Die Branche der Sachwertanbieter bleibt bewegt. Nachdem die Regulierung gestemmt wurde, steht die nächste Herausforderung mit dem Thema Digitalisierung vor der Tür. Die Emissionshäuser befinden sich im Transformationsprozess.

Einerseits sammeln Sachwertinvestitionen in Immobilien wieder vermehrt Anlegergelder ein, auf der anderen Seite erschütterte eben P&R wieder die gesamte Branche. Wie blicken Sie derzeit auf die Entwicklungen des Marktes?
Ottmar Heinen: Der von P&R verursachte Skandal war für die Beteiligungsbranche insgesamt sicher nicht förderlich, um Vertrauen bei Anlegern zu festigen. Allerdings ist das Umfeld für Sachwertanlagen vor allem im Immobilienbereich weiterhin äußerst positiv, was die Nachfrage nach Anlageprodukten treibt. Auch unser Haus konnte im ersten Halbjahr die Messlatte nochmals höher legen und mit 54,5 Millionen Euro fünf Prozent mehr Eigenkapital von Anlegern erhalten als im Vorjahr. Insgesamt sind wir sehr zuversichtlich hinsichtlich der künftigen Marktentwicklung und sehen für die Sachwertbranche im anhaltenden Niedrigzinsumfeld, das gemäß EZB bis mindestens Sommer 2019 anhalten wird, weiterhin Wachstumspotential.

Sie bieten ihren Beratern seit Ende 2017 die Onlinezeichnung an. Welche Voraussetzung mussten Sie dafür im Haus schaffen? Mit wem arbeiten Sie technisch zusammen?
Ottmar Heinen: Als Partner für Onlinezeichnung haben wir uns für Fundsaccess entschieden. Als Voraussetzung wurden die internen Abwicklungsprozesse etabliert und unsere Vertriebsmitarbeiter auf das neue System geschult sowie für interessierte Partner Zugänge geschaffen.

Wie kommt die technische Möglichkeit bei den Vertrieben an?
Ottmar Heinen: Unsere Partner schätzen die Bereitstellung der digitalen Zeichnungsmöglichkeit. In der Praxis werden jedoch aktuell noch 9 von 10 Zeichnungsscheinen auf die traditionelle Art und Weise eingereicht. Dennoch sind wir der Überzeugung, dass in wenigen Jahren schon der digitale den schriftlichen Weg vollständig abgelöst haben wird. Digitale Vorteile wie Echtzeit-Plausibilitätschecks während der Daten-Eingabe sind dann nicht mehr wegzudenken, weil sie Geschwindigkeit und Effizienz erhöhen und Fehler vermeiden. Zudem werden die Daten rechtskonform erhoben, archiviert und sind immer aktuell sowie rund um die Uhr verfügbar. Damit können sich unsere Berater auf das Wesentliche, nämlich eine gute Beratung des Kunden, konzentrieren. Wir setzen also auch in einer digitalen Welt auf unsere Vertriebspartner.

Würden Sie so weit gehen und sagen, dass sich mit Digitalisierung Umsatz steigern lässt?
Ottmar Heinen: Richtig, ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass sich der Grad der Digitalisierung auch auf die Rendite der Beteiligungsangebote auswirken kann. Hier geht es in erster Linie um Effizienzsteigerung. Digitalisierungsstrategien helfen uns Synergiepotentiale besser zu erkennen und Kosteneinsparungen für unsere Beteiligungsangebote vorzunehmen. Ein Beispiel: Unsere Researchabteilung beim Asset Manager verfügt über selbst konzipierte EDV-Systeme, um Kauf- und Verkaufspreise von Wohnungen in allen von uns vertretenen Metropolregionen zu überwachen, Marktentwicklungen realistisch abzubilden und Tendenzen frühzeitig zu erkennen. Dadurch können wir stets marktgerecht kalkulieren und optimieren auf diese Weise die Rendite. Davon profitiert am Ende der Anleger. Insgesamt wird der Anleger in einer digitalen Welt mehr und bessere Informationen erhalten und sich für das für ihn geeignete Anlageprodukt entweder in der Direktauswahl online oder über einen qualifizierten Berater entscheiden können.

Auf allen Feldern der Immobilienentwicklung und – betreuung schlagen gerade die Digitalsierungswellen durch. Wo transformiert die Project Gruppe derzeit noch die internen Abläufe?
Ottmar Heinen: Wir haben beispielsweise unser Partnerportal rundum erneuert und bieten seit Jahresmitte auch unseren Anlegern ein eigenes zeitgemäßes Portal zur Verwaltung ihrer Daten und Zeichnungen an. Wie zuvor erwähnt, unternimmt auch unser exklusiver Asset Manager, die Project Immobilien Gruppe, intensive Anstrengungen, um Wertschöpfungsprozesse weiter zu standardisieren und zu digitalisieren. Stichwort ist das Lean Management.
Die Transformierung geht aber noch viel weiter und betrifft inzwischen digitale Angebote für unsere Wohnungskäufer. Von Virtual-Reality-Inhalten bis zur eigenen Quartiers-App bieten wir eine ganze Bandbreite an Informationen und Services mit echtem Mehrwert für den Kunden. Dazu zählt die digitale Wohnungsakte, in der alle relevanten Unterlagen zur Wohnung hinterlegt und jederzeit abrufbar sind, zum Beispiel für uns der komplette Bau- und Planungsverlauf oder für den Käufer beziehungsweise Mieter die letzte Nebenkostenabrechnung. So spart man sich ein gutes Stück Arbeit beim Abheften und Aufbewahren von Unterlagen.
Im täglichen Leben ist jedoch das eigentliche Highlight der Service-Butler, über den mit wenigen Klicks eine Reihe von Dienstleistungen gebucht werden können, die im Alltag viel Zeit sparen. Zum Beispiel steht allen Bewohnern eine automatisierte Be- und Entladestation mit Wäsche- und Paketboxen zur Verfügung. Hier können Pakete oder die zu waschende Wäsche abgegeben und empfangen werden. Dadurch sparen sich die Bewohner viel Zeit, Fahrten zur Post oder zur Reinigung. Sie merken, dass die Digitalisierung sich durch die gesamte Wertschöpfungskette sowohl auf unserer als auch auf der Käuferseite zieht und erhebliche Effekte mit sich bringt.

Was halten Sie von Crowdinvestings? Planen Sie Angebote in diesem Bereich?
Ottmar Heinen: Die stete Digitalisierung der Sachwertbranche und die zunehmend online-affinen Anleger erfordern, dass man sich als Marktteilnehmer auch mit Crowdinvesting-Angeboten auseinandersetzt, mit denen wir im direkten Wettbewerb stehen. Wir prüfen derzeit weitere Produkte für unser Angebotsportfolio. Konkrete Umsetzungen zu einem bestimmten Zeitpunkt sind allerdings bislang nicht geplant.

Zuletzt: Geben Sie uns eine Einschätzung zum Wohnimmobilienmarkt in Deutschland. Gibt es bereits schnelle Erteilungen von Baugenehmigungen? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Ottmar Heinen: Die Nachfrage nach Wohnraum in den Metropolregionen steigt weiter. Gegen eine Blase sprechen weiterhin die Fundamentaldaten: Die Wohnraumnachfrage in den Ballungszentren ist hoch und wächst weiter, gleichzeitig ist das Angebot und die Bautätigkeit nach wie vor niedrig. Die viel zitierte Lehre der Marktwirtschaft, wonach Angebot und Nachfrage den Preis regeln, sei an dieser Stelle genannt. Ein wichtiger Blasen-Parameter ist die Kreditvergabepraxis deutscher Banken, die nach wie vor als defensiv zu beurteilen ist. In einigen Kernregionen und einzelnen Stadtteilen von München, Berlin, Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf sind zum Teil deutlich gestiegene Preise vorzufinden. Hier weichen wir erfolgreich auf den Speckgürtel aus und finden weiterhin genügend Baugrundstücke mit hohem Entwicklungspotential und zu vernünftigen Preisen für unsere AIF.
Hinsichtlich der Geschwindigkeit bei der Erteilung von Baugenehmigungen gibt es nach wie vor teilweise erheblichen Optimierungsbedarf. Vor allem München und Wien bilden mit rund zwölf Monaten das größte Nadelöhr innerhalb der Metropolregionen, in die wir investieren. Hamburg und Frankfurt liegen bei circa sieben bis acht Monaten, Nürnberg bei etwa sechs Monaten. Mit vier bis fünf Monaten gehört Berlin zu den Städten mit den schnellsten Genehmigungsverfahren. Wenn man sich die gestiegenen Kosten für eine Immobilienentwicklung und einen Hauptgrund für die noch immer zu geringe Bautätigkeit anschaut, dann liegt dieser vor allem auch in den bautechnischen Auflagen, die wir in Deutschland vorfinden. Solange dadurch weder der Ersatz, noch der bestehende Grundbedarf geschaffen werden können, werden sich die Kaufpreise weiterhin auf einem für unsere Anleger sehr interessanten Niveau bewegen.

Ottmar Heinen ist Vorstand Vertrieb und Marketing der PROJECT Beteiligungen AG.