Seit einiger Zeit sucht der Frankfurter Publity-Konzern Anleger, die ihm Aktien seiner Tochtergesellschaft Preos abnehmen – auch in Österreich. Die Investoren bekommen einen Rabatt auf den aktuellen Börsenkurs, zudem fließen stattliche Provisionen an Tippgeber und Vermittler. Dieses Vertriebsmodell und die Tatsache, dass ein Wertpapierprospekt für diese "außerbörsliche Umplatzierung" erst seit Ende November vorliegt, werfen einige Fragen auf (siehe den ausführlichen Beitrag: "Publity: Ungewöhnliche Geschäfte mit Preos-Aktien").

Abgesehen davon ist für interessierte Anleger naturgemäß wichtig, wie es um die Bilanz und die Geschäftszahlen des Unternehmens bestellt ist, das sich auf Investments in Büroimmobilien spezialisiert hat. FONDS professionell ONLINE hat daher einen näheren Blick in den jüngsten Halbjahresbericht der Preos geworfen.

Der Zinsaufwand übersteigt den Umsatz
Die Wachstumspläne der Preos lesen sich ohne Frage beeindruckend, und selbst im schwierigen ersten Halbjahr 2020 stand laut Konzern-Zwischenbericht ein Gewinn von mehr als 30 Millionen Euro zu Buche. Außerdem liegen hochwertige Immobilien im Portfolio, etwa das Westend Carree in Frankfurt.

Doch es gibt auch Passagen im Halbjahresbericht, die sich weniger gut lesen. So lagen die Finanzaufwendungen (im Wesentlichen Zinsen) in den ersten sechs Monaten mit 23,5 Millionen Euro höher als der Umsatz, der sich auf 18,1 Millionen Euro belief. Auch der Cashflow aus dem operativen Geschäft war negativ, ein zumindest auf lange Sicht ungesunder Zustand. "Unsere Immobilien sind in der Regel so finanziert, dass die Mieteinnahmen über den Finanzierungskosten liegen", betont Thomas Olek, Vorstandschef des Preos-Großaktionärs Publity, gegenüber FONDS professionell ONLINE. "Unser operatives Geschäft wirft schwarze Zahlen ab. Es kann sich höchstens stichtagsbezogen ein anderes Bild ergeben, beispielsweise wenn wir – anders als aktuell – zum Stichtag nicht voll investiert waren."

Immobilien um 68 Millionen Euro aufgewertet
Olek betont zudem, dass er die Preos nicht als reinen Bestandshalter sieht. "Wir haben in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, dass wir Immobilien mit deutlichem Gewinn verkaufen können", sagt er. "Diese Erträge sind für die Gewinnsituation des Unternehmens wichtiger als die laufenden Mieteinnahmen."

Für den Gewinn im ersten Halbjahr war ein weiterer Faktor maßgeblich: Das "Ergebnis aus der Bewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien" trug 68,3 Millionen Euro zum gesamten Ergebnis vor Steuern und Zinsen von rund 70 Millionen Euro bei. Doch wie kann es sein, dass ein Portfolio von Büroimmobilien mitten in der Corona-Krise so deutlich an Wert zugelegt hat? "Die Aufwertung rührt im Wesentlichen daher, dass wir günstig neue Objekte erworben haben. Deren Marktwert liegt laut Gutachtern über dem, was wir inklusive Nebenkosten bezahlt haben", sagt Olek. Relevante Mietausfälle habe die Preos nicht zu verzeichnen. "Bei Hotel- und Einzelhandelsimmobilien hat sich die Situation wegen Corona sicherlich verschlechtert", so Olek. "Ich kenne aber keine Büroimmobilien in Frankfurt, die wegen Corona abgewertet werden mussten."

Hohe "immaterielle Vermögenswerte"
In der Preos-Bilanz findet sich ein weiterer Posten, der Fragen aufwirft: Dort sind "immaterielle Vermögenswerte" in Höhe von 123,9 Millionen Euro aufgeführt, was fast zehn Prozent der Bilanzsumme ausmacht – ein stattlicher Betrag für ein Immobilienunternehmen. Dieser Betrag stammt aus einer im vergangenen Jahr erfolgten Transaktion. Damals übernahm die Preos von der Publity AG knapp 95 Prozent der Anteile an deren Tochtergesellschaft Publity Investor GmbH, in der die Publity ihr Immobiliengeschäft gebündelt hatte. Im Gegenzug erhielt die Publity AG fast zwei Drittel der Preos-Aktien.

Diese Aktien hatten einen Wert von 165,1 Millionen Euro, was den Wert der übernommenen Immobilien deutlich überstieg. Deshalb musste die Preos seinerzeit einen "Unterschiedsbetrag" von 123,9 Millionen Euro aktivieren. Bei der Publity AG sorgte diese Transaktion laut HGB-Jahresabschluss 2019 übrigens für einen "einmaligen Buchgewinn aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens" in Höhe von 304,5 Millionen Euro – ein sagenhafter Gewinn für ein Unternehmen, das in jenem Jahr gerade mal 34,1 Millionen Euro umsetzte.

Doch wie konnte es seinerzeit sein, dass die Publity-Immobilien gewissermaßen allein dank des Übergangs auf eine andere Gesellschaft so derart an Wert zulegten? "Es ist wichtig zu wissen, dass damals nicht nur die Immobilien, sondern auch die Pipeline mit anstehenden Transaktionen übertragen wurde. Diese Pipeline wurde mitbewertet", erläutert Olek. "Die entsprechenden Zahlen saugen wir uns selbstverständlich nicht aus den Fingern, sondern hierzu liegt ein Wertgutachten einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vor."

"Risiken im Zusammenhang mit der Finanzierungsstruktur"
Wer den Wertpapierprospekt zur geplanten "Umplatzierung" von bis zu 14 Millionen Preos-Aktien liest, wird ab Seite 104 mit den "Risiken im Zusammenhang mit der Finanzierungsstruktur" konfrontiert. Dort heißt es unter anderem, dass die von Preos "abgeschlossenen Finanzierungsverträge vergleichsweise kurze Laufzeiten" aufweisen. "So werden fast sämtliche derzeit bestehenden Finanzierungen spätestens Anfang 2023, mitunter auch deutlich früher, fällig." Zum Prospektdatum beliefen sich die kurzfristigen Netto-Finanzverbindlichkeiten demnach auf rund 287 Millionen Euro. Preos sei daher "nicht nur im Hinblick auf zukünftige Immobilienerwerbe darauf angewiesen, Fremdfinanzierungen beziehungsweise Prolongationen zu erlangen, sondern auch im Zusammenhang mit dem mittelfristigen Kapitalbedarf im Hinblick auf die bestehenden Finanzierungen". Das Risiko, dass dies nicht gelingt, schätzt die Publity laut Prospekt als "mittelhoch" ein.

"Wir wollen möglichst flexibel sein und die Immobilien im Zweifel auch verkaufen können, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfällt", erläutert Olek die recht kurzen Laufzeiten der Kredite. "Insofern planen wir mit dem Verkauf von Immobilien oder einer Verlängerung der Finanzierung." Bei weiter steigenden Preisen für die Büros im Preos-Bestand geht dieses Kalkül auf. Bricht der Trend, wird es allerdings schwierig. (bm)