Österreich hat im internationalen Vergleich einen sehr hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten. Ungefähr jedes zweite Wohnbaudarlehen ist an das Marktzinsniveau gebunden. Viele Kreditnehmer hatten in Tiefstzinszeiten zu dieser Vertragsvariante gegriffen, die etwas günstiger war, als die festverzinsten Kredite. Sie sind nun stark betroffen von den hohen Zinssteigerungen seit Mitte 2022.

Wie der Kurier und der Standard nun berichten, hat der Parlamentsklub der Grünen einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, der Kreditnehmern das Recht einräumen soll, rückwirkend von einem variablen in einen fixverzinsten Kredit umzusteigen. Die Konvertierung soll für nach dem 21. März 2016 abgeschlossene Kredite gelten. Der Vorschlag werde mit der Koalitionspartnerin, der ÖVP, diskutiert und nicht ohne deren Zustimmung eingebracht, schreibt der Standard. Im ÖVP-geführten Finanzministerium sei man jedenfalls wegen der heiklen nachträglichen Eingriffe und der unklaren Folgen für die Finanzmarktstabilität von dem Vorhaben nicht begeistert.

Aus für Hilfsfonds
Wellen schlagen beim Thema Wohnkredite momentan auch die Banken. Diese hatten im August groß ein "Hilfspaket" für junge Kreditnehmer angekündigt, das nun doch nicht kommt. Die Grenzen im Wettbewerbsrecht seien zu eng dafür, begründete Willibald Cernko, Chef der Erste Group und Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal den Rückzug.

Das Paket war Teil einer Abmachung mit Finanzminister Magnus Brunner, der damals mit Cernko vor der Presse mehrere Maßnahmen präsentierte. Dem Termin vorangegangen war ein steigender öffentlicher Druck auf den Bankensektor aufgrund einer schleppenden Weitergabe der Zinssteigerungen an Einlagenkunden und auch wegen der immer häufiger gestellten Frage, warum die Banken in Tiefstzinszeiten teils weiter hohe Anteile an variabel verzinsten Krediten vergeben hatten.

Banken beschweren sich über FMSG
Cernko hatte damals einen großen Fördertopf im Umfang eines zwei- oder dreistelligen Millionenbetrags in Aussicht gestellt. Dieser nun abgeblasene Zuschuss sollte besonders Kreditnehmern zugutekommen, die aufgrund der einschränkenden Regelungen der KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) Finanzierungsprobleme haben. Die Verordnung verpflichtet zu einem Eigenmittelanteil von zumindest 20 Prozent, einer Höchstlaufzeit von 35 Jahren und eine maximale Rückzahlung von 40 Prozent des Nettoeinkommens. Die Banken sehen darin den Hauptgrund für den Einbruch bei der Kreditvergabe.

Sie erneuerten soeben ihre Kritik. Spartenobmann Cernko zeigte sich gemeinsam mit Geschäftsführer Franz Rudorfer enttäuscht, dass es bei der Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) am Dienstag (12.12.) keine Lockerung gab. Wie aus einer Mail der beiden an FMA und OeNB (beide gehören dem FMSG an) hervorgeht, aus der "Der Standard" zitiert, hätten sich Cernko und Rudorfer auf Basis von Gesprächen mit den Behörden ein einheitliches Ausnahmekontingent von 20 Prozent des Kreditvolumens erwartet.

FMA: "Banken schöpfen Ausnahmekontingente nicht aus"
Die FMA hatte bei einer Veranstaltung vergangene Woche betont, dass der Einbruch bei der Kreditvergabe nicht an der KIM-Verordnung liege. Die starken Zinserhöhungen hätten in der gesamten Eurozone zu einem hohen Rückgang geführt. Österreich liege mit einem Minus bei den Wohnkredite an Private von gut 40 Prozent von Jänner bis 30. September 2023 nicht an der Spitze. In Ländern wie Deutschland (wo die Behörden auf keine konsumentenbasierten Maßnahmen wie in Österreich setzten) ist das Minus sogar deutlich höher. Auch würde jede zweite österreichische Bank ihre Ausnahmekontingente, die ihr die KIM-VO zugesteht, gar nicht ausschöpfen. Die Maßnahmen seien weiter nötig, sagte FMA-Vorstand Eduard Müller in der Vorwoche. (eml)