobei hier eine Lernerfolgskontrolle zu absolvieren ist. Außerdem sei Präsenzunterricht ist aus Qualitätssicherheitsgründen grundsätzlich der Vorzug zu geben, stellt die WKO klar.

Übergangsfrist
Die Gewerbeordnung hat den Beginn der Weiterbildungsverpflichtung bereits mit Jahresbeginn festgelegt. Deshalb gelten für Schulungen, die ab dem 1. Januar 2019 bis zum Inkrafttreten des Lehrplans mit dem heutigen 12. Juli 2019 jene Bestimmungen über die Bildungsanbieter (§6 und §7) nicht. Den beiden Modulen und der Facheinschlägigkeit (§5 und §8) müssen sich allerdings sehr wohl entsprechen. Weitere detaillierte Informationen, finden unsere Leser auf der Seite der WKO. (cf)

Weiterbildungsumfang im Detail:

Quelle: WKO; Zum Vergrößern, bitte auf das Bild klicken