Gut sechs Jahre nach der Wienwert-Pleite Anfang 2018 mühen sich die Gläubiger noch immer ab, stückchenweise Geld zurückzuholen. Eine Zwischenverteilung des Masseverwalters im vergangenen Sommer von gut 16 Prozent ist ein schwacher Trost für die Geschädigten. Zumal im Zuge der Verteilung an die Anleihenanleger ein Detail zutage trat, das (erneut) Fragen nach den Kapitalflüssen im Hintergrund aufwirft: Beim Volumen einer bis 2018 emittierten Anleihe kam es zu einem unerklärlichen Schwund.

Anleihenkuratorin Susi Pariasek informierte in ihrem zehnten Bericht über die Angelegenheit. Die Österreichische Kontrollbank (OeKB) hatte ihr einst eine Sammelurkunde über einen Betrag von 3.245.000 Euro übermittelt. Bei der Verteilung wies die bei der OeKB verwahrte Urkunde jedoch nur noch ein Nominale von 3.190.000 Euro auf. Zur Reduktion kam es damit laut Pariasek, nachdem die Insolvenz bereits eröffnet war. Weshalb und wohin die 55.000 Euro verschwanden, ist unklar. "Wir erhielten von der Zahlstelle bis dato keine Stellungnahme", schrieb Pariasek bereits in ihrem Bericht im Dezember. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Sie habe keine Neuigkeiten, betont Pariasek.

Zahlstelle weiß davon nichts
Bei der Zahlstelle indes zeigt man sich überrascht von der Thematik; man habe davon nie gehört. Es handelt sich um das ehemalige deutsche Bankhaus Neelmeyer (heute Oldenburgische Landesbank, OLB). Eine Anfrage der Kuratorin habe es nicht gegeben. Neelmeyer habe im Auftrag der Emittentin (Wienwert) gehandelt; gegenüber Gläubigern dürfe man nichts sagen.

Die OeKB lässt wissen, Neelmeyer habe die Herabsetzung beauftragt; eigenständig dürfe man auch gar keine Veränderungen vornehmen. Wann genau die OeKB den Reduktionsauftrag erhielt, das unterliege der Verschwiegenheitsverpflichtung. Man sei "bereits darum bemüht, die Umstände der Herabsetzung der Nominale mit der Zahlstelle zu klären", sagte ein Sprecher auf Anfrage. 

Anleihe bis kurz vor Pleite emittiert
Nach dem Bericht der Anleihenkuratorin war die betreffende Unternehmensanleihe der Wienwert AG (ISIN: AT0000A1YG24) mit 5,25 Prozent verzinst und wurde vorwiegend von privaten Investoren gezeichnet. Wienwert begab die Teilschuldverschreibung noch bis kurz vor der Insolvenz, nämlich zwischen Oktober 2017 bis Jänner 2018.

Schwer nachvollziehbare Geldbewegungen begleiten die Aufarbeitung der Wienwert-Pleite seit Anbeginn. So haben Geschädigte bereits früher Finanzunternehmen im Umfeld von Wienwert wegen unsachgemäßer Mittelströme zwischen Zahlstelle und Treuhänder verklagt.

Vorhabensbericht übermittelt
Während in solchen zivilrechtlichen Klagen Anleger in den vergangenen Jahren immer wieder Erfolge erzielten beziehungsweise Vergleiche erringen konnten, kam heuer auch in die strafrechtliche Aufarbeitung Bewegung. Die Ermittlungen sind seit vergangenem Jahr abgeschlossen. Anfang dieses Jahres hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nun einen Vorhabensbericht erstattet, wie eine Sprecherin sagte. Nun liegt es an der Oberstaatsanwaltschaft Wien beziehungsweise am Justizministerium, diesen zu genehmigen respektive eine Weisung auszusprechen. Details zum Bericht gibt die WKStA nicht bekannt. Die Behörde hatte zum Schluss gegen rund zwei Dutzend Beschuldigte ermittelt. (eml)