Kündigt ein Versicherer das Vertragsverhältnis oder kann der Vermittler seine Arbeit aufgrund von Alter oder Krankheit nicht mehr fortsetzen, hat der Agent einen Ausgleichsanspruch (AA). Dieser muss innert eines Jahres geltend gemacht werden und beträgt eine Jahresvergütung. Sie errechnet sich simpel aus dem Durchschnitt aller Provisionen der letzten fünf Jahre.

Während es hier kaum Diskussionsbedarf gibt, sieht es anders aus, wenn Folgeprovisionen als Berechnungsgrundlage hergenommen werden. Hier kommt ein Aufwertungsfaktor zum Tragen. Bestehen zum Beispiel die vermittelten Verträge im Durchschnitt dreieinhalb Jahre, dann würde die Summe der Folgeprovision mit 3,5 multipliziert. Das Problem: Der Versicherungsvermittler müsste im Zweifel beweisen, wie lang die von ihm vermittelten Verträge durchschnittlich laufen, wenn er anderer Meinung ist als sein Versicherer.

Folgeprovision als Streitpunkt
"Die meisten Versicherer nehmen zwar Jahresvergütungen als Grundlage für die Berechnung. Aber immer wieder werden auch Folgeprovisionen herangezogen. Und hier sind die Versicherer oft anderer Ansicht, wie lang die Verträge beim Kunden sind", sagt IVVA-Obmann Peter Salek zu FONDS professionell ONLINE.

In jedem Fall sei das Ergebnis bei der Folgeprämien-Berechnung aber immer durch die oben genannte Jahresvergütung gedeckelt: Angenommen, die auf fünf Jahre durchgerechnete Jahresvergütung beträgt 65.000 Euro. Macht die Jahresfolgeprovision 30.000 Euro aus, wären das multipliziert mit dem Faktor 3,5 genau 105.000 Euro. Der Ausgleichsanspruch bleibt aber bei 65.000 Euro.

OGH-Urteil zugunsten der Agenten
Geregelt ist die Beendigung eines Agenturvertrages durch das Handelsvertretergesetz (HVertrG). Hier gab es laut IVVA entscheidende Neuerungen nach einem OGH-Entscheid aus dem Vorjahr: Das oberste Gericht hatte zugunsten der Agenten verfügt, dass Versicherer keine 100-prozentigen Provisionsverzichtsklauseln mehr anwenden dürfen. Durch solche Klauseln würde der Agent sämtliche Provisions- und Ausgleichsansprüche verlieren, wenn er selbst den Agenturvertrag kündigt. Einige Versicherungsunternehmen hatten diese Klauseln implementiert.

Im HVertrG wurde dem OGH-Urteil, das dieses Vorgehen kippte, mit § 26c 1a Rechnung getragen: Wenn ein Agent das Vertragsverhältnis kündigt und weiterhin das Gewerbe ausübt, dann darf die Folgeprovision auf maximal 50 Prozent gekürzt werden.

Wichtig sei zu wissen, dass die theoretische Kündigungsmöglichkeit eines Endkundenversicherungsvertrags nicht die Zahlungsdauer an den Agenten berührt, so Salek. Auch dies würden Versicherer hin und wieder in ihre Agentenverträge einbauen. "Da würde man ja bei einer Kfz-Versicherung, die der Kunde theoretisch jährlich kündigen kann, gar nichts bekommen". Das entspreche nicht den rechtlichen Gegebenheiten. Die Folge endet aber auf jeden Fall, wenn der Endkunde seinen Versicherungsvertrag kündigt.

Agenten sollten sich gut informieren, bevor sie einer angebotenen Lösung zustimmen, heißt es beim IVVA. (eml)