Stellschrauben. Die Renditeaussichten sind branchenweit gesunken. Selbst mit einer Vier oder Fünf vor dem Komma wird es in vielen Zielmärkten schwer. Vertriebe und Anleger sollten sich nicht vorrangig von den prospektierten Aussichten leiten lassen. Es ist insbesondere darauf zu achten, wie die in der Regel noch nicht fixierten Parameter wie Rücklagen, Inflationsrate, Wechselkurs, Anschlussfinanzierung, Verwaltungskosten und Verkaufserlös kalkuliert sind. Die Versuchung seitens der Anbieter ist groß, an diesen Stellschrauben zu drehen, um die gewünschte Rendite in Aussicht stellen zu können. Je weniger Parameter im Vorfeld festgelegt sind, desto mehr Stellschrauben lassen sich bewegen.

Inflationsrate. Die Inflationskalkulation spielt vor allem bei geschlossenen Immobilienfonds eine wichtige Rolle. Als Faustregel gilt: Je höher der Restwert eines langfristigen Wirtschaftsguts ist, desto wichtiger ist die Inflationsannahme. Bei Immobilien mit langfristigen Mietverträgen ist eine Anpassung an den Verbraucherpreisindex mittels Indexierungsklausel vertraglich festgelegt. Über eine zehnjährige Laufzeit beispielsweise lässt sich mit einer um 0,25 Prozentpunkte höher kalkulierten Inflationsrate die Renditeprognose um bis zu einen halben Prozentpunkt anheben. Der Hebel setzt gleich an zwei Stellen an: Zum einen steigen die Erwartungen an die Miethöhe, zum anderen erhöht sich der kalkulierte Verkaufserlös. Schließlich bezieht sich der Verkaufsfaktor auf die Jahresmiete des Exitjahres.

Zu optimistisch. „In der Regel wird die Inflationsrate etwas zu optimistisch kalkuliert und entspricht eher selten dem langfristigen Durchschnitt“, beobachtet Wolfgang Kubatzki von Feri Euro Rating Services. Die Hamburger Sparkasse erwartet bis 2011 eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent. So bevorzugt Martin Römling, Leiter Geschlossene Fonds, Immobilienfonds, die mit einer Inflationsrate von höchstens 2,25 Prozent rechnen.

Kaufpreis. Liegt im Einkauf tatsächlich der Gewinn, wie es im Werbematerial der Fondsanbieter so oft heißt? Diese Aussage lockt Vertriebe und Anleger auf eine falsche Fährte. Sehr gute Projekte sind äußerst selten deutlich unter dem inneren Wert zu bekommen. Und günstige Immobilien können ihre Tücken haben. Die isolierte Betrachtung des Einkaufsfaktors gibt keinen Aufschluss über die Qualität der Investition. Erst der Verkauf am Ende entscheidet, ob der mögliche Einkaufsvorteil tatsächlich genutzt wurde.

Eingeschränkte Vergleichbarkeit. Es ist auch ein Trugschluss, Kaufpreisfaktoren verschiedener Fonds ohne Weiteres miteinander vergleichen zu können. Es kommt nicht zuletzt darauf an, ob die anfängliche Jahresmiete in Relation zum Netto- oder zum Bruttokaufpreis steht. Leider sind die Kosten nur selten exakt und en detail im Prospekt ausgewiesen – ein Punkt, den die Bafin bei ihren künftigen Prospektgestattungen berücksichtigen und vereinheitlichen sollte.

Angemessene Preise. Auf die Frage, welcher Kaufpreisfaktor angemessen ist, gibt es keine allgemeingültige Antwort. Die Angemessenheit hängt wesentlich von der Anlagestrategie des Investors und dessen Zeithorizont ab. Zielt er auf eine Vermögenssicherung ab, kann der Kaufpreis höher ausfallen, sofern die übrigen Parameter stimmen. Steht hingegen die Vermögensvermehrung im Vordergrund, müssen Anleger höhere Risiken eingehen. Wer sieben bis acht Prozent Ausschüttung pro Jahr erhalten möchte, ist allerdings mit einem Fonds und einem Einkaufsfaktor 18 falsch beraten. Wegen ihrer eingeschränkten Aussagekräftigkeit sind Kaufpreisfaktoren stets mit Vorsicht zu genießen. Vielmehr kommt es auf die laufende Bewirtschaftung und die Annahmen in der Prognose an.

Mit den Stellschrauben in der Prognoserechung, insbesondere der Inflationsrate und dem Einkaufsfaktor, befasst sich die Fondszeitung in der Ausgabe 13-2010. Weitere Themen der aktuellen Fondszeitung:
Solarfonds: Wie ist der Stand bei den geplanten Kürzungen der Vergütung? Inwiefern ändern Blindpools ihre Investitionsstrategie? Warum sind Dachanlagen so gefragt? Mit welchen Partnern arbeiten die Solarfonds zusammen?
Agrarfonds: Wie entwickeln sich die Zielmärkte? Welche Rolle spielt die Landknappheit? Über welche Vehikel können Anleger investieren? Welche Rolle spielen geschlossene Agrarfonds? Wie steht es um die Kosten?