Es klingt wie ein Traum: Man kaufe eine Handvoll Häuser, packe sie in eine Holding, und verkaufe diese rund zwei Jahre später für annähernd die dreifache Summe weiter. Geht nicht? Geht doch! Der Publity-Firmengruppe aus Frankfurt mit ihrer Tochtergesellschaft Preos und deren Tochter Gore ist ein Deal dieser Art geglückt – zumindest auf dem Papier. Denn ob die Gore-Holding mit ihrer Handvoll Häusern tatsächlich so viel wert ist, wie das Management erwartet, ist noch nicht ausgemacht. Das Risiko, dass sich der Wertansatz in der Preos-Bilanz nicht halten lässt, stuft selbst der eigene Mutterkonzern als "hoch" ein.

Um nachvollziehen zu können, wie aus fünf Immobilien, die jüngst nur gut 42 Millionen Euro kosteten, ein mit 120 Millionen Euro bewertetes Unternehmen werden konnte, muss man rund fünf Jahre zurückblicken. Damals, als die Publity-Gruppe noch als Anbieterin geschlossener Fonds agierte, kaufte der "Publity Performance Fonds Nr. 6" mehrere Bürogebäude in deutschen Städten, darunter vier Objekte in Bad Homburg, Duisburg, Telgte und Unterschleißheim. Für diese Immobilien zahlte der Fonds inklusive Instandhaltung und Anschaffungsnebenkosten 27,3 Millionen Euro. Das lässt sich aus den Jahresberichten des Fonds rekonstruieren.

Publity-Fonds verkaufen an eine Gesellschaft des Publity-Gründers
Mit Notarvertrag vom Oktober 2017 veräußerte der Fonds die vier Objekte für 22,4 Millionen Euro an das Immobilienunternehmen Gore. Das Geld floss erst im Jahr darauf. Thomas Olek, über seine TO-Holding damals Gore-Großaktionär, war seinerzeit Vorstand der von ihm gegründeten Publity, dem Emissionshaus des Beteiligungsmodells – ein klarer Interessenkonflikt, zu dem sich Olek auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE vergangene Woche allerdings nicht äußerte. Im Wertpapierprospekt zum Gore-Börsengang Ende 2019 heißt es, der Kaufpreis der vier Bürogebäude habe "auf dem Niveau des gutachterlich festgestellten Gesamtwerts der Immobilien" gelegen.

Für die Fondsanleger war die Transaktion kein gutes Geschäft. Ihre Investmentgesellschaft erhielt für die vier Immobilien fast fünf Millionen Euro weniger, als sie wenige Jahre zuvor bezahlt hatte. Das spiegelt sich auch in der Fondsbewertung wider: Der Wert je Fondsanteil, der bei Emission im Jahr 2013 bei 1.000 Euro stand, sank bis Ende 2019 auf 721,75 Euro.

Für die Gore und damit für Thomas Olek hat sich der Deal dagegen gelohnt: Das Objekt in Unterschleißheim, für das die Gore dem Publity-Fonds nur knapp 3,3 Millionen Euro gezahlt hatte, verkaufte sie im April 2019 für 4,5 Millionen Euro weiter – das entspricht einem Aufschlag von gut einem Drittel. Den Marktwert der anderen drei Bürohäuser beziffert der Gore-Wertpapierprospekt Ende 2019 auf 26,1 Millionen Euro. Bezahlt hatte die Gesellschaft gut ein Jahr zuvor bloß 19,1 Millionen Euro.

Thomas Olek nutzte das Kursplus zum Ausstieg
Die Gore kaufte nicht nur bei dem Publity-Fonds ein, sondern erwarb zwei weitere Objekte. Für die fünf Gebäude, die beim Börsengang Ende 2019 im Bestand waren, hatte sie in Summe 42,1 Millionen Euro investiert. Der Gang aufs Parkett zahlte sich aus: Der erste Kurs lag bei 6,20 Euro, was einem Börsenwert von gut 93 Millionen Euro entspricht. Die Anleger billigten der Holding also einen Wert zu, der mehr als dem Doppelten dessen entsprach, was einst für die Immobilien bezahlt worden war. Damals hielt Thomas Olek gut 65 Prozent der Gore-Aktien.

Nur wenige Wochen nach dem Börsengang verkaufte die Gore das Bürohaus in Telgte, für das sie dem Publity-Fonds Nr. 6 rund anderthalb Jahre zuvor 7,4 Millionen Euro überwiesen hatte, für 8,8 Millionen Euro weiter. Wieder ein gutes Geschäft für die Gore und ihren Großaktionär – der Börsenwert stieg weiter. Olek nutzte das Kursplus unterdessen zum Ausstieg: Anfang Juni 2020, der Kurs lag damals über zehn Euro, gab Gore bekannt, Oleks TO-Holding sei nun nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt.

"Zukunftserfolgswerte" peppen den Firmenwert auf
Größter Aktionär der Gore ist mittlerweile eine andere Gesellschaft, und zwar der Büroimmobilienkonzern Preos, ein Unternehmen der Publity-Gruppe. Und das kam so: Im Juli 2020 übernahm die Gore knapp 90 Prozent der Anteile einer Preos-Tochtergesellschaft, in der zwölf Bürohäuser gebündelt sind. Diese Firma wurde seinerzeit mit 200 Millionen Euro bewertet. Dafür zahlte die Gore kein Geld, sondern die Preos erhielt neue Gore-Aktien – und stieg damit zum Mehrheitsaktionär der Gesellschaft auf. Oleks Holding hält nun zwar keine Gore-Anteile mehr. Weil der Geschäftsmann aber der größte Publity-Aktionär ist, bleibt er mittelbar an der Gesellschaft beteiligt.

Bewertet wurde die Gore im Zuge dieser Transaktion mit 120 Millionen Euro, also beinahe dem Dreifachen dessen, was die Gesellschaft ein gutes halbes Jahr vorher in ihren damals fünf Immobilien stecken hatte. Der anfangs erwähnte Traum wurde Wirklichkeit – zumindest auf dem Papier. Die Bewertung der beiden Unternehmen orientierte sich damals nämlich nicht nur am Wert ihrer Büroobjekte, sondern es flossen auch sogenannte "Zukunftserfolgswerte" ein, die vor allem auf geplanten Zukäufen weiterer Immobilien basierten. Auf die Bitte von FONDS professionell ONLINE, näher zu erläutern, was hinter diesen Zukunftserfolgswerten steckt, ging die Firmengruppe nicht ein. Auch weitere Fragen der Redaktion zu den erwähnten Transaktionen blieben unbeantwortet.

Ist der Gore-Anteil wirklich fast 180 Millionen Euro wert?
An der Börse kam der Gore-Preos-Deal offensichtlich nicht so gut an. Seit im Juni die Details der Transaktion bekanntwurden, fällt der Gore-Kurs beinahe stetig. Jüngst wurde die Marke von vier Euro unterschritten. Aktionäre, die zum Börsengang einstiegen und dem Titel – anders als Olek – seither die Treue gehalten haben, sitzen mittlerweile auf einem satten Verlust.

War die Transaktion zumindest für die Preos ein lohnendes Geschäft? Auch das muss sich noch erweisen. Aufschluss geben kann an dieser Stelle ein Blick in den Wertpapierprospekt, den die Publity Ende November veröffentlichte, weil sie Käufer für den Großteil ihrer Preos-Aktien sucht – auch in Österreich (FONDS professionell ONLINE berichtete ausführlich). Demnach erwartet die Preos, ihren Anteil an der Gore im HGB-Jahresabschluss 2020 mit 179,8 Millionen Euro bilanzieren zu können, obwohl der Zeitwert des Gore-Immobilienvermögens Mitte 2020 nur bei 47,4 Millionen Euro lag.

Laut Wertpapierprospekt stuft die Publity das Risiko, dass der im Preos-Jahresabschluss anzusetzende Wert für die Gore-Beteilung "erheblich" unter den 179,8 Millionen Euro liegen wird, allerdings als "hoch" ein. Gut möglich also, dass die Hoffnung, der Wert von einer Handvoll Häusern könne sich im Laufe weniger Jahre verdreifachen, ein Traum bleibt. (bm)