Insolvenz. Am vergangenen Dienstag hat die kleine Fluggesellschaft Hamburg International (HI) Insolvenz angemeldet. Dem Insolvenzantrag vorausgegangen waren das Scheitern von Investorenverhandlungen und die Kündigung der Flugzeugleasingverträge durch die Eigentümergesellschaften. Betroffen sind fünf Flugzeugfonds von Lloyd Fonds, Wölbern Invest, HGA Capital und Wealthcap. Nun müssen die Assetmanager ihre Krisenfestigkeit beweisen und neue Beschäftigung für sechs A319-Maschinen finden.

Hintergründe. Die 1998 gegründete Fluggesellschaft steckte seit Jahren immer wieder in Liquiditätsschwierigkeiten, insofern hätte die Pleite nicht wirklich überraschen dürfen, heißt es in Branchenkreisen. Die Geschäftszahlen sind jedoch nicht transparent, da das Unternehmen nicht publizitätspflichtig ist. Es gilt jedoch als ausgemacht, dass einerseits die Wirtschaftskrise und andererseits kaufmännische Mängel etwa beim Hedging des Treibstoffs und Wechselkurses zwischen Euro und US-Dollar neuerlich schwer zugesetzt haben. Im Konzernabschluss 2008 steht ein Verlust von 24 Millionen Euro zu Buche, davon 19 Millionen Euro nicht durch Eigenkapital gedeckt. Nicht zuletzt war die Airline auf der Suche nach einem Investor, der auch gefunden wurde und im Mai 2009 mit 16 Millionen Euro liquiden Mitteln einstieg.

Plötzliche Wende. In den vergangenen Tagen waren die Sanierungsbemühungen offenbar sehr weit fortgeschritten, bis es sehr schnell ganz anders kam. Das zumindest vorläufige Scheitern eines neuen Investors sorgt trotzdem für Kopfschütteln: Denn dem Vernehmen nach hat ausgerechnet die HSH-Leasingtochter Amentum am vergangenen Monat den Leasingvertrag gekündigt und die Maschine unmittelbar sichergestellt. Vor dem Hintergrund, dass eine andere HSH-Tochter die Investorengespräche maßgeblich arrangiert hat, ein institutioneller HSH-Fonds zwei Maschinen an HI vermietet hat und der Einstieg eines neuen Geldgebers schon fast unter Dach und Fach war, ist diese unerwartete Entscheidung bizarr. Dieser Kehrtwende schlossen sich schließlich die weiteren vier Leasinggeber an.

Viele Fragen. Fragen zur Vergangenheit werden sich die Fluggesellschaft und auch die Fondsinitiatoren gefallen lassen müssen. Dass HI möglicherweise als Fondspartner gar nicht in Frage hätte kommen dürfen, spielt für die Anleger heute keine Rolle. Abgesehen davon hält Lloyd-Fonds-Chef Thorsten Teichert das HI-Geschäftsmodell – Schwerpunkt Ferien- und Charterflüge – nach wie vor für spannend und nicht für die Insolvenz maßgeblich. In der Krise hätten sich kaufmännische Mängel und Managementfehler herausgestellt, die vorher nicht zu erkennen gewesen seien. Den Investoren hilft das nicht weiter; sie wollen wissen, was nun mit ihren Fonds geschieht.

Anschnallen. Zwar hat sich die Luftfahrt insgesamt und weltweit betrachtet von den heftigen Turbulenzen erholt. Dennoch ist der Markt für A319-Maschinen schwierig. Nicht nur, dass jeder einzelne frühere HI-Flieger nun im direkten Wettbewerb um einen neuen Job steht. Auch andere Maschinen von Gesellschaften, die ihre Flotte restrukturieren oder ebenfalls insolvent sind, stellen Konkurrenz dar. Im Moment dürften die prospektieren Leasingraten außer Reichweite sein, was Lloyd Fonds und Wölbern Invest offen eingestehen. In Fachkreisen heißt es überdies, dass der A319, obwohl er zur beliebten A320-Familie gehört, schwieriger an erstklassige Airlines neu zu vermieten ist als der A320 selbst. Ein Verkauf der Maschinen würde dem Fonds aller Wahrscheinlichkeit nur mit hohen Abschlägen gelingen und ist mithin eine schlechte Alternative zur Weitervermietung. Ende September 2010 waren laut Airbus 1.265 A319-Maschinen weltweit im Einsatz, davon 533 in Europa. Easyjet, Air France, British Airways, Air Berlin und Lufthansa haben die meisten Flieger dieses Typs in Betrieb. Nordamerika und China sind die zweitgrößten Abnehmer-Regionen.

Lloyd Fonds. Der Fonds Air Portfolio II hatte zwei Maschinen an HI vermietet. Die Flugzeuge sind sichergestellt und parken in Paderborn. Der Assetmanager Doric habe mitgeteilt, dass keine technischen Mängel vorhanden sein. HI schuldet dem Fonds sieben Leasingraten (ca. 1,6 Millionen Euro), von denen drei ungedeckt sind, und 800.000 Euro Wartungskostenvorauszahlungen. Die Darlehenstilgung kann gemäß Kreditvertrag für sechs Monate ausgesetzt werden. Der Zinsdienst muss aus der Fondsliquidität geleistet werden – ebenso wie der Aufwand für die Anschlussvermietung (Remarketing). Doric muss also einen neuen Mieter finden und das kann marktübliche fünf bis sechs Monate dauern. Ob die A319 zunächst kurzfristig vergeben werden, um etwas entspannter eine längerfristige Beschäftigung finden zu können, steht noch nicht fest.

Wölbern Invest. Zwei Fonds haben jeweils einen A319 finanziert. Laut Thomas Kühl, Generalbevollmächtigter des Emissionshauses, sollen die Maschinen in den nächsten Monaten kurzfristig bei einer europäischen Airline zum Einsatz kommen. Derweil stehen die Flieger in Düsseldorf. Das Unternehmen Aircraft Leasing & Management (ALM) hat die Aufgabe, während dieser Übergangslösung eine mittel- bis langfristige Anschlussbeschäftigung zu finden. Die Außenstände belaufen sich auf insgesamt acht Leasingraten, die der Initiator zunächst für uneinbringlich hält. Die Kreditzinsen können aus der vorhandenen Liquidität bedient werden; die Tilgung ist wie bei Lloyd Fonds vorübergehend ausgesetzt. Beide Emissionshäuser schließen übrigens die Wiedervermietung an HI nicht aus, wenn die Bonität nach der Sanierung entsprechend gut und das wirtschaftliche Konzept plausibel sind.

HGA und Wealthcap. Beide Initiatoren haben jeweils einen Co-Invest-Fonds aufgelegt. Diese Gesellschaften haben Genussrechte an dem institutionellen Fonds HSH Gobal Aircraft erworben. Dessen Portfolio besteht aus 18 Maschinen inklusive zwei betroffene HI-Flieger. Folglich wird der Ausfall von den Mieteinnahmen durch die übrigen Flugzeuge teilweise aufgefangen. Assetmanager ist die HSH-Tochter Amentum Capital. Das irische Unternehmen befindet sich nach Auskunft der HGA „in Gesprächen mit verschiedenen Fluggesellschaften“. Wealthcap wollte heute noch nicht Stellung beziehen.

fondstelegramm-Meinung. Die betroffenen Fonds werden ihren prognostizierten wirtschaftlichen Verlauf nicht mehr halten können. Anleger müssen sich schon jetzt darauf einstellen, dass ihr Ergebnis am Ende deutlich schwächer ausfallen wird. Derzeit sondieren Fonds- und Assetmanager die Fakten. Die Anleger und involvierten Vertriebe sind informiert. Erfreulich ist die große Auskunftsbereitschaft von Lloyd Fonds, Wölbern und HGA. Entscheidend ist allerdings, was die Assetmanager aus dieser schwierigen Situation machen. Bei Gelegenheit sollte darüber diskutiert werden, ob eine Airline wie HI für einen Privatanlegerfonds geeignet ist.

Die Maschinen sind erstmal gegroundet, die Verhandlungen hingegen müssen jetzt auf Hochtouren gehen.