Abstimmung. Die Treuhandgesellschaft der Wölbern Invest stellt derzeit bei rund 27.000 Anlegern von 24 Immobilienfonds von Wölbern die Errichtung eines Liquiditätspools zur Abstimmung. Bis zum 26. Januar sollen sie über den Beitritt ihrer jeweiligen Gesellschaft zu einer fondsübergreifenden Form eines Liquiditätsmanagements abstimmen.

Ziel. Erklärtes Ziel ist es, die Verzinsung der freien Liquidität der angeschlossenen Fonds zu erhöhen. Durch die Poolung der liquiden Mittel soll es ermöglicht werden, attraktivere Konditionen zu bekommen, als wenn einzelne Fonds vergleichsweise kleine Beträge anlegen. Den erzielbaren Zinsunterschied beziffert Thomas Kühl, Generalbevollmächtigter von Wölbern Invest, mit einem Prozentpunkt. Damit ließen sich, so seine Einschätzung, die 5.000 bis 15.000 Euro bestreiten, die für das ebenfalls zur Abstimmung gestellte Risikomanagement, das Controllingsystem und das Outsourcing der Fondsbuchhaltung an Zusatzkosten auf die Fonds zukommen.

Weitere Ziele. Mehr Attraktion dürfte jedoch von einem weiteren Ziel des Liquiditätspools ausgehen. Geschlossene Fonds machen immer häufiger die Erfahrung, dass die Kooperationsbereitschaft von Banken krisenbedingt abnimmt. Sie werden immer unflexibler und tendieren immer früher dazu, beispielsweise Loan-to-Value-Klauseln in Kreditverträgen geltend zu machen und die Bedingungen auch laufender Kredite rigide zu verschärfen. Insofern ist es das eigentliche Ziel der Errichtung der Wölbern-Liquiditätsmanagement GbR, ein Instrument zu schaffen, das dem Fondsmanagement Alternativen oder Ergänzungen zur kurzfristigen Kreditbeschaffung bietet.

Funktionsweise. Es dürfen lediglich Immobilienfonds Gesellschafter der Wölbern Liquiditätsmanagement GbR werden, also keine Fonds anderer Segmente des Emissionshauses, etwa Schiffs- oder Private-Equity-Fonds. Mit der Vorgabe, dass sich die beitretenden Fonds bisher prospektkonform oder nahezu prospektkonform entwickelt haben müssen, will Wölbern vorbeugen, dass Fonds beitreten, die gegenwärtig bereits einen Liquiditätsengpass haben. Beitretende Fonds können freie Liquidität, also Kapital, über das die Fondsgesellschaft nach Kapitaldienst, Fonds- und Immobilienkosten verfügt, dem Liquiditätsmanagement zur Verfügung stellen. Die angeschlossenen Fonds können dann einen etwaigen Kreditbedarf anmelden. Im Einzelfall darf ein Kreditbetrag von 500.000 Euro nicht überschritten werden, es lassen sich jedoch mehrere Kredite kumulieren, so dass auch höhere Beträge zur Verfügung gestellt werden können. Als Bearbeitungsgebühr wird ein Promille des Kreditbetrags fällig, das heißt 500 bis maximal 2.000 Euro. Die Kredit nehmenden Fonds müssen Sicherheiten stellen, die mit „banküblichen Maßstäben“ bewertet, wie es in einem ergänzenden Informationsschreiben heißt, 120 Prozent des Kreditbetrags ausmachen. Die Fondsgesellschaften, die dem Pool beitreten, konstituieren die Wölbern-Liquiditätsmanagement GbR, sie dient jedoch lediglich als juristischer Rahmen. Für sie gibt es keinen Gesellschaftsvertrag, sie kann keine Darlehen aufnehmen und sie nimmt keinen eigentlichen Geschäftsbetrieb auf. Das Zustandekommen einzelner bilateraler Kreditverträge zwischen zwei oder gegebenenfalls mehreren Fondsgesellschaften organisiert die niederländische Tochtergesellschaft Wölbern Invest B.V. Sie soll das Liquiditätsmanagement verwalten, die gestellten Sicherheiten auf ihre Werthaltigkeit prüfen und die Anlage der gebündelten freien Liquidität organisieren. Weil dafür bei 18 in Frage kommenden Hollandfonds eine niederländische Präsenz von Vorteil sei, argumentiert Wölbern, entschied man sich für eine Gesellschaft nach niederländischem Recht. Sie soll auch alle Geschäftsvorfälle dokumentieren und abrechnen.

Vorteile – Nachteile. Der Vorteil dieses Liquiditätsmanagementsystems besteht in der Möglichkeit, sich bei der Eindeckung mit kurzfristig benötigter Liquidität von der Macht der Banken – zumindest ein Stück weit – zu befreien. Das kann die Flexibilität und die langfristige Sicherheit der beteiligten Fonds erhöhen. Thomas Kühl bevorzugt entsprechend auch die Bezeichnung „Stabilitätspakt“ statt Liquiditätspool. Er kann geeignet sein, den Folgen der aktuellen Verwerfungen in der Bankenlandschaft Paroli zu bieten. Auch bietet er Vorzüge im Hinblick auf die sich abzeichnende Verschärfung von Controllinganforderung im Zuge der Fondsregulierung. Der Nachteil der Konstruktion ist indes darin zu sehen, dass die Grenzen einzelner Fonds, was ihr je eigenes Liquiditätsmanagement betrifft, aufgelöst werden. Das künftige Liquiditätsmanagement wird die Liquiditätssituation jedes einzelnen Fonds freilich auch weiterhin vor dem Hintergrund dessen spezifischer Situation, Entwicklungs- und Reaktionsmöglichkeiten beurteilen. Die Spielräume jedoch, die im Hinblick auf Liquiditätspolitik sich in jedem Fonds anders darstellen, unterschiedlich groß sind und je individuelle Maßnahmen erfordern, die werden künftig aus der Perspektive derjenigen Fonds beurteilt, die Liquiditätsbedarf haben. Anders gesagt: Das Solidarprinzip, zu dem sich die Anleger der Fonds bekennen sollen, ist vor allem aus der Perspektive des Emissionshauses nur positiv besetzt. Anlegern der einzelnen Fonds ist es nicht zu verübeln, wenn ihnen das Schicksal eines anderen Wölbern-Fonds, in dem sie nicht investiert sind, wurst ist.

Solidarprinzip? Erklärungsbedürftig bleibt, warum nur die Fondsgesellschaften Liquidität in den Pool einbringen sollen, das Management Liquidität aber auch „an Dritte innerhalb des Wölbern Konzerns“ vergeben kann, wie es im ergänzenden Informationsblatt heißt. Die müssten zwar dieselben Voraussetzungen erfüllen, würden jedoch in den Genuss der Vorzüge des Pools kommen, ohne ihrerseits Risikokapital bereitzustellen.

Freie Liquidität. Unklar bleibt auf dem bisherigen Stand der Information, die Wölbern anbietet, welche Rolle ausschüttungsfähige Liquidität spielen wird. Als „freie Liquidität“ wird bestimmt, worüber der Fonds nach Kapitaldienst, Immobilien- und Fondskosten verfügt. Ausschüttungsfähige Liquidität ist aber gleichermaßen vorgesehen, dem Pool zur Verfügung stellen zu können. Es mag für Anleger reizvoll sein, auf ihre Ausschüttungen weitere mindestens 3,5 Prozent zu bekommen. Die Entscheidung darüber, ob sie sie dafür erneut einem Risiko aussetzen wollen, delegieren Anleger jedoch mit ihrer jetzt gefragten Zustimmung auch für alle zukünftigen Fälle an das Liquiditätsmanagement.

Teilnehmer. Wölbern spricht von 24 Immobilienfonds, die in Frage kommen, dem Liquiditätsmanagementsystem beizutreten. Auf Nachfrage listet Wölbern jedoch namentlich 28 Immobilienfonds auf, die die formalen Voraussetzungen erfüllen würden, dem Liquiditätspool beizutreten.

Haftung und Rückforderungsanspruch. Die Haftung der Unternehmen, die der Wölbern Liquiditätsmanagement GbR beitreten, soll auf den jeweils eingebrachten Anteil an Liquidität beschränkt sein. Grundsätzlich kennzeichnet die GbR, dass sich die Haftung ihrer Gesellschafter auf deren gesamtes Vermögen erstreckt. Die Beschränkung auf den Betrag der zur Verfügung gestellten Liquidität soll dadurch gegeben sein, dass sie selbst kein operatives Geschäft betreibt, sich also kein unternehmerisches Risiko einstellen kann. Die Liquiditätsanlage und -vermittlung ist allein Aufgabe der Wölbern Invest B.V., die ihrerseits als das holländische Pendant zur deutschen GmbH über eine Haftungsbeschränkung verfügt. Ein Rückforderungsanspruch, der sich für einen Fonds aus einem anderen Gesellschaften gewährtem Darlehen ergibt, steht ihm jedoch, laut ergänzendem Informationsschreiben, allein gegen die GbR zu.

fondstelegramm-Meinung. Anleger und Vertriebe sind zu Recht verunsichert. Wölbern stellt auf drei Seiten ein sehr komplexes Modell vor. Das geht freilich nicht ohne Verkürzungen, die Vermutungen und Ratlosigkeit Raum geben. Ein wesentlicher Kritikpunkt ist, dass diejenigen, die den Kapitalbedarf anmelden, nämlich die Geschäftsführung der jeweiligen Fondsgesellschaft, und diejenigen, die über die Vergabe des Kredits entscheiden, dieselben sind: das Wölbern-Fondsmanagement. Das hat gegebenenfalls Abwicklungs-, Kosten- und Zeitvorteile zu womöglich besseren als Bankenkonditionen. Es hat aber den Nachteil, dass auch andere als die ureignen Interessen eines einzelnen Fonds zum Tragen kommen können. Das setzt ein noch höheres als das ohnehin schon notwendige Maß an Vertrauen ins Wölbern-Management voraus. Zwar soll eine externe Revision die Einhaltung der Vergaberegeln kontrollieren. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass das jeweils individuelle Management der Liquidität eines Fonds an eine fondsübergreifende Instanz delegiert werden soll, die entsprechend fondsübergreifende Interessen wahrnehmen wird. Es muss dem Fondsmanagement also gelingen, das allgemeine Interesse der GbR-Fonds und das besondere Interesse jedes einzelnen Fonds in Einklang zu bringen. Das ist nicht selbstverständlich und erfordert einen erhöhten Vertrauensvorschuss, den Wölbern seinen Anlegern nachträglich abverlangt. Anleger sollten ihre Entscheidung für oder gegen den Beitritt ihres Fonds zum Liquiditätsmanagement davon abhängig machen, wie sehr Wölbern etwaige Bedenken durch zusätzliche Informationen und umfängliche Aufklärung zerstreuen kann.

Wölbern stellt ihren Anlegern die Vertrauensfrage. Wem die bisherige Informationslage zu dünn ist, kann die eingerichtete Hotline bei Wölbern unter 040/323181-444 nutzen