Mit verdeckten Karten. Überkapazitäten, gesunkene Charterraten, gestiegene Betriebskosten, überzogene Kalkulationen, äußerst restriktive Haltung der Banken – die Liste der Faktoren, die bei immer mehr Fonds das Fass zum Überlaufen bringen, ist lang. Die Banken halten sich bei der Sanierung zurück. Frisches Kapital haben die Anleger nachzuschießen oder über Ausschüttungsrückzahlungen aufzubringen, um die Insolvenz abzuwenden. Wird ein Fonds zahlungsunfähig, können sich die Gläubiger immer noch aus der Insolvenzmasse bedienen. Es gibt nicht wenige Marktteilnehmer, die eine regelrechte Welle von Aufkäufen notleidender Schiffe durch Banken zu Schnäppchenpreisen auf die Branche zukommen sehen – durchaus auch von Geldinstituten, die für die jeweiligen Schiffe zuvor selbst Darlehensgeber waren. Die Banken selbst halten sich zu dem Thema bedeckt oder dementieren. Verständlich, dass sie sich bei dem so lukrativen Geschäft nicht in die Karten schauen lassen wollen.

Banken als Schnäppchenjäger? Der Zwangsverkauf des ehemaligen Fafa-Fondsschiffs MS Charline wirft Fragen auf. Viele Anleger hatten ihr Kapital bei der MS Charline abgeschrieben und waren nicht bereit, Kapital nachzulegen. Die HSH Nordbank sah laut Treuhänder AAJ „keine Perspektive, die in Schieflage geratene Gesellschaft weiterhin zu stützen und das Sanierungskonzept zu begleiten“. Der Fonds wurde zahlungsunfähig. Der Verkaufserlös deckte nicht einmal die Verbindlichkeiten. Der Verkauf über eine Zwangsversteigerung stand bereits fest, bevor Ende Dezember 2008 überhaupt der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Den Zuschlag, so trommelt es der Buschfunk unter Berufung auf Reedereikreise, erhielt die HSH Nordbank, die den Frachter gleich weiterverkauft haben soll. Eine entsprechende Anfrage bei HSH blieb bislang unbeantwortet. Fest steht: 6,1 Millionen US-Dollar zahlte der Käufer gerade mal für das Schiff – ein echtes Schnäppchen, von dem opportunistisch ausgerichtete Schiffsbeteiligungen nur träumen können.

Folgen der Insolvenz: Mehr als 90 Fondsschiffe sind aktuell in Not. Sanierungspläne werden diskutiert und sind bereits auf den Weg gebracht. In elf Fällen kommt jedoch jede Hilfe zu spät. Hier blieb den Verantwortlichen nichts anderes Übrig, als Insolvenz anzumelden. Was bedeutet die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Anleger? Worin bestehen die größten Herausforderungen? Drei Rechtsanwälten, die für mehrere Schiffsfonds die Insolvenzverwaltung übernommen haben, berichten von ihren Erfahrungen: Dr. Hans-Peter Rechel (Wülfing Zeuner Rechel, Hamburg), Burckhardt Reimer (Reimer & Thies, Hamburg) und Jörn Weitzmann (Kilger & Fülleborn, Hamburg).

Frage: Welchen Eindruck haben Sie bei den insolventen Schiffsfonds gewonnen? Sind die Fonds zu retten? Welche Chancen räumen Sie ihnen ein?

Burckhardt Reimer: Die Sanierung halte ich nur im Vorfeld für möglich. Sie erfordert großes Durchhaltevermögen von den Anlegern.

Jörn Weitzmann: In den von mir verwalteten Insolvenzen waren die Gesellschafter nicht bereit, neue Liquidität für die Sanierung bereitzustellen. Ich halte es für ausgeschlossen, den Unternehmensträger einer Einschiffsgesellschaft finanzwirtschaftlich zu restrukturieren, ohne dass die Gesellschafter einen Beitrag erbringen.

Frage: Welches sind die größten Herausforderungen, vor der Sie bei der Verwaltung gestellt werden?

Burckhardt Reimer: Die größte Herausforderung ist die Sicherung des Schiffs ohne jegliche Liquidität und ohne Aussicht darauf.

Dr. Hans-Peter Rechel: Aus meiner Sicht ist es die Abstimmung eines Insolvenzplans mit den Beteiligten. Kann die erforderliche Zustimmung der Beteiligten zu einer vernünftigen Planlösung nicht erreicht werden, dann bleibt nur die Zerschlagung des Fondsvermögens.

Jörn Weitzmann: Häufig wird mit der Beantragung eines Insolvenzverfahrens zu lange gewartet. Dies kann direkte Auswirkungen auf das Schiff haben. Reparaturen wurden verschleppt, der Instandhaltungszustand ist teilweise sensibel, die Ausrüstung kritisch. Es kann eine Havarie des Schiffs drohen. Bei der Crew, die teilweise erhebliche Heueraußenstände hat, können sich persönliche Spannungen entladen, die eine Nähe zur Meuterei haben.

Frage: Welche grundlegenden Managementfehler der vorherigen Geschäftsführung stellen sich in der Regel heraus?

Dr. Hans-Peter Rechel: Typische Managementfehler, die in der Insolvenz eines Schiffsfonds festgestellt werden können, sind Fehler bei der Fondsgestaltung, etwa unangemessen hohe weiche Kosten, überzogene Ertragsprognosen und unangemessene Finanzierungskonditionen. So haben Experten bereits lange vor dem Ausbruch der Krise am Finanz- und Schifffahrtsmarkt davor gewarnt, dass der jahrelange Anstieg der Charterraten langfristig wirtschaftlich nicht tragfähig sein wird.

Jörn Weitzmann: Häufig fehlt es an einem ordnungsgemäßen Controlling. Für Kapitalanlagegesellschaften gilt in besonderem Maße, dass das Anlageobjekt hinsichtlich Eignung, Preis und zukünftige Ertragsentwicklung genau zu überprüfen ist.

Frage: Was geschieht letztendlich mit den betroffenen Schiffen? Ist eine Zwangsversteigerung vorprogrammiert?

Burckhardt Reimer: Die Durchführung einer Versteigerung ist nicht zwangsläufig. Sie beruht häufig darauf, dass der Schiffspfandgläubiger schon zum Handeln gezwungen ist, weil das Unternehmen nicht mehr zahlt, einen Insolvenzantrag aber noch nicht stellt. Geschieht dies rechtzeitig, bemühen sich durchaus betreibende Bank und Insolvenzverwalter, noch einen freihändigen Verkauf zu Stande zu bringen.

Dr. Hans-Peter Rechel: Rechtlich sind die Banken nicht zur Verwertung des Schiffs berechtigt. Wenn der Volksmund sagt, das Schiff gehört sowieso der Bank, dann trifft dieses nur bei einer wirtschaftlichen Betrachtung zu. Im Insolvenzverfahren wird sich der Insolvenzverwalter um eine Verwertungsmöglichkeit für das Schiff bemühen. Da ein Käufer die lastenfreie Eigentumsübertragung erwartet, muss sich der Insolvenzverwalter hierzu mit dem Schiffshypothekengläubiger vorher über den Kaufpreis und den Anteil der Insolvenzmasse an dem Verkaufserlös abstimmen. Gelingt dies nicht, dann kann der Schiffshypothekengläubiger die Zwangsversteigerung betreiben.

Frage: Was bedeutet die Insolvenz einer Schiffsbeteiligung für die Anleger? Ist das Geld am Ende dann doch verloren?

Burckhardt Reimer: Im Regelfall ja, ein Überschuss für die Anleger ist mir noch nicht vorgekommen, aus der Konstellation heraus auch extrem unwahrscheinlich.

Jörn Weitzmann: Wenn die Insolvenz erst beantragt wird, nachdem das Schiff in schlechtem Erhaltungszustand und ohne Fahrt durch Schiffsgläubiger mit erheblichen Forderungen in die Kette gelegt wurde, ist es regelmäßig für einen Insolvenzplan und eine Restrukturierung zu spät. Wenn kurzfristig nicht ausreichende Liquidität bereitgestellt werden kann, bleibt häufig nur noch die Liquidation, die mit einem Totalverlust für den Anleger verbunden sein kann.

Das vollständige Interview bringt die Fondszeitung in ihrer Ausgabe 19-2009. Darin geht es auch um die Rolle der Banken beim Verkauf von Schiffen in Notlage, erste Böen bei Tankerfonds und deutliche Dellen in Bilanzen von Schiffsfondsinitiatoren.