Schleuderpreis. Die Westfonds Immobilien-Anlagegesellschaft mbH versucht derzeit den Anlegern des Westfonds 4 den Verkauf der Fondsimmobilie, die Gera Arcaden, schmackhaft zu machen. Für 105 Millionen Euro liegt ein verbindliches Kaufangebot zweier Tochtergesellschaften der MFI Management für Immobilien AG vor, die zugleich der Objektverwalter der Fondsimmobilie ist. Legt man die Mieteinnahmenprognose für 2011 aus dem jüngsten Geschäftsbericht zu Grunde, ergibt sich ein Verkaufsfaktor von gerade mal zwölf Jahresmieten. Ein Schleuderpreis?

Das Objekt. Das innerstädtische Einkaufscenter Gera Arcaden umfasst neben rund 32.000 Quadratmeter Einzelhandels- und Gastronomiefläche noch rund 4.500 Quadratmeter Bürofläche. Es wurde 1998 gebaut und in den Fonds zu umgerechnet 118,6 Millionen Euro eingebracht. 2008 und 2009 wurde das Objekt für rund acht Millionen Euro modernisiert. Derzeitige Hauptmieter sind u.a. Kaufland, H&M, C&A, Promarkt und Douglas. Nach den Modernisierungsarbeiten wurde vor zwei Jahren die Branchen- und Mieterstruktur verbessert und wesentliche Mietverträge um fünf beziehungsweise zehn Jahre verlängert. Für mehr als die Hälfte der Mietflächen bestehen Verträge über 2015 hinaus.

Interesse und Desinteresse. Das Einkaufscenter Gera Arcaden wird von MFI gemanagt, dem zweitgrößten Center-Manager in Deutschland nach ECE. Mitte April gab das Unternehmen bekannt, den Eigenbestand an Immobilien forcieren zu wollen. Vergangenes Jahr bereits war der Finanzdienstleister Parella Weinberg als Mehrheitsaktionär bei MFI eingestiegen, im Frühjahr dieses Jahres gab es eine weitere Kapitalerhöhung um 75 Millionen Euro. Westfonds hingegen wird das Fondsgeschäft nicht mehr fortführen und hat Interesse an einer schnellen Liquidation seiner Fondsgesellschaften.

Entscheidungsgrundlage unzureichend. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2010 wurde durch die Fondsgesellschaft eine neue Gutachterkommission bestellt. Warum die jedoch in einer Kaufpreisschätzung für die Immobilie auf genau denselben Wert kommt, den auch die vorausgegangene Kommission schon taxierte – allerdings vor den Modernisierungsmaßnehmen und den Mietvertragsverlängerungen – das lässt sich aus der Anlegerkorrespondenz nicht erschließen. Auch fehlen Angaben darüber, ob Vergleichsangebote vorliegen, der Geschäftsbericht 2009 spricht immerhin noch davon, dass sich „vier Investoren für das Objekt interessiert“ hätten.

Kaufpreis. Der Kaufpreis von 105 Millionen Euro würde einem Liquidationserlös von rund 60 Prozent des nominalen Zeichnungsbetrags ermöglichen. Auf der Basis der Prognose fürs Jahr 2011, wie man sie dem jüngsten Geschäftsbericht entnehmen muss, weil auch hierzu das Anlegerschreiben keine Angaben macht, lässt sich ein Verkaufsfaktor von 12 errechnen. „Einkaufszentren dieser Art und in vergleichbarer Lage werden aktuell zum 12,5- bis 13,5-Fachen der nachhaltigen marktgerechten Jahresmiete gehandelt“, sagt der Geschäftsführer der Delamotte Real Estate GmbH. Da die wesentlichen Mietverträge erst 2008 und 2009 verlängert wurden, ist wahrscheinlich auch kein Abschlag dafür vorzunehmen, dass die Immobilie möglicherweise overrented ist. Die Differenz beim Faktor hat zur Folge, dass den Anlegern eine mögliche Mehrerlöschance von bis zu 13 Millionen Euro vorenthalten bleibt.

fondstelegramm-Meinung. Zugestanden: Die Immobilie steht im Osten der Republik, und Gera ist nicht das, was man eine boomende Metropole nennen würde. Aber das Einkaufscenter steht gut da: Die Substanz ist in Ordnung, die Mieter sind gut und langfristig gebunden, und gut laufende Immobilien, zumal Einzelhandelsimmobilien sind zurzeit sehr begehrt. Vor dem Hintergrund hätte sich die West LB etwas mehr ins Zeug legen dürfen, einen lukrativeren Exit für die Anleger hinzukriegen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihr der Objektverwalter MFI in der Sache näher steht, als die Fondsanleger. Während Initiatoren-Diktion sonst voller Zweckoptimismus ist, überwiegen in der Prognose des letzten Geschäftsberichts und im Anlegerschreiben düstere Töne. Ohne zusätzliche Erklärungen seitens West LB und ohne die Vorstellung von Alternativen sollten Anleger gegen den Verkauf stimmen.

Zweckpessimismus. Schon mal gehört? Hier haben wir ein Musterbeispiel.